Rapid gelingt die Sensation gegen Ajax

Der letzte Schrei: Doppeltorschütze Louis Schaub
Der Vizemeister gewinnt in Amsterdam 3:2 und darf von der Königsklasse träumen.

Rapid steht im Play-off zur Champions League. Was nach der ersten Hälfte im Hinspiel unmöglich erschien, war nach der ersten Hälfte in Amsterdam ganz real, dann doch wieder höchst fraglich und am Ende mit einem 3:2-Sieg bei Ajax vollbracht.

Nach zehn intensiven Minuten war klar, dass Rapid mit drei Neuen diesmal taktisch cleverer agiert. Ajax kam nicht durch, nur die Konter klappten noch nicht, weil die Verteidiger Robert Beric als Anspielstation extrem intensiv bearbeiteten. Dafür zeigte der Slowene gleich beim ersten gelungenen Angriff, was er am besten kann: eiskalt verwerten.

Steffen Hofmann hatte den Ball erkämpft, der überragende Thanos Petsos steckte für Stefan Stangl durch. Dem linken Verteidiger gelingt aus vollem Lauf eine perfekte Flanke über Tormann Jasper Cillessen hinweg. Beric ist mit dem Kopf da und sagt Danke – 1:0 (12.).

Rapid gelingt die Sensation gegen Ajax
Rapid Vienna's Robert Beric (C) scores a goal against Ajax Amsterdam during their Champions League third qualifying round match in the Amsterdam ArenA stadium August 4, 2015. REUTERS/Toussaint Kluiters/United Photos
Die 2500 mitgereisten Rapid-Fans entledigten sich ihrer Oberkörperbedeckung und wurden noch lauter, die 50.000 Niederländer waren übertönt. Spielerisch hatte Ajax noch die Hoheit, wurde aber nur in der 22. Minute gefährlich, weil Petsos fast alles schon im Mittelfeld abräumte. Mario Sonnleitner hatte schlecht verteidigt, Viktor Fischer verfehlte mit seinem Volley das Ziel.

Zweiter Streich

Für den linken Flügel war, wie von Barisic erwartet, der in Wien noch überragende Daley Sinkgraven ins Mittelfeld zurückgerückt. Eine Maßnahme, die nicht griff, weil Louis Schaub dem rechten Verteidiger Stephan Auer beim Doppeln half. Eben jener Schaub trat in Minute 39 auch offensiv in Erscheinung. Endlich gelang wieder eine Befreiung – und wieder trafen die Hütteldorfer. Einen Hofmann-Pass nutzte Schaub zu einem seiner typischen Sololäufe: Von der rechten Flanke zur Mitte, der Abschluss mit links ist ordentlich, wird aber noch unhaltbar von Verteidiger Joel Veltman abgefälscht – 2:0.

Nach der Pause spielte Ajax noch konsequenter über die Flügel. Bald war klar, dass die Partie nicht an das 3:0 von Salzburg in Amsterdam 2014 anschließt, sondern an die zwei konträren Hälften vor einer Woche erinnert. Nach 52 Minuten wurde es richtig laut in der ausverkauften Arena. Schaub kassiert ein Gurkerl, Gegenspieler Mitchell Dijks flankt präzise, und Arek Milik trifft sehenswert. Christopher Dibon kommt gegen den Scherenschlag zum 1:2 zu spät.

Totale Offensive

Nach 72 Minuten schaltete der Favorit mit Joker Yaya Sanogo und einem 3-3-4-System auf totale Offensive. Und wie in Wien fiel auch gestern zu Beginn der Rapid-Viertelstunde ein Treffer für die Gastgeber. Jan Novota verteidigt eine Flanke auf Sanogo schlecht. Der zweite Joker, Nemanja Gudelj, rauscht herbei und trifft zum 2:2.

