Red Bulls Fußballzukunft

Multi-Funktionär: Ralf Rangnick muss als Sportchef von Salzburg und Leipzig viel telefonieren.
Salzburg und Leipzig werden bald viel enger zusammenarbeiten als bisher.

Ralf Rangnick gehört zu jenem Menschentyp, der praktisch immer telefoniert – besonders dann, wenn gerade (wie jetzt) Transferzeit ist. Das bringt sein Doppeljob als Sportchef von Salzburg und Leipzig so mit sich.

In den letzten Tagen musste er nicht so viel telefonieren, um einen Transfer über die Bühne zu bringen. Die Verhandlungen mit einem anderen Verein konnte sich der 55-Jährige bei Georg Teigl ersparen, denn der wechselte konzernintern von Salzburg nach Leipzig. "Durch die schwere Verletzung von Christian Müller haben wir eine schnelle Lösung angestrebt und einen Spieler gebraucht, der uns sofort weiterhelfen kann", erklärt Rangnick die Gründe für den Blitztransfer des 23-jährigen Niederösterreichers.

Der Transfer Teigls von einer Red-Bull-Filiale zur anderen war nur ein Vorbote dessen, was bald üblich sein wird: Spielerwechsel von Salzburg nach Leipzig, aber auch von Leipzig nach Salzburg. Je schneller sich die Fußballabteilungen sportlich angleichen, desto reger wird mit Sicherheit auch der Spieleraustausch werden. So lassen sich nicht nur Schwachstellen in den beiden Spielerkadern ohne großen Aufwand beheben oder Überbesetzungen in diesen abbauen. Red Bull kann auch auf Notsituationen reagieren wie jetzt in Leipzig nach der schweren Verletzung von Rechtsverteidiger Müller. Zumindest eine Voraussetzung neben der Zustimmung des Spielers muss aber gegeben sein: Spielerwechsel sind auch innerhalb der Red-Bull-Abteilungen nur während der Transferzeiten möglich.

Derzeit trennt den österreichischen Fast-Meister und den deutschen Drittligisten noch eine sportliche Welt. Aber vieles spricht dafür, dass Aufsteiger Leipzig im Sommer in die zweite Bundesliga aufsteigt. Und Rangnick hat schon mit Hoffenheim bewiesen, dass man auch durch Deutschlands zweithöchste Liga durchmarschieren kann. Nachdem er 2007 mit seinem Ex-Klub in die 2. Liga aufgestiegen war, wurden rund 20 Millionen Euro investiert. Dank der vielen teuren und guten Neuzugänge (z.B. Demba Ba, Chinedu Obasi, Carlos Eduardo) gelang sofort der neuerliche Aufstieg.

Krösus

Warum sollte das nicht auch mit Leipzig gelingen? Dank Red Bull kann Rangnick schon jetzt Transfers tätigen, von denen die Konkurrenz in der dritten Liga nur träumen kann. Ein Zahlenvergleich: Leipzig hat diese Saison zwei Millionen Euro in neue Spieler investiert, die anderen 19 Vereine zusammen nur 700.000. Unter den Neuen sind mit dem Dänen Yussuf Poulsen und dem Finnen Mikko Sumusalo auch Akteure, die schon Länderspiele für ihre Heimatländer absolviert haben.

Rangnick hat erst im Dezember klargestellt, dass Salzburg „nie ein reiner Ausbildungsverein für einen anderen Standort sein wird“. Diese Befürchtung hatte geherrscht, nachdem Dietrich Mateschitz mehrmals davon gesprochen hatte. Der Red-Bull-Boss hatte aber auch betont, dass Salzburg auch mit vielen jungen Spielern immer stark genug sein werde, um um den österreichischen Titel mitzuspielen.

Rangnick bastelt derzeit an starken Teams für Salzburg und Leipzig. Und er hat dabei ein Ass, das sonst kein Sportchef im deutschsprachigen Raum im Ärmel hat: Rangnick kann eine doppelte Perspektive bieten - in Österreich und in Deutschland.

