Rapids Devise: Aller guten Dinge sind fünf

Am Ball: In der Europa-League-Qualifikation trumpfte Louis Schaub vor einem Jahr mit vier Toren in Folge auf. In Helsinki will der 19-Jährige für Rapid nachlegen.
Kapitän Hofmann und Talent Schaub sind die Schlüsselspieler für Rapids Play-off-Spiel in Helsinki.

Rapid ist einzigartig. Wenn auch nur bei einem statistischen Detail: Vier Mal sind die Hütteldorfer seit der Gründung der Europa League 2009 im Play-off angetreten, vier Mal gelang der Sprung in die Gruppenphase.

Das hat noch kein Verein den Rapidlern nachgemacht. Gegen HJK soll der grün-weiße Lauf fortgesetzt werden. Beim Hinspiel in der finnischen Hauptstadt (18 Uhr/live ORFeins) mit dabei ist Rudolf Edlinger in neuer Funktion. Bei allen bisherigen Entscheidungsspielen (zwei Mal Aston Villa, PAOK Saloniki und Dila Gori) saß der Ex-Finanzminister als Rapid-Präsident auf der Tribüne. Mit erhöhtem Zigarettenbedarf, weil die Europacup-Millionen dringend für das löchrige Budget benötigt worden waren.

Diesmal ist Edlinger als Glücksbringer und Edelfan vor Ort. Die Serie des Ex-Klubchefs soll unter Michael Krammer fortgeführt werden. Der neue Präsident benötigt die Euro-Millionen nach einem harten Sparkurs nicht mehr ganz so dringend wie sein Vorgänger, die geplante Tilgung der Altlasten wäre mit einem Aufstieg in die Gruppenphase aber wesentlich schneller erledigt.

Stimmungswechsel

Dass Rapid der Favoritenrolle gerecht wird, ist aber nicht nur aus finanzieller Sicht oder mit dem Blick auf Österreichs Platzierung in der Fünfjahreswertung wichtig, sondern auch für die Stimmung im und um den Verein: Europäische Erfolge können den nationalen Fehlstart in der Liga überdecken. "Wir müssen den Bock jetzt umstoßen", kündigt Sportdirektor Andreas Müller mit deutscher Gründlichkeit an.

Rapids Devise: Aller guten Dinge sind fünf
APA19742580_09082014 - WIEN - ÖSTERREICH: Steffen Hofmann (Rapid) am Samstag, 09. August 2014, während einer tipico Bundesliga-Begegnung zwischen SK Rapid Wien und Sturm Graz in Wien. FOTO: APA/HERBERT PFARRHOFER
Ein Experte dafür ist Müllers Landsmann Steffen Hofmann. Sein bereits 59. internationales Spiel (inklusive vier UI-Cup-Partien) bestreitet der Rekord-Rapidler heute. Nach jedem Play-off-Duell bisher wurde der 33-Jährige von Edlinger geherzt. "Steffen ist gerade in solchen Partien besonders wichtig", weiß Trainer Zoran Barisic.

"Bei mir ist wieder alles in Ordnung", sagt der Kapitän nach seiner leichten Gehirnerschütterung. Er darf sich über moralische Unterstützung freuen: Die Eltern sind aus Deutschland angereist, die Schwiegermutter saß ebenso im Flieger wie Hofmanns drei Kinder. Nach der Ankunft mit typisch finnischer Begrüßung (12 Grad, starker Regen) trennten sich freilich die Wege: Hofmanns Familie ist außerhalb des Teamhotels untergebracht.

Tempovorteil

Im Hotel wird nochmals die Taktik besprochen, Barisic will gegen den mit vielen Routiniers wie Ex-Rapidler Markus Heikkinen aufgestellten Gegner vor allem "das Tempo hochhalten" und umstellen: Der kampfstarke Brian Behrendt dürfte in die Mannschaft rutschen.

Vorbereitet wurden die Spieler wie immer im Europacup per Mail mit speziellen Videoclips von HJK. "Wir bekommen die wichtigsten Aktionen für die Offensive, die Defensive und Standardsituationen zur Analyse zusammen geschnitten", erklärt Louis Schaub. Dem 19-Jährigen dürfte diese Art der Gegnerbeobachtung liegen. Im Vorjahr war er Rapids Goldjunge mit den entscheidenden Toren gegen Tripolis und Dila Gori (vier Treffer in Serie). Seither läuft der Techniker einem Torerfolg nach.

