"Die Silberpfeile werden wieder Silberfeinde"

Nico Rosberg, Lewis Hamilton und Sebastian Vettel
Die Pressestimmen zum Formel-1-Grand-Prix in China.
Deutschland

Bild: "Der China-Krach. Hamilton bremste absichtlich Rosberg aus. Die Silberpfeile werden wieder Silberfeinde."

Frankfurter Rundschau: "Siegen und zoffen - Dicke Luft in Schanghai. Sichtlich angefressen beschwerte sich Nico Rosberg bei seinem Mercedes-Stallrivalen, fast schon amüsiert nahm Lewis Hamilton die Klage des Silberpfeil-Kontrahenten zur Kenntnis."

Hamburger Abendblatt: "Stress bei Mercedes: Rosberg erbost über Hamiltons Fahrweise."

Süddeutsche Zeitung: "Langsam unerreichbar. Nach dem souveränen Sieg von Lewis Hamilton beim Großen Preis von China erhebt Nico Rosberg Vorwürfe: Sein Mercedes-Kollege habe absichtlich getrödelt, um ihn schlecht aussehen zu lassen."

Stuttgarter Zeitung: "Der Mercedes-Zoff geht in die nächste Runde."

Die Welt: "Erst Triumph, dann Streit. Beide Mercedes in China vorn, dennoch geht der zweitplatzierte Rosberg auf Sieger Hamilton los."

Schweiz

Neue Zürcher Zeitung: "Eine sehr persönliche Langsamkeit. Nach dem Mercedes-Erfolg eskaliert der Streit zwischen Hamilton und Rosberg (...). Drittes Formel-1-Rennen der Saison, zweiter Sieg für Lewis Hamilton. Doch der Teamkollege Nico Rosberg wirft dem Briten öffentlich absichtliche Behinderung vor. Neuer Ärger droht."

Großbritannien

Sun: "In den Geschichtsbüchern wird das Rennen als ein enges eingetragen, aber es war alles andere als das. Die Wahrheit ist: Wenn diese teaminterne Schlacht ein Boxkampf gewesen wäre, wäre er frühzeitig abgebrochen worden, weil Hamilton mit seinem Gegner spielen konnte."

Telegraph: "Lewis Hamilton ist der Meister von Shanghai. Er holt seinen vierten Sieg beim Grand Prix in China und kontrolliert das ganze Rennen."

Daily Mail: "Lewis Hamiltons Streit mit Nico Rosberg ist wieder einmal entfacht bei der explosiven Pressekonferenz zum Grand Prix von China."

Daily Mirror: "Langsam und wütend. Lewis Hamiltons Kampf mit Nico Rosberg explodiert in einem öffentlichen Krach in China. Es hat Rosberg offensichtlich getroffen, dass Hamilton Erster in allen drei Trainings und im Qualifying war, dass Rennen gewann und die schnellste Rennrunde fuhr."

The Times: "Sollte Lewis Hamilton noch nicht bewiesen haben, dass er der beste Fahrer in der Formel ist, so hat sicherlich vor Längerem schon gezeigt, dass er der beste Fahrer des besten Autos ist. Gestern hat Hamilton Nico Rosberg auf dem Weg zum einfachsten Sieg bei einem China-Rennen gebügelt."

Spanien

La Vanguardia: "Hamilton spricht ein Machtwort. Der Brite herrscht in Shanghai nach Belieben, stellt die Hierarchie gegenüber Ferrari wieder her und bringt seinen Stallgefährten aus der Fassung."

Mundo Deportivo: "Hamilton amüsiert sich. Der Brite machte lange Zeit ein Versteckspiel, gab erst im letzten Stint Gas und zog Richtung Sieg auf und davon."

El Pais: "Hamilton gewinnt vor Rosberg und Vettel und macht seinen Mercedes-Kameraden wütend, der ihn des Egoismus beschuldigt."

As: "Das Rennen in Shanghai hat die Stärke der Mercedes unterstrichen. Dank Hamilton und Rosberg gab es wieder einen Doppelsieg. Vettel zeigt aber auch, dass Ferrari große Fortschritte gemacht hat."

Italien

Gazzetta dello Sport: "Offensichtlich erträgt Nico die Tatsache nicht mehr, dass er hinter seinem Teamkameraden ankommt und zettelt ein Gerangel an. Gestern gab es in Wirklichkeit wenig, weshalb er auf Lewis hätte sauer sein können."

