Taboga bricht sein Schweigen

Taboga: "Wenn man einmal Ja gesagt hat, dann gilt dieses Ja für den Rest der Karriere."
Der Ex-Grödig-Kapitän sprach in einem Interview im TV-Sender ServusTV erstmals über den Wettskandal.

Mit einer Anzeige wegen Erpressung im November 2013 brachte Dominique Taboga den Wettskandal in der Bundesliga ins Rollen.

Am Donnerstag brach der mittlerweile von der Bundesliga in erster Instanz lebenslang gesperrte Ex-Grödig-Kapitän im Red-Bull-Sender ServusTV sein Schweigen. Der KURIER bringt die wichtigsten Aussagen aus dem 20-minütigen Interview.

Taboga über ...

... seinen psychischen Zustand nach dem Geständnis: Die ersten Tage sind natürlich sehr hart. Bis man kapiert in welcher Situation man ist. Man schläft sehr wenig, das Essen schmeckt nicht, es ist eine sehr harte Zeit und man weiß, dass die Familie zu Hause ist und auch unter dieser Situation leidet. Man macht sich sehr viele Gedanken.

... seine Verhaftung: Ich bin von einem Spaziergang mit meinem Hund nach Hause gekommen. Meine Frau war unterwegs, die Kinder haben geschlafen. Auf einmal ist der Schwiegervater gekommen und hat gesagt, zwei Herren von der Kriminalpolizei kommen. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Ich dachte, es wäre nur ein weiteres Verhör. Jedoch wurde mir mitgeteilt, dass ein Haftbefehl ausgestellt wurde. Ich wusste nicht wie ich mit dieser Situation umgehen soll.

... die Gründe, warum er eine Anzeige bei der Polizei gemacht hat: Es war eigentlich eine Kurzschlussaktion. Begonnen hat es mit einem Gespräch beim SV Grödig. Beteiligt waren Herr Haas und Herr Hütter. Der Vereinspräsident von Grödig hat für die guten Leistungen der Mannschaft 5000 Euro ausbezahlt, was aufgeteilt werden sollte. Ich habe dieses Geld der Mannschaftskasse entwendet, um die Erpresser ruhig zu stellen. Diese 5000 Euro konnte ich nicht mehr ausbezahlen. Nach einem Gespräch mit Herrn Hütter und meiner Frau habe ich entschieden bei der Polizei Anzeige zu erstatten.

... seine ersten beiden Aussagen bei der Polizei: Ich habe sehr große Angst gehabt, nicht nur um mich, sondern auch um meine Familie. Es wurde immer wieder gesagt, wenn ich bestimmte Sachen nicht mache, wird meiner Familie etwas zustoßen, und das war der ausschlaggebende Punkt, dass ich bei den beiden Aussagen die Situation schlimmer erklärt habe, als sie wirklich war. Ich würde sagen, dass meine Aussage zu 80 Prozent richtig war. Ich habe nur ergänzt, dass eine Waffe im Spiel war, damit diese Herren in Haft kommen. Natürlich aufgrund meiner Angst, dass, wenn sie nach dieser Tat nicht in Haft kommen, wirklich etwas passiert.

... Droh-SMS und -Anrufe: An Spitzentagen waren es sehr viele. Ich denke, bei der Polizei wurden an einem Tag 37 SMS gezählt und 15 Anrufe.

... die Drohungen gegen seine Familie: Im November 2012 hat es angefangen. Ich sollte Rückzahlungen tätigen. Am Anfang habe ich mich gewehrt, da ich anderer Meinung war. Mir wurde damit gedroht, wenn ich mich dagegen wehren sollte, wird etwas passieren. Sie haben zu mir gesagt „wir wissen wo du wohnst, wir wissen, dass deine Frau mit den Zwillingen oft spazieren geht“. Sie haben mir ein Foto vom Haus der Schwiegereltern auf mein Handy geschickt, sie haben auch alle Daten von meinen Eltern gewusst. Wenn die Familie im Spiel ist, ist es natürlich sehr schlimm. Wenn es alleine um meine Person gegangen wäre, wäre es vielleicht besser auszuhalten gewesen.

... den zunehmenden Druck im Jahr 2012: Da haben die Erpressungen angefangen. Ich musste einen größeren Betrag zurückzahlen, weil sie mir auch gedroht haben, sie kommen bei mir zu Hause vorbei und werden allen reinen Wein einschenken und die ganze Geschichte an die Öffentlichkeit bringen. Als ich mich gegen diese Zahlungen gesträubt habe, hat der Herr Kuljic dann diesen Tschetschenen ins Spiel gebracht, welcher mich dann sehr massiv bedroht und körperlich angegriffen hat sowie die Drohungen gegen meine Familie noch intensiviert hat.

