High Noon in der Dunkelheit von Singapur

Hamilton hat vor dem Singapur-GP 22 Zähler Rückstand auf Rosberg.
Beim Flutlichtspektakel in Singapur gewinnt das Rennen um den WM-Titel an Tempo und Schärfe.

Als Nico Rosberg seinem Teamkollegen Lewis Hamilton beim offiziellen Fototermin mit einem kurzen, wenig herzlichen Handschlag zur Poleposition für den heutigen Großen Preis von Singapur gratulierte, war bereits alles gesagt: "Verdammt!"

Ausgesendet in alle Welt über den Teamfunk, nachdem der WM-Führende aus Deutschland unmittelbar nach dem Zielstrich über das Qualifying-Ergebnis informiert worden war: Platz zwei. Rückstand auf Lewis Hamilton: sieben Tausendstelsekunden. "Das ist eigentlich nichts", sagte Rosberg.

Er hat recht. Es ist ein Wimpernschlag, ein Hauch, nicht mehr, aber es ist vielleicht auch eine Vorentscheidung für den heutigen Grand Prix.

Noch 1846 Kilometer

Das Duell um den WM-Titel zwischen den beiden Mercedes-Piloten gewinnt an Tempo. Sechs Rennen sind noch zu fahren, 1846 Kilometer müssen noch zurückgelegt werden bis zum großen Ziel, dem Rosberg derzeit näher ist. 22 Punkte Vorsprung hat der 29-Jährige mit nach Singapur genommen.

Rosberg zeigte sich über weite Strecken der bisherigen Saison als der stabilere, der ausgeglichenere, zum Teil auch als der glücklichere Fahrer. "Nico muss nur warten, bis Lewis Probleme bekommt", sagt daher auch Niki Lauda. Dem Vorsitzenden des Mercedes-Rennstalls ist ziemlich egal, wer Weltmeister wird, solange der neue Champion aus einem Silberpfeil kraxelt.

Die aktuelle Krönungsfahrt hat das deutsche Werksteam über viele Jahre und bis ins kleinste Detail geplant: das beste Auto, die besten Ingenieure, die besten Strategien, sogar vom besten, von Team-Sponsor Petronas entwickeltem Schmiermittel für den Motor ist in der Boxengasse der Formel 1 die Rede. "Ich bin acht Jahre in der Formel 1 und genieße es immer noch, dass ich zum ersten Mal in meiner Karriere ein Auto habe, mit dem ich überall gewinnen kann", sagt Rosberg.

Was steuerbar ist, scheint Mercedes unter Kontrolle zu haben. Nur eben eines entzieht sich zusehends der Kontrolle der Mercedes-Bosse: ihre Fahrer.

Schon legendär

In Ermangelung an Gegnern gewann das Duell Rosberg gegen Hamilton nicht nur an Tempo, sondern auch an Schärfe. Ihre Rivalität ist bereits jetzt schon legendär. Ende August im belgischen Spa geriet das Mercedes-Duo auf der Strecke ineinander. Die Berührung war gering, die Auswirkung groß.

Seither wähnen die Experten Verfolger Hamilton im Vorteil. Der Weltmeister von 2008 gefällt sich in der Rolle des Jägers, vor zwei Wochen hetzte er Rosberg so lange durch den königlichen Park von Monza, bis der Deutsche einen Fehler beging.

Derzeit läuft vieles darauf hinaus, dass das große Rennen erst im letzten Grand Prix in Abu Dhabi entschieden wird. Erstmals werden beim Finale doppelte WM-Punkte vergeben.

Auf dieses Novum stützt auch noch Daniel Ricciardo all seine WM-Hoffnungen. Dem australischen WM-Dritten fehlen derzeit 72 Punkte auf Rosberg. "Mercedes ist uns immer noch einen Schritt voraus", sagt der Red-Bull-Pilot. Und zum Mercedes-Duell? "Für mich ist Lewis der schwerere Brocken."

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