Der brave Junge gerät in die Kritik

Nachfahrer: Nico Rosberg traute sich in China nicht, seinen Teamkollegen Lewis Hamilton zu attackieren
Nico Rosberg kritisierte seinen Teamkollegen. Das hat nicht nur Lewis Hamilton missfallen.

Wer öffentlich Kritik äußert, sollte sich gut überlegen, was er sagt. Nico Rosberg also überlegte und kritisierte nach dem Grand Prix in China sein Team im Allgemeinen und seinen Kollegen im Speziellen. Sieger Lewis Hamilton hätte ihn eingebremst. Somit wäre er unter Druck von Sebastian Vettel (Ferrari) geraten. Rosberg blieb zwar Zweiter, war nach dem Rennen aber grantig und ließ seinem Frust freien Lauf.

Doch die Kritik ging nach hinten los.

Hamilton konnte über Rosbergs Vorwürfe nur schmunzeln und konterte, dass er ihm ja nicht verboten hätte, ihn zu überholen.

"Lächerlich"

Hamilton erhielt Rückendeckung. "Wenn jemand langsam fährt, kann man ihn überholen, aber Rosberg hat es nicht einmal versucht", sagte etwa der Schweizer Marc Surer, früher selbst Formel-1-Fahrer, gegenüber Sky.de. "Das ist einfach lächerlich. Mit seiner Aussage hat Rosberg sich selbst und der Formel 1 keinen Gefallen getan. Ich glaube, er ist frustriert und verärgert." Für Rosberg hat er einen Tipp: "Er soll es machen, wie Hamilton im Vorjahr: Nach dem ersten Boxenstopp angreifen."

"Ausreden"

Rosberg argumentierte, dass er sich bei einem Überholversuch die Reifen zerstört hätte. Doch derartige Argumente werden in der Öffentlichkeit als Ausreden aufgefasst. Auch Rosbergs Landsmann Jochen Mass, Sieger des GP in Barcelona 1975, übte Kritik. Rosberg sei ein guter Fahrer, doch die Aussagen "stehen ihm nicht gut zu Gesicht. Wenn er sich über Lewis Hamilton beschwert, wirkt er wie ein beleidigter Junge, dem man die Süßigkeiten weggenommen hat", sagte der 68-Jährige im Express. Hamilton für ein taktisch intelligentes Rennen anzugreifen hält er für "unverschämt". Und selbst wenn Hamilton Rosberg tatsächlich eingebremst haben sollte, "halte ich die Klappe und versuche, fahrerisch die Antwort zu geben."

Nico Rosberg ist smart und intelligent. Er versucht zu kalmieren. "Wenn ich nichts sage, werde ich kritisiert, weil ich nichts sage", sinnierte er vor dem Grand Prix in Bahrain (Sonntag, 17.00 MESZ/live ORFeins, RTL, Sky). Zudem habe er niemals Hamilton kritisiert, sondern "nur Fakten genannt". Doch der 29-Jährige weiß genau, dass die Chance Weltmeister zu werden, nie wieder so groß sein wird. Nie wieder wird er in einem so überlegenen Auto sitzen. Doch langsam sieht er seine Chancen schwinden.

(Ab-)Stimmungssache

Wie man Lewis Hamilton beikommen kann, weiß Jenson Button, der seinem Landsmann als Teamkollege bei McLaren drei Jahre lang (2010 bis 2012) die Stirn geboten hat. "Auf einer einzelnen schnellen Runde sehe ich keinen, der ihn schlagen kann", sagte der 35-jährige Button. "Um an Lewis vorbeizukommen, muss man ihn mit dem Auto schlagen, nicht mit Worten. Nico muss es schaffen, sein Auto besser abzustimmen als Hamilton."

Kommentare