ÖFB-Talent Grillitsch: "Die Entwicklung ist nicht zu Ende"

Florian Grillitsch wurde in Bremen zum Shootingstar. Der 20-Jährige hat sogar Chancen auf die EM.

Florian Grillitsch ist ein junger Mann aus Niederösterreich, dem seine Heimat wichtig ist. "Ich freue mich immer, wenn ich nach Hause komme. Da ist schon eine Verbundenheit da", erzählt der 20-Jährige aus Pottschach.

Nur zu hören ist diese Verbundenheit beim KURIER-Interview nicht mehr. Grillitsch spricht Hochdeutsch, mit einem leichten Einschlag ins Norddeutsche. Drei Jahre in Bremen prägen eben, nicht nur fußballerisch.

Doch nach wenigen Minuten, als der U-21-Teamspieler ins Erzählen über seine Zeit in der St. Pöltner Akademie kommt, ist er wieder da, der niederösterreichische Dialekt. Nur einmal kommt ihm ein eindeutig bundesdeutsches Wort aus: "Sahnetag."

KURIER: Sie wurden 2013 mit der Akademie St. Pölten noch vor den Talenten der Großklubs Unter-18-Meister. Wie war das möglich?

Florian Grillitsch: Uns war bewusst, dass sonst die Großen der Favorit sind. Auch wenn unsere Mannschaft super war. Wir haben eine überragende Saison gespielt mit 19 Siegen in 22 Spielen.

Herausragend dabei war ein 9:2 gegen Rapid ...

... obwohl Rapid für diese Partie sogar Spieler vom Amateur-Team zurück in die U 18 geholt hat. Trotzdem ist es schnell 5:0 für uns gestanden. Da haben wir einen Sahnetag erwischt.

Sie spielen jetzt im defensiven Mittelfeld. Früher waren Sie offensiver. Wurden Sie überhaupt als Sechser ausgebildet?

Ich hab’ im Nachwuchs nur manchmal dort gespielt, meistens den Zehner hinter zwei Spitzen. Ich musste aber nicht umgeschult werden.

In Ihrem Meisterteam standen die heutigen Profis Rasner, Baumgartner, Gschweidl und Maderner, sowie Legionär Puchegger, der bei den Bayern Amateuren spielt. Hätten es noch mehr sein können?

Ich finde, dass der Schnitt an Profispielern ganz gut ist. Einige haben gegen Ende schon gemerkt, dass es vielleicht eher nix wird mit einer Profikarriere und sich mehr auf eine Ausbildung konzentriert – das ist auch gut so.

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Auffällig ist die extreme Häufung an Meisterteam-Mitgliedern vom SVSF Pottschach. Grödig-Stammspieler Martin Rasner lernte neben Grillitsch beim Amateur-Klub aus der siebenten Liga das Kicken. Als "guter Freund" wird er vom Jahrgangsbesten Philipp Koglbauer bezeichnet, der es ebenfalls von Pottschach nach St. Pölten und immerhin zum U-19-Teamspieler geschafft hat. "Am meisten freut mich, dass wir alle noch in Kontakt stehen." Mit dem damaligen Trainer Andreas Wieland trifft sich die Truppe halbjährlich in St. Pölten. "Da tauschen wir uns über unsere Karrierewege aus. Das will ich auch in Zukunft beibehalten." Aber nur einer wurde auch von Viktor Skripnik beobachtet.

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Wie ist der Wechsel nach Bremen zustande gekommen?

Der damalige U-23-Trainer Viktor Skripnik war in der Winterpause bei einem Testspiel da. Wir haben damals auf Kunstrasen gespielt. Es hat ihm trotzdem gefallen.

Ist es ein Vorteil, dass Ihr Entdecker jetzt Ihr Profi-Coach bei Werder Bremen ist?

Es ist schon ein Vorteil, dass ich ihn so lange kenne. Er weiß, was ich kann und was nicht. Ich habe aber keinen Bonus deswegen.

An welchen Schwächen arbeiten Sie noch?

Die Entwicklung ist noch nicht zu Ende. Ich will vor allem Erfahrungen sammeln. Gegen große Vereine hab ich auch schon gesehen, was noch fehlt – zum Beispiel das Physische.

Warum hat Werder diese Tradition als Österreicher-Klub?

Vielleicht mögen die Bremer uns Österreicher so gern. Es ist familiär, auch wenn es doch groß ist. Ich habe schon viele Freunde gefunden. Super, dass es so grün ist. Da lässt es sich leicht wohlfühlen. Und: Die Stadt steht hinter Werder, die Bundesliga ist das Baby von Bremen.

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Wenn es um die Zukunft geht, fällt sofort der Name Thomas Böhm. "Thomas kümmert sich um all das", sagt Grillitsch. Der Berater von Christian Fuchs managt auch seine aufstrebende Karriere. Das Angebot zur vorzeitigen Vertragsverlängerung über 2017 hinaus wurde vorerst dankend abgelehnt. Böhm selbst fühlt sich bei Grillitsch "an den jungen Martin Stranzl erinnert". Den 35-Jährigen, der im Sommer aufhört, hat Böhm von Anfang an begleitet. "Ja, so eine Karriere wie Martin hätte doch jeder gern. Da muss man sich nur sein Standing bei seinen Klubs ansehen", sagt Grillitsch und lächelt.

Ein allgemeines Ziel lässt sich der Shooting Star dann doch herauslocken: "Ich würde gern einmal um die Meisterschaft spielen. Als Kind hab’ ich schon davon geträumt, in der Champions League zu spielen." Grillitsch will aber nicht zu offensiv wirken und betont sofort seine Dankbarkeit: "Ich kann schon auf die U-20-WM in Neuseeland zurückblicken. Dort spielt man nicht oft. Und die U-19-EM in Budapest war auch ein Highlight." Im ÖFB steht der 20-Jährige jetzt freilich vor dem Übergang zum A-Team.

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KURIER: Was haben Sie sich gedacht, als Bremen verkündet hat, dass Sie im A-Team-Kader von Marcel Koller stehen?

Grillitsch: Bei Werder waren sie damals übereifrig und haben sich mit mir gefreut. Da wurde der vorläufige Kader als endgültig angenommen. Ich konzentriere mich noch auf die U 21. Wir wollen zur EM. Ein Spiel um Platz eins in der Gruppe gegen Deutschland wäre das Ziel.

Trotzdem, Koller hat Sie auf seiner Liste. Da Leitgeb und Kavlak derzeit nicht spielen, könnten Sie es als vierter zentraler Mittelfeldspieler im Kader zur EURO schaffen. Was bedeutet das für Sie?

Dass ich auf Abruf bin, ist schon ein großer Erfolg. Ich beschäftige mich nicht mit der EURO. Und den Sommer-Urlaub buche ich als Fußballer ohnehin immer mit einer Rücktrittsversicherung. Egal, ob ich Chancen auf Frankreich habe oder nicht.

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Bevor Marcel Koller über das Last-Minute-Ticket nach Frankreich entscheidet, steht für Grillitsch noch bis zur letzten Minute der Kampf gegen den Abstieg an. Am ungewohnten Montag-Termin kommt es am heutigen 2. Mai zum direkten Duell mit Stuttgart. Florian Grillitsch, 20, wird kühlen Kopf bewahren.

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