Der Protest vereint die Fußball-Feinde

Fans of Besiktas (Black-White), Galatasaray (Yellow-Red) and Fenerbahce (Yellow-Blue) pose during an anti-government protest at Taksim Square in central Istanbul June 2, 2013. Days of anti-government protest in Turkey have achieved one feat that has eluded the authorities for years: uniting the fiercely rival and sometimes violent supporters of Istanbul's "Big Three" football clubs. Besiktas, Galatasaray and Fenerbahce fans have come together in new-found solidarity during five days of demonstrations against Prime Minister Tayyip Erdogan's government. Picture taken June 2, 2013. REUTERS/Murad Sezer (TURKEY - Tags: CIVIL UNREST POLITICS SPORT SOCCER)
Die Kritik am System schweißt die rivalisierenden Istanbuler Fans zusammen.

Es waren Bilder, die Mitte Juni um die Welt gingen: Die, die normalerweise fast alles trennt, traten plötzlich vereint auf. Die sonst so verfeindeten Fans der drei Istanbuler Großklubs Fenerbahçe, Galatasaray und Besiktas standen bei den Protesten gegen die Politik des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan am Taksim-Platz gemeinsam in der ersten Reihe. „Erdogan istifa“ (übersetzt: „Erdogan, tritt zurück“) wurde zum alle vereinenden Fangesang.

Ultra-Fangruppierungen sind stets straff organisiert. Das zeigte sich auch in jenen Junitagen in Istanbul. Die Fenerbahçe-Fans, die heute Abend den Salzburger Fußballern (siehe unten) einen netten Empfang bereiten werden, hatten sich zu Tausenden beim vereinseigenen Sükrü-Saracoglu-Stadion auf der asiatischen Seite der Metropole getroffen.

Verbrüderung

Gemeinsam wollte man zum Taksim-Platz fahren. Das wollte die Regierung verhindern, sie stellte die U-Bahn- und Schiffsverbindungen einfach ein. Genutzt hat das nichts, die Fenerbahçe-Fans fanden trotzdem den Weg in das viele Kilometer entfernte Zentrum der Stadt. Dort kam es dann zur Verbrüderung mit den Fans von Galatasaray und Besiktas. Sogar Trikots, eigentlich das heiligste aller Fan-Utensilien, wurden getauscht.

Die Fußball-Fans sind noch immer eine Säule der Protestbewegung. Auch bei den Demonstrationen am Samstag in der Einkaufsstraße Istiklal Caddesi unweit des Taksim-Platzes waren sie nicht zu übersehen. Dieses Mal waren besonders viele Besiktas-Fans unter den Demonstranten, gegen die die Polizei Wasserwerfer und Tränengas einsetzte.

Die Fans von Besiktas befinden sich gerade im Clinch mit ihrem eigenen Verein. Denn nach Fenerbahçe und Galatasaray bekommt nun auch der dritte Istanbuler Großklub eine topmoderne Fußballarena. Das im Besitz von Besiktas befindliche Inönü-Stadion, das mitten im Zentrum Istanbuls und nur unweit des Taksim-Platzes steht, wird gerade abgerissen und an selber Stelle ein neues Stadion errichtet.

Aber bis zu Eröffnung der neuen Arena in 18 Monaten benötigt Besiktas ein Ersatzstadion. Und die Wahl der Klubverantwortlichen sorgt für großen Unmut bei den einflussreichen Fangruppierungen des Vereins.

Verhöhnung

Denn Besiktas weicht, mit Ausnahme bei den Derbys gegen Fenerbahçe und Galatasaray, in das kleine Stadion im Istanbuler Hafenviertel Kasimpasa aus. Und das trägt ausgerechnet den Namen von Recep Tayyip Erdogan. Der türkische Ministerpräsident war in diesem Stadtteil aufgewachsen und soll als Jugendlicher dort auch Fußball gespielt haben.

Daher werden nun Proteste der Besiktas-Fans gegen den Ministerpräsidenten bei den Heimspielen erwartet. Um das zu unterbinden, gehen die Verantwortlichen den Weg der Konfrontation und Restriktion. Jeder, der ein Ticket für eines der Besiktas-Spiele kauft, muss bestätigen, dass er sich nicht an „gesellschaftlichen, politischen und ideologischen Aktionen“ beteiligen wird.

Bei den Fans geht die Angst um, dass ein Gesetz angewendet wird, das eigentlich Gewalt in den Stadien verhindern soll. Laut diesem drohen Fans für „beleidigende Jubelrufe“ drei bis zwölf Monate Haft.

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