Vettel erfüllt sich Kindheitstraum

Fernando Alonso (re.) geht, Sebastian Vettel kommt.
Der Wechsel des Deutschen zu Ferrari ist fix. In Abu Dhabi folgt der Abschied von Red Bull – ohne Wehmut.

Sebastian Vettel ist fix bei Ferrari. Am Mittwoch war das noch eine Falschmeldung, die via Twitter die Ehrenrunde machte. Nachdem sich die Nachricht in Sekundenschnelle verbreitet hatte, folgte das Dementi. Es hatte sich um einen gefälschten Account gehandelt.

24 Stunden später ist aus falsch richtig geworden. Ferrari bestätigte am Donnerstag offiziell, was eigentlich längst klar war: Fernando Alonso verlässt die Scuderia nach fünf Jahren und wird vom vierfachen Weltmeister Vettel ersetzt. Der 27-jährige Deutsche hat für drei Jahre unterschrieben und soll den italienischen Traditionsrennstall gemeinsam mit Kimi Räikkönen aus der Krise führen. Der Finne hatte 2007 für den letzten Ferrari-Titel gesorgt. "Für mich geht damit ein Kindheitstraum in Erfüllung", sagt der Red-Bull-Pilot, der am Sonntag in Abu Dhabi (Start 14 Uhr/live ORFeins, RTL, Sky) sein letztes Rennen für den österreichischen Rennstall bestreiten wird.

Endlich darf er über seine Zukunft auf den Spuren seines Kindheitsidols Michael Schumacher sprechen. Bis Donnerstag hatten sich die Verhandlungen rund um den Abschied von Alonso hinausgezögert, der noch einen gültigen Vertrag mit Ferrari hatte. Nun muss Vettel seine Vorfreude nicht mehr für sich behalten. "Ich werde Teil einer Legende", sagt er, "sein ganzes Herzblut" werde er dafür geben und "eine unglaublich große Ehre", sei es, eines der legendären, roten Autos fahren zu dürfen. Auch Ferrari-Teamchef Marco Mattiacci ist voll des Lobes und beschreibt den Deutschen als "einzigartige Mischung aus Jugend und Erfahrung."

Traum-Ehe

Die Karriere des Sebastian Vettel verlief wie im Traum. 2008 gewann er mit 21 Jahren als bisher jüngster Fahrer einen Grand Prix, 2010 holte er mit 23 Jahren als jüngster Pilot die WM. Drei weitere WM-Titel folgten, 38 Rennen gewann er für das österreichisch-englische Team. Die Liaison mit Red Bull war eine Traum-Ehe.

Doch 2014 der Rückschlag. Den WM-Pokal musste er vor ein paar Wochen bereits an die FIA zurückschicken – der geht heuer an einen der beiden Mercedes-Piloten Lewis Hamilton oder Nico Rosberg (siehe rechts). Vettel kam mit dem neuen Reglement und dem missglückten Auto nicht zurecht. Der neue Teamkollege Daniel Ricciardo fuhr ihm um die Ohren und mitten ins Zentrum des öffentlichen Interesses – drei Rennen gewann der Australier, keines Vettel. Die Langzeitbeziehung ging in die Brüche. Der langjährige, unangefochtene Superstar kritisierte sein Team auch in den Medien.

Zu bezweifeln ist allerdings, ob er bei der Scuderia mehr Punkte sammeln wird können als heuer bei Red Bull. Derzeit hält Vettel bei 159 Punkten, sein Teamkollege Ricciardo bei 214. Ferrari-Ausnahmekönner Alonso liegt derzeit zwei Zähler hinter Vettel auf Rang fünf. Teamkollege Kimi Räikkönen ist mit 53 Punkten gar nur Elfter.

Am Sonntag fährt Vettel sein 113. und letztes Rennen für Red Bull. In Abu Dhabi, wo er 2010 seinen ersten Titel holte. "Das letzte Rennen wird sicher komisch werden und sehr emotional", sagt Vettel im Interview mit Auto Bild Motorsport. "Je mehr wir uns dem letzten Rennen der Saison nähern, desto mehr denkt man natürlich auch darüber nach, dass eine wirklich gute Zeit zu Ende geht."

Dennoch: Der Abschied fällt nicht schwer. Vettel liebt das pure Rennfahren. Kreischende Motoren, durchdrehende Reifen, kaum elektronische Unterstützung. Die Formel 1 2014 mit den kleineren Hybrid-Antrieben und der komplizierten Elektronik ist das genaue Gegenteil. "Wenn man ein Auto nicht neu starten, sondern wie einen Computer neu hochfahren muss, dann fragst du dich schon: Was hat das noch mit Rennfahren zu tun?"

Vertrauens-Bruch

Schon bei den Tests vor der Saison hatte sich abgezeichnet, dass Vettel Probleme bekommen könnte. Technische Probleme verfolgten ihn die ganze Saison lang. Viel wurde probiert, viel hat nicht funktioniert. "Es kam zu einem Punkt, dass ich mir aufgeschrieben habe, was da alles kaputtgegangen ist. Auch um meine eigene Leistung zu beurteilen", sagt Vettel. "Wenn ich abfliege, und der Unfall beeinflusst das Ergebnis oder den Rest eines Wochenendes, dann ist das mein Bock. Damit kann ich unmöglich zufrieden sein."

Vettel bezeichnete das Auto als "Wundertüte", es fehlte ihm das Vertrauen in sein neues Arbeitsgerät. "Walter Röhrl hatte mal gesagt: Du musst das Auto mit dem Hintern spüren. Bezogen auf meines, war es lange so: Bis ich es spüre, hänge ich schon im Baum."

Teams: Ferrari (ab 2015), Red Bull (von 2009 bis Ende 2014), Toro Rosso (2007 bis Ende 2008), BMW-Sauber (2007)
geboren am: 3. Juli 1987 in Heppenheim
Erster Grand Prix: 17. Juni 2007 GP USA (BMW-Sauber)
Erster GP-Sieg: 14. September 2008 GP Italien (Toro Rosso)
Siege: 39
Podestplätze: 66
Pole Positions: 45
GP-Teilnahmen: 138
Weltmeister 2010, 2011, 2012, 2013

Teams: Ferrari (2010 bis Ende 2014), Renault (2008 bis Ende 2009), McLaren (2007), Renault (2003 bis Ende 2006), Minardi (2001)
geboren am: 29. Juli 1981 in Oviedo
Erster Grand Prix: 4. März 2001 GP Australien (Minardi)
Erster GP-Sieg: 24. August 2003 GP Ungarn (Renault)
Letzter GP-Sieg: 12. Mai 2013 GP Spanien (Ferrari)
Siege: 32
GP-Teilnahmen: 233
Erster WM-Titel: 2005
WM-Titel: 2005, 2006

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