Schiemer: "Ich bin nicht wehmütig"

Schiemer: "Ich bin nicht wehmütig"
Der Salzburger Franz Schiemer sprach ausführlich über die Gründe seines Rücktritts mit nur 28 Jahren.

Am Donnerstag überraschte die Nachricht, dass der 25-malige Temspieler Franz Schiemer mit nur 28 Jahren nach dem Bundesliga-Schlager am Sonntag gegen Rapid in der Red-Bull-Arena (16.30 Uhr, liver ORFeins, Sky) seine Karriere beenden wird.

Am Freitag machte der Defensivallrounder seine Entscheidung in einer Pressekonferenz offiziell. Der KURIER hat ganz genau zugehört. Der gebürtige Oberösterreicher, der als Profi für Ried, Austria und zuletzt fünfeinhalb Jahre für Salzburg gespielt hat, sprach ausführlich über ...

... die Gründe für seinen überraschenden Schritt: "Wer meine Karriere mitverfolgt hat, der wird wissen, dass die letzten zwei Jahre sehr schwer für mich waren mit den vielen Verletzungen. Ich habe einfach das Gefühl, dass ich nicht mehr so belastbar bin wie früher und wie ich gern sein möchte. Zusätzlich habe ich eine große Vorfreude und Neugier auf das Neue, was nun nach dem Kicken kommen wird. So bin ich halt zu dem Entschluss gekommen, dass ich Herrn Rangnick um vorzeitige Auflösung meines Vertrages bitte."

... den Zeitpunkt der Entscheidung: "Es war natürlich kein leichter Entschluss, aber ich habe das schon vor Monaten für mich so beschlossen. Das erste Gespräch mit dem Verein habe ich schon vor eineinhalb oder zwei Monaten geführt. Es waren sehr gute Gespräche. Ich möchte mich auf diesem Wege recht herzlich bedanken, dass dies mir vom Verein her möglich gemacht worden ist. Es war ein Prozess in den letzten beiden Jahren, es hat kein Ereignis gegeben, wo ich gesagt habe, dass ich jetzt nicht mehr will. Es hat sich entwickelt."

... mögliche Wehmut: "Ein Rücktritt mit 28 hört sich jetzt vielleicht schlimm an, aber ich habe doch zwölf Profijahre hinter mir. Es war eine extrem erfolgreiche Zeit, deshalb sehe ich das nicht so wehmütig. wie das vielleicht andere sehen. Im Gegenteil: Ich freue mich extrem auf die nächste Zeit."

... seine Kopf- und Gesichtsverletzungen: "Ich glaube, dass es insgesamt 15 waren. Das trifft sich wirklich schön mit meiner Rückennummer, die ich meist getragen habe. Das ist jetzt aber nicht der Grund, warum ich aufgehört habe. Ich bin einfach nicht der Typ, der noch bis Sommer mit ein paar Prozent weniger Fußball spielt. Zwei, drei Jahre wären vielleicht noch möglich gewesen, sich durchzukämpfen. Aber bei den Anforderungen an meine Spielweise ist das einfach nicht möglich. Das wird auch meinem Anspruch als Fußballer und an den Profisport nicht gerecht."

... seine Karrierehighlights: "Da hat es Gott sei Dank sehr viele für mich gegeben. Die erste Meisterschaft, die ich gewonnen habe, die war mit Ried. Der Aufstieg aus der 2. Liga war schon etwas besonderes. Da war ich 18, 19. Da war es schon ein extremes Hochgefühl. So ein Gefühl habe ich im Nachhinein nie wieder gehabt. Trotzdem hat jeder Meistertitel, jeder Cupsieg einfach etwas besonderes gehabt. Ich habe mittlerweile einen enormen Schatz an Erinnerungen. Die möchte ich nicht missen. Das Nationalteam ist natürlich auch etwas besonders tolles. Mein Startelfdebüt gegen die Elfenbeinküste etwa, da habe ich mich gegen Didier Drogba sehr gut geschlagen. Auch die zwei Tore beim 4:4 in Belgien. Das sind sicher Dinge, die mir ewig in Erinnerung bleiben werden."

... möglicherweise Versäumtes: "Das gibt es eigentlich nicht. Natürlich hätte es auch mehr sein können, es kann immer mehr sein. Aber man muss auch mit dem zufrieden sein können, was man erreicht hat. Ich bin nicht wehmütig, weil ich eine tolle Zeit gehabt habe. Das Allerbeste sind nicht die Siege und Erfolge, sondern das was einen als Mensch weiter bringt im Leben. Ich habe so viele Menschen kennen gelernt in dieser Zeit. Fußball ist halt ein extrem schnelllebiges Geschäft, da kann man extrem profitieren. Gerade die letzten fünfeinhalb Jahre in Salzburg haben mich als Person am meisten geprägt."

... seine nahe Zukunft: "Ich möchte jetzt einmal wirklich die Zeit geniesen mit meiner Familie. Es ist eine besondere Situation. Meine Frau ist noch in Karenz, unser Kleiner ist schon sehr aktiv, mit dem kann man jetzt schon sehr viel anfangen. Ich habe mir eine fixe Zeit vorgenommen, in der ich nichts machen möchte, außer mich um meine Familie kümmern."

... seine berufliche Zukunft: "Ich will mir da überhaupt keinen Zeitdruck machen. Es könnte sein, dass meine Frau nach zwei Monaten sagt, dass sie es nicht mehr aushält mit mir und ich wieder arbeiten gehen soll, dann werde ich wieder etwas anfangen. Ich habe mir einen Zeitplan gemacht. Wie der ausschaut, möchte ich aber nicht verraten. Aber wer weiß, wie sich das im Laufe der Zeit entwickeln wird."

... sein Masterstudium in den Fächern Projekt- und Sportmanagement: "Das habe ich nebenbei gemacht. Ich hatte nur die AHS-Matura, da hat mir ein bisserl der wirtschaftliche Background gefehlt. Das hat mich schon immer interessiert. Und deswegen habe ich das gemacht. Ich kann jetzt aber gar nicht sagen, in welche Richtung es gehen wird. Das ist aber auch schön, dass das alles ein bisserl unbestimmt und nicht fixiert ist. Mal schauen, was auf mich zukommt."

... den Job als Salzburger Sportchef, sollte Ralf Rangnick sich einmal nur mehr auf Leipzig konzentrieren: "Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Das kann ich mir aber ehrlich gesagt noch nicht vorstellen. Aber ich möchte auch niemals nie sagen. Auch etwa einen Trainerjob. Das kann ich mir jetzt überhaupt nicht vorstellen, aber wer weiß, was einmal sein wird."

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