Corriere dello Sport: "Der verbale Funkenflug hat mehrere interessante Dinge gezeigt: Rosberg ist auf den zweiten Platz verwiesen. (...) Lewis ist ganz klar der Anführer bei Mercedes, während Nico jede technische und mentale Fähigkeit verloren hat, sich nach an die Spitze zu setzen."

Nach dem Mercedes-Hauskrach von Shanghai droht Weltmeister Lewis Hamilton und seinem Stallrivalen Nico Rosberg wieder einmal eine Sitzung beim Formel-1-Paartherapeuten. Rosberg entfachte mit seinem Egoismus-Vorwurf gegen Hamilton das Psycho-Duell neu und bescherte den Silberpfeilen schon nach drei Rennen eine Debatte über ihre giftige Rivalität.

Trotz rascher Beschwichtigungsversuche herrscht höchste Vorsicht. "Wir müssen aufpassen, dass es vor allem nicht dazuführt, dass eine Situation eskaliert", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Der Wiener ist um Besonnenheit in der sich abzeichnenden nächsten Eiszeit zwischen seinen beiden Piloten bemüht. "Die schenken sich beide nichts. Die Rivalität ist okay, solange sie nicht zu weit geht."

Trotz des zweiten Doppelerfolgs dieser Saison sind sie bei Mercedes um Schadensbegrenzung bemüht. Ex-Serien-Weltmeister Sebastian Vettel dürfte das durchaus mit Genugtuung verfolgen. Schließlich übt der Ferrari-Neuling auf das auf Dauersiege programmierte Weltmeisterteam unangenehmen Druck aus und will für weitere Unruhe sorgen.

"Wir haben bis jetzt alle Erwartungen übertroffen. Trotzdem ist die Motivation da, um die Jungs in Zukunft richtig unter Druck zu setzen", betonte Vettel, nachdem sich kurioserweise erstmals in der Formel-1-Geschichte dieselben drei Fahrer in den ersten drei Rennen die Plätze auf dem Podium geteilt hatten.

Entspannter Hamilton

Shanghai-Sieger und WM-Spitzenreiter Hamilton dürften Rosbergs Äußerungen auf der Pressekonferenz am Sonntag ebenfalls durchaus passen. Denn der auf dem Asphalt so eiskalte Brite konnte live miterleben, wie sehr er seinen Stallrivalen mit seiner Renntaktik reizen kann. "Ich weiß gar nicht so recht, was sein Problem eigentlich ist", meinte Hamilton relaxt. "Wir sind angereist, um die ersten beiden Plätze zu belegen und haben das auch geschafft. Da sollte eigentlich nicht zu viel Stress sein."

Doch da war einiger Stress. Rosberg zufolge brachte ihn Hamilton durch eine angebliche Tempoverschleppung in Bedrängnis. Hinter den Silberpfeilen lauerte schließlich Vettel. Nach der Teamsitzung wurde die Fehde für beendet erklärt. "Da war keine Feindseligkeit", sagte Wolff zur Nachbereitung. "Da war viel konstruktive Kritik", versicherte Rosberg. "Es ist alles geklärt."

Rosberg vertraut darauf, dass sich so etwas nicht wiederholt. "Ich bin zuversichtlich, weil das Team das sehr gut gemanagt hat", beteuerte der Deutsche. Konnte Hamilton seinen Ärger nachvollziehen? "Nach den Diskussionen jetzt: ja", meinte Rosberg.

"Racer-Emotion"

Eine große Neuauflage des Team-Krachs soll es bei Mercedes schließlich nicht wieder geben. "Wir versuchen kontroverse Situationen zu vermeiden. Das ist aber nicht immer leicht", räumte Wolff ein. "Dass Nico mit der Situation nicht happy ist, ist nachvollziehbar. Dass Lewis es so gespielt hat, ist auch verständlich." Denn Wolffs Maxime lautet: "Wir wollen ihnen nicht den letzten Zahn an Racer-Emotion ziehen."

Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda bewertete den Streit ebenfalls nüchtern, denn jeder Pilot fahre egoistisch. "Ich nenne sie egozentrische Bastarde", meinte Österreichs F1-Legende zu englischen Medien ganz allgemein über die Spezies Rennfahrer. "Das ist der einzige Weg, um zu gewinnen und die Weltmeisterschaft zu holen."

Hamilton und Rosberg würden sich mit den gleichen Mitteln bekämpfen. "Wenn du Rennen fährst, musst du kämpfen und wenn du sauer bist, gibst du Statements ab", erklärte Lauda. "Aber am Ende werden sie sich alle beruhigen, nach Bahrain gehen und mit demselben Kampf von neuem anfangen."

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