Die Wende schien nah, Amsterdam tobte – aber nur drei Minuten. Plötzlich spielten die Grünen wieder nach vorne. Schaub tankt sich mit Mut und Technik durch und vollendet wunderschön ins Kreuzeck (78.). 2:3 - die Krönung in einem unglaublichen Spiel.

Mit dem Ergebnis vom legendären Sieg bei Aston Villa 2010 schafft Rapid wieder den Sprung in eine Gruppenphase – die Europa League ist nun das Mindeste. Am Freitag wird der Gegner für das Play-off in der Champions League ausgelost. Möglich sind Manchester United, Valencia, Bayer Leverkusen und Sporting Lissabon sowie Schachtjor Donezk oder ZSKA Moskau oder Lazio Rom. Und die Träume gehen weiter.

0:1 Beric (12.)
0:2 Schaub (39.)
1:2 Milik (52.)
2:2 Gudelj (75.)
2:3 Schaub (77.)

Ajax: Cillessen; Tete, Veltman (71. Sanogo), Riedewald, Dijks; Bazoer, Sinkgraven (87. Schöne), Klaassen; El Ghazi, Milik, Fischer (59. Gudelj).

Rapid: Novota; Auer, Sonnleitner, Dibon, Stangl; Petsos, Grahovac; Schaub (88. Alar), S. Hofmann (59. Schobesberger), F. Kainz; Beric (94. Prosenik).

Gelbe Karten: Tete; Auer, Novota. Amsterdam-Arena, 53.000, SR Kruzliak (Slowakei). Hinspiel: 2:2.

Mario Sonnleitner (Rapid-Abwehrspieler): „Wir haben gewusst, dass es ein hartes Stück Arbeit sein wird. Aber wir haben viel Leidenschaft gezeigt, haben alles gegeben für den Aufstieg. Es war natürlich schön, gleich das 1:0 zu machen. Nach dem Tor von Ajax in der zweiten Hälfte war es ein bisschen brenzlig. Aber ich habe immer das Gefühl gehabt, dass wir es schaffen können.“

Zoran Barisic (Rapid-Trainer): „Wir haben gewusst, dass wir die Sensation schaffen können, wenn alles passt. Das war am heutigen Tag der Fall. Wir sind natürlich überglücklich, dass wir die nächste Runde erreicht haben. Es ist ein großartiger Tag für den ganzen Verein. Gratulation an meine Mannschaft. Sie sind gut, das Problem ist, dass sie nicht wissen, wie gut sie sind. Heute ist ein großer Tag für sie. Sie haben sich nicht nur die heutige tolle Leistung belohnt, sondern für den ganzen Weg dahin. Es gibt dennoch sehr viel Luft nach oben.“

Louis Schaub (Rapid-Doppeltorschütze): „Wir sind 2:0 in Führung gegangen, haben dann nach der Pause gleich den Anschlusstreffer kassiert, dann war das Stadion wieder komplett da. Leider haben wir dann das 2:2 kassiert, aber prompt die richtige Antwort gegeben und den Sieg nach Hause gespielt. Ich glaube, es wird noch ein, zwei Nächte dauern, das zu realisieren. Wir haben Unglaubliches erreicht, viele haben uns das nicht zugetraut. Aber die Fans und wir selber haben an uns geglaubt. Auch schon, als wir erfahren haben, dass wir gegen Ajax spielen, haben wir gewusst, wir können das schaffen.“

Frank de Boer (Amsterdam-Trainer): „Das ganze Spiel war für uns ein Desaster, wir haben nicht damit gerechnet. Vor allem nach dem 0:1 haben wir gewusst, dass es ein schweres Spiel werden wird. Wir haben unser Spiel dann geändert und auch verdient auf 2:2 gestellt. Dann hätten wir nach hinten spielen müssen, das haben wir aber nicht gemacht und das dritte Tor kassiert. Wir hatten keine Erfahrung auf dem Platz, das war eine teure Lektion für uns. Letztendlich bin ich dafür verantwortlich. Die Europa League ist für uns wichtig.“

Kommentare