Die Formel 1 auf Talfahrt

Auf Titelkurs: Nico Rosberg macht in Budapest Jagd auf den nächsten Sieg.
Die Königsklasse des Motorsports ist in Deutschland längst nicht mehr so gefragt wie früher.

Eigentlich müssten die Deutschen im Moment ja voll auf die Formel 1 abfahren. Ein deutscher Fahrer (Nico Rosberg) ist mit einem deutschen Boliden (Mercedes) auf der Siegerstraße unterwegs und liefert sich auf dem Weg zum WM-Titel dabei auch noch packende Rad-an-Rad-Kämpfe mit seinem Stallkollegen Lewis Hamilton. Dazu ein deutscher Ex-Weltmeister, der sich öfter auf dem Pannenstreifen wieder findet (Sebastian Vettel) – wenn das nicht genug Treibstoff ist, um den Massenbegeisterungsmotor in Gang zu bringen?

Tatsächlich stehen die Deutschen derzeit allerdings auf der Euphoriebremse. Die Zeiten, als der Name Formel 1 das Synonym für Erfolg und Publikumsmagnet war, sind längst vorüber. Früher wurde in Deutschland gerne das Skispringen, später dann auch der Biathlonsport "Formel 1 des Winters" genannt, heute wäre die Formel 1 froh darüber, wenn sie das Biathlon des Sommers wäre.

Ungeachtet der Local Heroes und Serienerfolge befinden sich die Einschaltquoten rasant auf Talfahrt. Hatte der siebenfache Weltmeister Michael Schumacher zu Beginn des Jahrtausends noch bei jedem Grand Prix zehn Millionen Deutsche in den Bann gezogen, so kann die Formel 1 nun nicht einmal mehr halb so viele Fans vor die TV-Geräte locken.

Die halbleeren Tribünen zuletzt beim Heim-Grand-Prix in Hockenheim passen gut in dieses düstere, deutsche Gesamtbild. Prompt erinnerten Chronisten an die goldenen Zeiten des Schumi-Wahnsinns, als die Hysterie einst sogar die Hockenheimer Kläranlage in die Bredouille gebracht hatte.

Reiz-Figur

Aber warum hat die Formel 1 in Deutschland einige Gänge zurückgeschaltet? Wieso ziehen Motorenlärm, Überholmanöver und Boxenluder nicht mehr wie früher? Liegt es am Produkt, an den Protagonisten, gar an beidem?

Dass Nico Rosberg nun nicht zum großen Entertainer und Charismatiker taugt, scheint offensichtlich. Zu aalglatt kommt der Deutsche oft rüber, zu wenig ist er greifbar und wirkt austauschbar wie ein Hinterreifen. "Ein Rosberg ist kein Vettel. Und schon der war kein Pilot des Volkes, wie es Schumacher war", schrieb zuletzt die Süddeutsche Zeitung.

Überhaupt scheint auch Michael Schumacher verantwortlich zu sein für den Abwärtstrend der Formel 1 in Deutschland. "Ich denke, dass alle Zuschauer betroffen sind über das, was ihm passiert ist. Und ich denke, das hat dem Rennfahren vielleicht etwas den Reiz genommen", schrieb Nico Rosberg in seiner Kolumne für die britische Daily Mail. "Mein Eindruck ist, dass die Renn-Begeisterung wegen dem, was Michael Schumacher passiert ist, gesunken ist."

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