Westenthaler-Prozess: "Er hat alle getäuscht"
Peter Westenthaler, geborener Hojac, war schon so manches: Jörg Haider-Intimus, Generalsekretär der FPÖ, Obmann des BZÖ, Magna-Manager, Bundesliga-Vorstand. Am Freitag war er eine allein erziehende Mutter, welche die ihrem Kind gewidmeten Alimente kurzfristig für den eigenen Lebensunterhalt verwendet, weil ihr Arbeitgeber mit dem Gehalt säumig ist.
"Soll die Mutter deshalb wegen Betruges in Haft?", fragte Verteidiger Thomas Kralik, von dem der gewagte Vergleich stammt. Er hätte auch einfach sagen können: Geld hat kein Mascherl.
Als Westenthaler 2003 Bundesliga-Chef wurde, sah er sich sogleich mit einer Forderung der Republik Österreich von 1,6 Millionen Euro an Steuerschulden aus der Zeit vor ihm konfrontiert. Man einigte sich auf einen Vergleich von 1,2 Millionen, aber auch dieses Geld hatte die Bundesliga nicht flüssig. Gleichzeitig beschloss die Republik, junge heimische Kicker für die 2008 in Österreich bevorstehende Fußballmeisterschaft EURO mit einer Million Euro zu fördern. Das Geld floss über den Österreichischen Fußballbund zur Bundesliga, die es an die Stammklubs der ausgewählten Spieler weiterleiten sollten.
Oberstaatsanwältin Barbara Schreiber legt nun Westenthaler zur Last, den Vereinen die Fördermillion vorenthalten und für die Begleichung der Vergleichssumme von 1,2 Millionen missbraucht zu haben (so wie die allein erziehende Mutter die Alimente nicht ihrem Kind zukommen lässt, sondern selbst verbraucht).
Der Retter
Dem zweiten Vorwurf gegen Westenthaler und den krankheitshalber abwesenden mitangeklagten Ex-Lotterien-General Leo Wallner liegt laut Anklägerin eine relativ plumpe Untreue zugrunde. Man kennt das schon vom Telekom-Prozess gegen Westenthalers früheren Parteifreund Gernot Rumpold.
Westenthaler soll 2006 als BZÖ-Obmann erreicht haben, dass die schwarz-orange Regierung eine für die Lotterien schädliche Gesetzesänderung abbläst. Diese hätte den Glücksspielmarkt für Konkurrenten wie Novomatic erweitert. Im Gegenzug sollen die Lotterien über die BZÖ-Werbeagentur Orange 300.000 Euro ans BZÖ gezahlt haben, und zwar über ein Scheingeschäft: Ein Westenthaler-Mitarbeiter soll für die Lotterien alibihalber ein wertloses Gutachten über "Responsible Gaming" zusammengegoogelt haben.
Ein unbefangener Prozesszuschauer konnte am Freitag im Wiener Landesgericht beinahe übersehen, dass Westenthaler ein Angeklagter ist. Richter Wolfgang Ettl entsprach seiner Bitte, die finanziellen Verhältnisse nicht öffentlich zu erörtern.
Redefluss
Der Prozess geht Montag weiter.
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