Hütteldorf spielt Hollywood

Aufgesessen: Terrence Boyd gelingt nicht alles. Aber der Stürmer steht immer wieder auf – und trifft zum Derbysieg.
Auch nach dem Derbysieg geht’s rund. Die Schlüsselfiguren im Überblick.

Was für eine Woche für Rapid: Jubel und Streit, Derby-Sieg und persönliche Niederlagen. Der SK Rapid Wien gibt wieder einmal überzeugend die Drama Queen der Bundesliga – auch wenn sich der Erzrivale Austria seit Sonntagabend um diese Rolle bemüht.

Am vergangenen Montag blitzte Erich Kirisits beim Hearing des Wahlkomitees als Präsidentschaftskandidat ab. Donnerstagabend, bei der Bekanntgabe des Scheiterns, wurde wegen der Verschwiegenheitspflicht auf eine Begründung verzichtet. Ein Fehler, wie die Beteiligten nicht nur wegen der schiefen Optik erkannten. Eine offizielle Erklärung für die Wende zu Michael Krammer soll folgen. Derweil wird auch nach dem 1:0-Sieg gegen die Austria in Hütteldorf Hollywood gespielt. Ein KURIER-Überblick zu den wichtigsten Männern des Westens von Wien:

- Hans Krankl hat Sonntagnacht so scharf geschossen wie zu seinen besten Zeiten als Stürmer: „Bei Rapid sind böse Menschen“, „dort schauen wertlose Funktionäre nur auf ihre Ämter“, „das Vorgehen von Krammer ist richtig tief“ – ohne Gegenpart durfte der Sky-Experte auf Sky mit Rapid abrechnen.

Hütteldorf spielt Hollywood

ARCHIVBILD: HANS KRANKL
Hütteldorf spielt Hollywood

PK SK RAPID: EDLINGER
Hütteldorf spielt Hollywood

General Manager Xerox…
Hütteldorf spielt Hollywood

PG ORANGE-CHEF MICHAEL KRAMMER
Hütteldorf spielt Hollywood

FUSSBALL EUROPA LEAGUE: KRC GENK - SK RAPID WIEN:

Bei seinem Vertrauten Kirisits wäre der „Jahrhundert-Rapidler“ Krankl als Präsidiumsmitglied laut dem veröffentlichten Konzept für die Schlüsselbereiche „Sport“, „Nachwuchs“, „International“ und „Fans“ zuständig gewesen. Da Kirisits als Xerox-Manager unter der Woche viel im Ausland unterwegs ist, hätte Krankls Rolle wohl der eines geschäftsführenden Vizepräsidenten entsprochen. Dass selbst die gewählten Fanvertreter gegen diesen Vorschlag gestimmt haben, hat Krankl „echt getroffen“.

- Rudolf Edlinger wurde von Krankl als TV-Diskussionspartner abgelehnt. Bis vor Kurzem hatte der Langzeitpräsident noch auf Kirisits gebaut. Das drohende Machtvakuum wurde abgewendet – der 73-Jährige darf bei der Hauptversammlung am 18. November abtreten, weil sich eine klare Mehrheit im Wahlkomitee für Krammer als Nachfolger abzeichnet.

- Erich Kirisits ist am Sonntagabend mit einem offenen Brief gekonnt in die Offensive gegangen. Obwohl er erst vor wenigen Wochen (übrigens knapp nach Frank Stronach) Vereinsmitglied wurde, schreibt Kirisits an die Rapid-Fans über „unseren Verein“. Einen zweiten Versuch als Präsidentschaftskandidat wird es aber nicht geben, Kirisits hat mit der (zu späten) Medienoffensive seinen Rückzug erklärt.

- Michael Krammer hat sich im Wahlkomitee bei der Abstimmung über Kirisits fairerweise enthalten, am Montagabend trat der frühere Leiter der Reformkommission offiziell als Präsidentschaftskandidat an. Der Ex-„Orange“-Boss versichert, dass er zu diesem Schritt erst überredet wurde, als die Unterstützung für Kirisits schwand. Krammer steht eindeutig für Veränderung – allerdings würden nicht wie bei der Gruppe Kirisits fast alle Führungspersonen des Vereins ausgetauscht werden.

- Helmut Schulte war einer der ersten Gesprächspartner von Krammer. Deutsche Medien meldeten verfrüht, dass der Sportdirektor mit Jahresende zu Düsseldorf wechselt. Tatsächlich fehlt beim deutschen Zweitligisten nur noch die Unterschrift – doch Schulte würde es nach einem harten Jahr auch reizen, die Früchte seiner wertvollen (aber stets im Hintergrund gehaltenen) Aufbauarbeit noch zu ernten.

- Zoran Barisic hat im vierten Versuch als Cheftrainer sein erstes Derby mit Rapid gewonnen – und steht dennoch im Hintergrund. Zuerst verfolgte er bei der Pressekonferenz sprachlos die Abrechnung von Austria-Trainer Bjelica mit dessen Spielern, dann waren die Personalstreitereien bei Rapid das bestimmende Thema. „Der Fokus sollte auf dem Sportlichen liegen“, sagte Barisic nach dem dritten Spiel in einer Woche, das in der zweiten Halbzeit zu Gunsten Rapids kippte.

Tatsächlich fielen wie gegen Sturm (2:2) und in Genk (1:1) auch im Derby die Kraftreserven der Spieler positiv auf. Ebenso wie die entscheidenden Flanken von Thomas Schrammel, die ansteigende Form von Steffen Hofmann oder das durch Rückschläge nicht zu bändigende Bemühen von Goldtorschütze Terrence Boyd. „Wenn Boyd nicht seine Defizite hätte, wäre er niemals zu Rapid gekommen“, sagt Barisic über den Stürmer. „Aber wir arbeiten jeden Tag daran, die Defizite auszugleichen.“ Ein Zitat, das auffallend gut zu Rapid passt.

Kommentare