... den Zusammenhang zwischen seinem Einstieg in die Manipulationen und Sanel Kuljic: Der war indirekt. Ich habe erst Jahre danach erfahren, dass Sanel Kuljic immer mit dieser Sache im Zusammenhang stand. Angefangen hat es mit dem Herrn Lamprecht. Er hat mit mir in Leoben gespielt und war auch ein sehr guter Freund von mir. Nicht nur am Fußballplatz, sondern auch in unserer Freizeit haben wir sehr viel Zeit miteinander verbracht. Eines Tages ist er mit diesem Thema auf mich zugekommen. Wir haben ein offenes Gespräch, über die Wege und den Ablauf geführt. Als junger Spieler, das muss ich ganz ehrlich sagen, denkt man natürlich auch ans Geld, man hat einen schlechten Vertrag und wenn man da einen größeren Geldbetrag sieht für 90 Minuten, dann ist die Verlockung sehr groß. Ich habe ihr leider nicht widerstanden. Das war der größte Fehler.

... die Erinnerungen an den Wortlaut als er geködert wurde: Ich kann mich nicht an den genauen Wortlaut erinnern, aber wir waren damals in einer schlechten Verfassung mit Leoben. Wir waren nur im hinteren Mittelfeld, und es ging um das Spiel gegen Ried. In diesem Jahr ist Ried dann aufgestiegen, und wir sollten dieses Spiel auf jeden Fall verlieren. Falls es eng werden sollte, sollten wir für den Sieg der Rieder sorgen und würden Geld dafür bekommen. Zum damaligen Zeitpunkt, mit 23 Jahren war es eine schöne Sache statt 600 Euro Siegesprämie 7.000 Euro zu bekommen. Im Nachhinein gesehen war das natürlich ein großer Fehler.

... Spiele, die er manipuliert hat: Den einzigen Elfmeter, den ich verschuldet habe, war in Grödig gegen Salzburg. Der ist nicht gepfiffen wirden. Weil Fußball ein Mannschaftssport ist, habe ich sehr schnell festgestellt, dass eine Manipulation alleine nicht durchzuführen ist.

... sein Wissen über mögliche Strafen: Die Straftat selbst war mir sehr wohl bewusst, jedoch über das Strafmaß habe ich mir keine Gedanken gemacht. Das Hauptthema war, dass die Spielerkarriere dann beendet ist, aber über eine Gefängnisstrafe haben wir nie gesprochen.

... seine Motivation, Spiele zu manipulieren: Man verdient als Profifußballer gut, jedoch in den Vereinen, in denen ich gespielt habe, nicht sehr gut. Ein Nebeneffekt, auf den ich verzichten hätte können, war das zusätzliche Geld um finanziell besser dazustehen.

... die Zahlungsmoral seiner Arbeitgeber: Zu dieser Zeit war Leoben schon in finanziellen Schwierigkeiten, dadurch ist das Gehalt verspätet gekommen. Wenn man mit 1200 Euro das Leben finanzieren muss, entsteht ein Engpass. Wir jungen Spieler haben uns durchgesetzt, dann ist das Geld wieder pünktlich ausgezahlt worden.

... Schwarzgeldzahlungen: In Leoben, Kapfenberg und Grödig hat es keine Schwarzgeldverträge gegeben, aber es hat Schwarzgeldzahlungen gegeben. Das einzige Mal, dass es diese nicht gegeben hat, war während meiner Zeit in Norwegen.

... die Ausmaße des Wettskandals: Bei Gesprächen mit Herrn Lamprecht und Herrn Kuljic hat man schon herausgehört, dass das ein sehr großes, weit verbreitetes Netz ist.

... die internationale Verzweigung des Wettskandals: Durch die Ermittlungen in Deutschland, für die es durchaus Beweise gibt, denke ich, dass das eine große Organisation ist, die nicht nur von Albanien ausgeht.

... seinen Lohn für die Manipulationen: 70.000 bis 80.000 Euro. Der Betrag, den ich wegen Drohungen der Wettmafia wieder zurückgezahlt habe, beläuft sich auf über 100.000 Euro.

... den Zeitpunkt, als er das erste Mal aussteigen wollte: Als meine Familie das erste Mal ins Spiel gekommen ist und ich erpresst wurde, dass meiner Familie etwas zustößt. Der Plan, ein letztes Spiel zu manipulieren und das ganze Geld den Erpressern zu überlassen, um so auszusteigen, hat nicht funktioniert.

... die Reaktionen in seiner Familie: Meine Frau hat natürlich immer wieder nachgefragt, was mit mir los ist, doch geahnt hat sie nichts. Ihre Vermutung war eine Zahlung an eine andere Frau und somit Ehebruch.

... Selbstmordgedanken: Knapp vor der Verhaftung hat es solche Gedanken gegeben.

... seine Zukunft: Jetzt muss ich den Prozess abwarten, welches Strafmaß mir bevorsteht. Ich möchte und werde auch mit dem Fußball abschließen, bin momentan auf Arbeitssuche und ein neues Leben beginnen.

... seine Lehren aus der Causa: Wenn man einmal Ja gesagt hat, dann gilt dieses Ja für den Rest der Karriere. Sollte man angesprochen werden, sollte einem bewusst sein, dass man nach diesem Ja nie wieder rauskommt. Wenn man Nein sagt und es meldet, hat man nichts zu befürchten, der österreichische Fußballverband steht hinter einem und ich selbst bin auch bereit zu helfen.

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