Auf dem Transfermarkt agiert Red Bull längst als Global Player – aber nur in einem bestimmten Alterssegment. Interessant für Rangnick sind nur möglichst junge Spieler mit Entwicklungspotenzial, die noch dazu prädestiniert sind, das schnelle Umschaltspiel zu praktizieren, das sowohl in Salzburg als auch in Leipzig gespielt wird. Seit Sommer 2012, seit der Deutsche für Red Bull arbeitet, wird bei praktisch jedem interessanten und zum Konzept passenden 16- bis 19-jährigen Talent mitgeboten.

Torjäger

Und das durchaus mit Erfolg wie etwa das ganz aktuelle Beispiel Federico Palacios Martínez beweist. Der 18-jährige Stürmer, der für den VfL Wolfsburg in der deutschen Nachwuchs-Bundesliga 29 Tore in 14 Herbst-Spielen erzielte, entschied sich vor einigen Tagen für Red Bull, obwohl ihn der Deutsche Meister von 2009 unbedingt behalten wollte.

Rangnick hat aber nach einer eineinhalbjährigen Anlaufzeit nun auch Österreich entdeckt. Interessante Spieler für die Red-Bull-Akademie wurden schon in den letzten Jahren extrem aggressiv umworben. Nun stehen aber auch wieder die talentiertesten Profis anderer Bundesliga-Klubs im Red-Bull-Fokus – wie die Verpflichtung des Rieders Robert Zulj und das Interesse am Rapidler Louis Schaub beweisen.

Aber auch die österreichische Konkurrenz wird nicht nur Zuschauen müssen, wie von Red Bull die größten Talente weggeschnappt werden, sondern könnte vom ungewöhnlichen Konstrukt auch profitieren. Denn bei weitem nicht alle Spieler werden bei Red Bull Fuß fassen können und dann durchaus für die anderen Bundesliga-Klubs interessant werden.

Ein aktuelles Beispiel gibt es dafür schon: Bright Edomwonyi trainiert derzeit bei Wacker Innsbruck mit. Der Nigerianer kam im August 2012 um 600.000 Euro Ablöse nach Salzburg. So viel Geld kann sonst kein anderer Bundesliga-Klub für ein Talent ohne Profierfahrung ausgeben.

Zeugnis für Rangnicks neue Bullen:

Die vier Standorte

2005 ist der Getränkekonzern mit der Übernahme des finanziell maroden Salzburger Bundesliga- Klubs in den Fußball einge- stiegen. Danach kamen noch Vereine in New York, Campinas (Brasilien) und Leipzig hinzu. Eine Nachwuchsakademie in Ghana wurde 2013 geschlossen.

Die sportliche Bilanz

Salzburg ist mit vier Meistertiteln die erfolgreichste Fußballabteilung. Leipzig ist mittlerweile von der 5. bis in die 3. deutsche Liga aufgestiegen, RB Brasil von der 4. bis in die 2. Liga des Bundesstaates São Paulo. New York stand 2008 im Finale der Major League Soccer.

In Salzburg stehen schon alle im Banne eines Testspieles, obwohl dieses erst am Samstag stattfindet. Es gastiert ja auch nicht irgendein Gegner in der Festspielstadt, sondern der regierende Champions-League-Sieger Bayern München (16 Uhr, live ServusTV).

Die Red-Bull-Arena war so schnell wie noch nie ausverkauft. Über 30.000 Fans werden beim Duell zwischen Kampl, Mané und Co. sowie Ribéry, Alaba und anderen dabei sein. Um Staus vor den Eingängen zu vermeiden, öffnet das Stadion zwei Stunden vor Spielbeginn.

Salzburg befindet sich derzeit am Ende der zweiten Trainingswoche. „Wir sind schon sehr gespannt, was am Samstag passieren wird“, meint Salzburg-Coach Roger Schmidt. Während die Salzburger momentan nur das Bayern-Spiel im Kopf haben, basteln die anderen Bundesliga-Klubs an ihren Teams.

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