Rapid-Trainer Barisic: "Jetzt kommt unsere Zeit"

Zoran Barisic und sein Team wollen im Bundesliga-Frühjahr wieder angreifen.
Rapid-Trainer Zoran Barisic zeigt sich vor dem Rückrundenstart optimistisch wie noch nie.

Zum Abschluss des Trainingslagers in Belek gab es ein 2:2 der müde wirkenden Rapidler gegen Bohemians Prag. Beim Tabellen-13. aus Tschechien aktiv sind die Ex-Rapidler Antonin Panenka (Präsident) und Roman Pivarnik (Cheftrainer).

Vor dem Test hatte sich Rapid-Trainer Zoran Barisic Zeit genommen für ein offenes KURIER-Interview. Der 44-Jährige über Ziele, die Zukunft und seine TV-Auftritte.

KURIER: Vor Saisonbeginn sind vier Stützen weggebrochen. Jetzt ist Rapid eingespielt, während bei Salzburg, Austria, Sturm und Grödig Schlüsselspieler gingen. Wird das der große Trumpf im Frühjahr?

Zoran Barisic: Es wäre unser größter Fehler, so zu denken. Ich wusste im Sommer, dass wir noch Zeit brauchen werden. Jetzt müssen wir nur auf uns schauen, nicht auf Abgänge bei anderen. Es kommt nur darauf an, ob wir unsere Leistung bringen. Dann können wir alle schlagen.

Während der Herbstsaison war zu erkennen, dass Beric und Kainz ihr Laufpensum kontinuierlich erhöht haben. Sind sie jetzt in einem anderen körperlichen Zustand als direkt nach der Verpflichtung von Sturm?

Ja, das ist definitiv so. Sie sind viel robuster und stabiler geworden. So soll’s sein: Sie wollten sich bei Rapid verbessern und das setzen sie um.

Im November gab es drei Niederlagen in Folge. Waren das die schwierigsten Wochen in Ihrer bisherigen Amtszeit?

Der ganze Herbst war sehr intensiv. Ich hatte die Pflicht, die Mannschaft nach dem Aus gegen Helsinki Ende August wieder aufzurichten. Auch nach den drei Niederlagen im November war es schwer. Aber eigentlich können dich solche Phasen nur stärker machen, sofern du sie gemeinsam durchmachst. Da hat sich gezeigt, wie gut der Charakter der Mannschaft ist. Und, dass bei Rapid jetzt alle im Verein gemeinsam für ein Ziel kämpfen.

Im Sommer kommt der Grödiger Huspek. Warum ist es mittlerweile außergewöhnlich, dass sich Rapid wie in diesem Fall im Transferpoker gegen einen deutschen Zweitligisten wie Ingolstadt durchsetzt?

Weil da wirtschaftlich eine riesige Schere aufgegangen ist. Das liegt zum Teil an den Sponsoren und ganz sicher an den TV-Geldern. Das ist die bittere Wahrheit – dieser müssen sich alle in Österreich stellen.

Was hat Sie in Ihren ersten 20 Monaten als Cheftrainer überrascht? Was mussten Sie bisher lernen?

Dass ich nicht zu ungeduldig sein darf, dass nicht alle unserer Pläne aufgehen können. Und vor allem: Dass man von seinen Spielern am meisten lernen kann.

Wie meinen Sie das?

Wie entsteht eine Gruppendynamik? Wie entwickeln sich Hierarchien und wie werden sie wieder umgeworfen? Da passieren so viele auch für uns Trainer hoch interessante Prozesse.

Rechnen Sie damit, dass Sie auch noch im Sommer 2016 im neuen Stadion auf der Rapid-Bank sitzen werden?

Das muss ich mir hart erarbeiten. Und es braucht dazu auch ein Quäntchen Glück. Aber natürlich wäre es schön, noch dabei zu sein, wenn dann im Allianz-Stadion Neues entsteht.

Im persönlichen Gespräch sind Sie tiefgründig und erklären auch taktische Details. Warum bleiben Sie in TV-Interviews immer unverbindlich und oberflächlich? Könnten Sie den Fans und Zuschauern im Jahr 2015 nicht schon mehr zumuten?

Tatsächlich haben sich mit dem Fußball auch die Fans weiterentwickelt. Sie sind besser informiert, haben durch das Internet viel mehr Zugänge. Natürlich könnte ich mir eine Medien-Strategie zurechtlegen, um mich modern zu machen – oder vielleicht sogar für andere Aufgaben in Stellung zu bringen. Ich will mich aber nicht übers Fernsehen profilieren. Die Gefahr, dadurch in eine Schublade gesteckt zu werden, ist mir zu hoch.

Dafür stecken Sie jetzt in der Schublade, dass sie im TV immer nur Ihre Stehsätze abrufen.

Möglicherweise. Jene, die mich näher kennen, können mich sehr gut beurteilen. Den anderen kann ich es übers Fernsehen ohnehin nicht recht machen.

Dann bitte ich jetzt um Klartext: Worauf dürfen sich die Fans im Frühjahr freuen?

Auf eine Mannschaft, mit der sie sich identifizieren können. Die eine Handschrift haben wird. Die gierig ist nach Erfolg. Auf Spieler und Trainer, die bereit sind, 100 Prozent für Rapid zu geben.

Präsident Krammer schätzt Sie und Sportdirektor Müller besonders, weil Sie ihm jetzt schon sagen, wer ein erst in zwei Jahren entstehendes Loch im Kader stopfen wird können. Sind die Kaderplanungen demnach viel weiter, als offiziell zugegeben wird?

Ich hoffe es. Es ist unsere Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass es dem Verein langfristig gut geht. Es gehört zu den schwersten Aufgaben der sportlichen Leitung, Positionen auch einmal freizuhalten. Und zwar für Spieler, von denen wir überzeugt sind, die momentan aber noch nicht so weit sind: Der Junge soll die Zeit bekommen, in die angedachte Rolle reinzuwachsen.

Bis zu welchem Alter blicken Sie dabei zurück?

Bis vor Kurzem habe ich alle Spieler der Rapid-Akademie gekannt. Jetzt hab’ ich so wenig Zeit, dass ich nur noch ab den 16-Jährigen die Besten genau kenne. Diese Beschäftigung mit den Jungen ist für mich normal und ganz wichtig.

Das klingt so, als würden Sie für die nächsten Jahre nicht mehr viele Einkäufe planen?

Wir wollen tatsächlich mit fast allen vom aktuellen Kader langfristig arbeiten, weil die meisten erst jetzt in das beste Alter kommen und richtig fertige Spieler werden. Da kündigt sich Riesen-Qualität an. Jetzt kommt unsere Zeit. Wir können wirklich Erfolge feiern, wenn wir zusammen bleiben. Ich hoffe, dieses Zusammenbleiben ist nicht illusorisch. Das ist mein Wunsch.

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