Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

Heimsieger: Nico Rosberg.
Der Brite wird Dritter. Nico Rosberg feiert beim Grand Prix von Deutschland einen ungefährdeten Heimsieg.

Sie gehen sich ja derzeit am liebsten aus dem Weg, die WM-Anwärter Nico Rosberg und Lewis Hamilton.

Nur gut, dass Mercedes beim Grand Prix auf dem Hockenheimring Heimspiel hat und das auch mit zahlreichen Veranstaltungen zu vermarkten weiß: So besichtigte zu Beginn der Formel-1-Woche in Deutschland der eine Fahrer das Mercedes-Werk, der andere das Museum des Konzerns.

Nur blöd, dass es im WM-Jahr 2014 immer einen Ort gibt, an dem das Duo dann doch Seite an Seite zu stehen hat: auf dem Siegespodest. Der eine feiert, der andere grübelt. In Hockenheim war wieder Nico Rosberg der Gang auf das oberste Treppchen vorbehalten.

Mit seinem ersten Sieg auf heimischen Boden liegt der 29-Jährige in der WM-Wertung nun wieder 14 Punkte vor Hamilton, der nur Dritter wurde. Was heißt hier nur? Der Engländer machte im Rennen 17 (!) Plätze gut. Nach einem harten Crash in der Qualifikation und darauffolgendem Getriebewechsel musste Hamilton vom 20. und letzten Startplatz eine Aufholjagd starten. Sie gelang. Lässt man den unerreichbaren Teamkollegen im gleich schnellen Silberpfeil außen vor, musste sich Hamilton nur Valtteri Bottas geschlagen geben. Der finnische Williams-Pilot entwickelt sich mit seinem dritten Podestplatz in Folge zum härtesten Gegner der Mercedes-Männer. Bottas war in der Saison 2014 der Erste, dem es gelang, einen funktionstüchtigen Mercedes das Heck zu zeigen.

Der Crash

Ebenfalls für Schlagzeilen sorgte gestern Bottas’ Williams-Kollege Felipe Massa: Der Brasilianer sorgte für das Bild des Tages, als er in Kurve eins mit dem McLaren von Kevin Magnussen zusammenkrachte, sich überschlug und kopfüber über den Asphalt schlitterte. Der Überrollbügel erfüllte seine Aufgabe und Massa kraxelte unerfreut, aber unverletzt aus dem Wrack.

Angesichts der überschlagenden Ereignisse zog Mercedes positiv Bilanz – Hamilton: „Ich habe getan, was möglich war.“ Sportchef Toto Wolff: „Es fühlt sich an, wie ein Doppelsieg.“ Rosberg: „Dass es Lewis noch aufs Podium geschafft hat, ist gut fürs Team.“ Für das Team, nicht zwingend für ihn. Auch er ahnt, dass entscheidende Wochen im Duell um den WM-Titel angebrochen sind. Auf der Strecke leisteten sich die beiden Rivalen in den bisherigen zehn Saisonrennen kaum Fehler. Sie tun, was gefordert. Bei Hamilton war das die Attacke aus dem Hinterhalt, bei Rosberg die Kontrolle von der Spitze weg.

Die Spannung

„Es sah vielleicht spielerisch aus, aber es ist noch immer ein Formel-1-Rennen“, sagte Rosberg. Die TV-Kameras zeigten den Sieger selten. Zu packend waren die Kämpfe dahinter: Alonso (5.) gegen Vettel (4.) und Ricciardo (6.), Hamilton gegen alle. Beste Werbung für den Sport und den Hockenheimring, der es aktuell bitter nötig hat. Daher sagte auch Sieger Rosberg: „Wenn es nach mir geht, könnte morgen wieder ein Rennen sein.“

Ein bisschen mehr Geduld ist nötig: Sonntag, Budapest. Auf dem Weg dorthin lädt die Wiener Mercedes-Spitze Wolff und Lauda das Team in Wien zum Essen ein. Rosberg wird dabei sein, Hamilton auch. Na, Mahlzeit!

Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

GERMANY FORMULA ONE GRAND PRIX
Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

Williams Formula One driver Massa of Brazil crashe
Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

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Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

Williams Formula One driver Massa of Brazil crashe
Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

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Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

The safety car drives in front of Mercedes Formula
Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

Mercedes Formula One driver Hamilton drives throug
Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

Mercedes Formula One driver Rosberg races during G
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Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

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Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

Mercedes Formula One driver Rosberg drives through
Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

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Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim

Mercedes Formula One driver Rosberg sprays champag

Sieht so eine Weltmeister-Nation aus? Dieses fröhliche und begeisterungsfähige Volk, das so viele nach dem Triumph der deutschen Fußballer eilig heraufbeschworen haben? Eine Woche nach der Sternstunde von Rio de Janeiro wollten auch die Veranstalter des Formel-1-Rennens in Hockenheim die Hochstimmung nutzen.

Nun ja, Hoch-Zeiten sehen anders aus. 50.000 Besucher zählten die Betreiber der Traditionsrennstrecke in Baden-Württemberg am Rennwochenende. Vor zwei Jahren, bei der letzten Ausgabe, wurden noch 60.000 Eintrittskarten verkauft, zu den Glanzzeiten von Michael Schumacher am Beginn des Jahrtausends waren es mehr als 100.000. Selbst die Protagonisten wirken angesichts des Zuschauerschwunds ratlos: „Ein deutscher Hersteller steht an der Spitze, deutsche Fahrer sind in der Lage zu gewinnen und die Sonne scheint – vielleicht ist das alles schon zu viel?“, fragt Lokalmatador Sebastian Vettel.

Der Streckenabschnitt „Motodrom“, der Fußball-Stadionatmosphäre vermitteln soll, befand sich beim Training an Freitag auf Landesliga-Niveau. Ganz im Gegensatz zu den jüngsten Grands Prix in Spielberg und Silverstone. Vergessen darf nicht werden, dass Hockenheim weder über einen Mäzen verfügt noch über Zuwendungen vom Bundesland. Baden-Württemberg gewährt lediglich Darlehen. „Das sind schon andere Welten“, sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff und fügt an: „Am Nürburgring war es im vergangenen Jahr ähnlich. Ist es ein deutsches Phänomen?“ Seit einigen Jahren wechseln die beiden deutschen Strecken einander bei der Austragung ab. Das soll sich ändern: Bernie Ecclestone kündigte an, ab 2015 nur noch auf dem Nürburgring fahren zu wollen.

Bitter auch für Österreich: Das erste Formel-1-Rennen in Hockenheim 1970 gewann Jochen Rindt, auch die letzten beiden rot-weiß-roten Grand-Prix-Siege wurden dort eingefahren: 1994 und 1997 triumphierte jeweils Gerhard Berger.

Wahnsinns-Aufholjagd von Hamilton in Hockenheim
Einzigartig: Der enge Streckenabschnitt Motodrom in Hockenheim.

Endstand
1. Nico Rosberg (GER) Mercedes 01:33:42,914
2. Valtteri Bottas (FIN) Williams +20,789
3. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes +22,530
4. Sebastian Vettel (GER) Red Bull +44,014
5. Fernando Alonso (ESP) Ferrari +52,467
6. Daniel Ricciardo (AUS) Red Bull +52,549
7. Nico Hülkenberg (GER) Force India +01:04,178
8. Jenson Button (GBR) McLaren +01:24,711
9. Kevin Magnussen (DEN) McLaren +1 Runde
10. Sergio Perez (MEX) Force India +1 Runde
11. Kimi Räikkönen (FIN) Ferrari +1 Runde
12. Pastor Maldonado (VEN) Lotus +1 Runde
13. Jean-Eric Vergne (FRA) Toro Rosso +1 Runde
14. Esteban Gutierrez (MEX) Sauber +1 Runde
15. Jules Bianchi (FRA) Marussia +1 Runde
16. Kamui Kobayashi (JPN) Caterham +2 Runden
17. Max Chilton (GBR) Marussia +2 Runden
18. Marcus Ericsson (SWE) Caterham +2 Runden

Out: Felipe Massa (BRA), Romain Grosjean (FRA), Adrian Sutil (GER), Daniil Kwjat (RUS)

DEUTSCHLAND:

Bild: "JA, JA, JA! Heimsieg! Rosberg rast Richtung Titel. (...) Der eine hatte was zu lachen, über den anderen wurde gelacht. Die Silberpfeile sorgten für mächtig Stimmung!"

Stuttgarter Nachrichten: "'An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit', lautet eine Textzeile der Punkband Die Toten Hosen - sie könnte für Nico Rosberg geschrieben worden sein. Der Mercedes-Pilot surft auf einer Woge des Erfolgs, doch er ist alt genug, um zu ahnen, dass es nicht ewig so weitergehen wird."

Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Formel-1-Pilot Nico Rosberg gewinnt souverän den Großen Preis von Deutschland, während Teamkollege Hamilton seine Fans mit einer Aufholjagd von Platz 20 auf Rang drei bezaubert."

SPANIEN:

El Pais: "In der Formel 1 bleibt kein Raum für Überraschungen. Vier Jahre lang sahen wir bis zum Überdruss Sebastian Vettel und Mark Webber mit ihren Red Bull vorne. Nun wiederholt sich die Geschichte mit Rosberg und Hamilton in ihren Mercedes-Rennwagen."

El Mundo: "Rosberg ist allein zu Hause. Der Deutsche fährt mit Leichtigkeit seinen vierten Sieg ein. Die Formel 1 ist in dieser Saison ein silberfarbener Laufsteg, auf dem nur die Rennfahrer Nico Rosberg und Lewis Hamilton stolzieren. Mal ist der eine vorne, mal der andere."

El Periodico: "Es gibt für die Formel 1 nichts Besseres als einen Rennfahrer wie Hamilton, der als Letzter startet und dann mit seiner Aggressivität und seinem Können das Feld von hinten aufrollt."

Marca: "Hamilton fährt durch ein Minenfeld, holt 17 Plätze auf und bleibt im Rennen um die WM am Leben."

As: "Rosberg gewinnt, aber Hamilton begeistert das Publikum."

ITALIEN:

La Gazzetta dello Sport: "Ein weiteres WM-Fest. Rosberg, ein Tor wie Götze. Vom Maracana in Rio de Janeiro zur Rennstrecke von Hockenheim: Das sportliche Deutschland hat den Glücksrausch nach dem vierten WM-Titel im Fußball noch nicht hinter sich gelassen und feiert sieben Tage später schon die Sieg von Nico Rosberg und Mercedes beim Heim-GP."

Tuttosport: "Nico baut seine Führung aus, Lewis beeindruckt. Was für Tage für Nico Rosberg! Erst die Hochzeit, dann die Vertragsverlängerung mit Mercedes, dann die Pole in Hockenheim und schließlich der Sieg im zehnten Rennen. Da ist es nicht mehr wichtig, dass Hamilton ein außergewöhnliches Rennen gezeigt hat. Der Engländer genießt seine Leistung, der Deutsche die Führung in der WM."

Corriere della Sera: "Rosberg, eine Woche zum Einrahmen. Der Rivale Hamilton liefert ein Spektakel."

La Repubblica: "Deutschland über alles. Vom Fußball bis zur Formel 1, eine totale Dominanz."

GROSSBRITANNIEN:

The Times: "Der Goldjunge der Deutschen gewann den Preis und der Engländer blieb auf dem Nachteil sitzen. Manche Dinge ändern sich nie."

Guardian: "War dieses Glas halb voll oder halb leer? Ein eher schweigsamer Lewis Hamilton war sich scheinbar nicht ganz sicher. Einerseits war das eine stürmische Fahrt auf Platz drei von ganz hinten. (...) Andererseits waren es zehn weitere Punkte Rückstand auf seinen erbitterten Rivalen Nico Rosberg an einem Wochenende, an dem er rein gar nichts falsch machte."

Daily Mail: "Nur Interpol hätte Nico Rosberg schnappen können. Er verschwand fast den ganzen Nachmittag von unseren Bildschirmen, um dann als unvermeidbarer Sieger des deutschen Grand Prix wieder aufzutauchen."

FRANKREICH:

L'Equipe: "Was für ein Spektakel! Bei dem von Nico Rosberg dominierten Großen Preis von Deutschland hat Lewis Hamilton eine fantastische Aufholjagd hingelegt, und Daniel Ricciardo, Fernando Alonso, Sebastian Vettel und Jenson Button haben sich prächtige Duelle geliefert.(...) Hockenheim war Schauplatz eines wilden, unglaublichen Rennens."

Le Figaro: "Rosberg siegt, Hamilton sorgt für die Show."

Liberation: "Der vierte Saisonsieg war ein Sonntagspaziergang für den Mercedes-Piloten. (...) Rosberg wird nun für die Geduld und Beharrlichkeit in seiner Karriere belohnt."

Le Parisien: "Chefrolle für Rosberg"

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