"Solche Phasen gehören dazu, um zu lernen", beruhigt Barisic, der nach dem 0:1 gegen Altach auf eine "psychologische Aufarbeitung" gesetzt hat: "Wir kennen unsere Fehlerquellen, wir kennen die Kritik. Jetzt erst recht wollen wir es allen zeigen."

Rapid verfolgt einen langfristigen Plan. Zentraler Baustein ist das neue Stadion in Wien-Hütteldorf. Die daraus generierten Mehreinnahmen sollen sich laut Präsident Michael Krammer auch im Kader niederschlagen. Vorerst sitzt der Klub bei mehr als 20 Mio. Euro Jahresumsatz auf einem negativen Eigenkapital von rund 1,5 Mio. Euro. Umso wichtiger wäre der Einzug in die Gruppenphase der Europa League.

"Unser großes Ziel ist es, aus den nationalen Bewerben ein ausgeglichenes Budget zu haben. Dort sind wir noch nicht", erklärte Krammer vor dem Spiel in Helsinki. "2016/17 wollen wir es schaffen." Derzeit könne man nur mit Transfererlösen und der Europa League einen Überschuss erzielen. "Beides kann man aber nicht planen", betonte Krammer.

Daher wird bei Rapid traditionell auch nicht mit Europacup-Einnahmen budgetiert. Alleine beim Einzug in die Europa League winken rund 1,3 Millionen Euro als Startgeld von der UEFA. Dazu kommen 100.000 für jedes Remis und 200.000 für jeden Sieg. Die Teilnahme an der Gruppenphase bedeute laut Krammer ein Umsatzplus von rund drei Millionen Euro - bei einem Gewinn von ein bis eineinhalb Millionen.

Im vergangenen Jahr lagen die Zahlen leicht darunter, weil die Austria parallel in der Champions League agierte. Zu den Rapid-Heimspielen gegen Kiew, Genk und Thun kamen jeweils rund 34.000 Zuschauer. "Es war ein kleiner Aderlass. Heuer sind die Voraussetzungen aber nicht schlecht, weil wir als einzige Mannschaft in Wien international spielen", erinnerte Krammer.

Kaderpolitik

In zwei Jahren sollen die zusätzlichen Einnahmen bereits verwendet werden können, um den Kader "substanziell" zu verbessern. Krammer: "Ziel ist es, budgetär sagen zu können: Diesen Spieler geben wir nicht ab, den verlängern wir selber." Mit Terrence Boyd, Guido Burgstaller und Marcel Sabitzer haben die Hütteldorfer im Sommer ihre drei besten Torschützen der Vorsaison verloren.

Dennoch will der schwach gestartete Vizemeister in der Liga vorne mitreden. "Vielleicht werden wir heuer noch nicht top sein, aber wir müssen das Fundament legen. Ohne Fundament kann ich kein Haus bauen", erklärte der Klubchef die Kaderpolitik. "Keiner unserer Spieler hat eine Ausstiegsklausel." Einzig bei Louis Schaub habe man Kompromisse eingehen müssen. Der Vertrag des Jungstars wurde im Juli bis 2017 verlängert.

Bauverhandlungen

Bis dahin will Rapid längst im eigenen, bis zu 28.000 Zuschauer fassenden Allianz Stadion spielen. Die Bauverhandlung ist für Ende September angesetzt, danach soll möglichst rasch mit den Arbeiten begonnen werden. Die Rückkehr nach Hütteldorf ist nach wie vor für Sommer 2016 geplant. "Das Happel-Stadion ist eine Übergangslösung, die wir so kurz wie möglich gestalten wollen", sagte Krammer.

Von den Errichtungskosten bestreitet Rapid rund 30 Mio. Euro selbst. "Die Kredite sind langfristige Kredite auf 25 Jahre, dadurch stehen wir nicht unter Druck", meinte Krammer. Einen harten Sparkurs hat der Präsident, seit November 2013 im Amt, dem Klub nicht verordnet. "Es ist nicht unser oberstes Ziel, das negative Eigenkapital auf Teufel komm raus heuer abzubauen", sagte der 54-Jährige. "Wir haben die gleichen Kaderkosten wie vergangenes Jahr." (APA)

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