"Rapid und Austria tun zu wenig"

Norbert Darabos sitzt auf der Rapid-Tribüne, ist aber nicht mit allem zufrieden, was im Klub passiert
Norbert Darabos ist hoher politischer Funktionär und Rapid-Fan, spart aber nicht mit harter Kritik.

Nach den Krawallen beim Wiener Derby am vergangenen Sonntag äußert sich Ex-Sportminister, SPÖ-Bundesgeschäftsführer und Rapid-Kuratoriumsmitglied Norbert Darabos zur Lage. Er tut dies mutig mit klaren Worten und weiß, "dass ich mich damit bei Rapid unbeliebt mache – aber es liegt mir wirklich am Herzen."

KURIER: Wie beurteilen Sie als Fan und ehemaliger Sportminister die Diskussionen nach den Ausschreitungen im Derby?

Norbert Darabos: Ich möchte erst klarstellen, dass ich für die Fankultur eintrete. Aber es gibt Grenzen, wo sich der Spaß aufhört. Was am Sonntag passiert ist, zeigt, dass die Klubs ihre Fanprobleme nicht in den Griff kriegen.

Sowohl Rapid als auch die Austria betonen ihren großen Einsatz bei diesem Thema ...

Rapid und Austria tun zu wenig gegen diese Entwicklungen. Mir blutet das Rapid-Herz: Aber ich habe den Eindruck, dass Rapid noch nachlässiger als die Austria ist.

Was meinen Sie konkret?

Natürlich ist es schwer, nur wenige Zentimeter große Leuchtraketen und Böller zu finden. Aber ich glaube, es nicht mehr, wenn – wie es von Rapid öfters kommt – behauptet wird, man könnte die Täter leider nicht identifizieren. Vielleicht fehlt da auch der Mut für unangenehme Wahrheiten. Man geht zu oft zur Tagesordnung über.

Sie sitzen nach wie vor im Rapid-Kuratorium ...

... und ich bekam bei der Wiederwahl die wenigsten Stimmen, weil ich nach dem Platzsturm 2011 von einem "Krebsgeschwür, das entfernt werden muss" gesprochen habe. Ich bin nicht böse, aber jetzt zeigt sich: Es wurde damals nicht scharf genug auf diesen untragbaren Zustand reagiert.Es gäbe keine ähnliche Entwicklung.

Sehen Sie in der Rapid-Fanszene die größten Probleme?

Es gibt sie österreichweit. Am Sonntag ging die Eskalation von sogenannten Austria-Fans durch die Leuchtraketen aus. Zuletzt gab es unmögliche Aktionen von Sturm-Fans. Und bei den Rapid-Fans darf man auch nicht pauschalieren. Ich denke, dass die "Ultras" in den letzten Jahren viel vernünftiger geworden sind. Aber da gibt es andere Gruppierungen, die ich nicht als Fans bezeichnen will, die weder auf den Klub noch auf vernünftige Fans hören wollen. Leider hatte ich da auch persönliche Erfahrungen.

Was meinen Sie?

Ich war als Sportminister im Burgenland bei einem Cup-Spiel von Rapid. Auf dem Weg zum Auto wurde ich von Rapid-,Fans‘ eingekreist. Ich fürchte mich nicht. Aber wenn man darauf hoffen muss, dass man nicht angegriffen wird, weil das bei einem Minister "doch nicht geht", ist das bedenklich.

Welche Reaktionen fordern Sie?

Ich bin selten einer Meinung mit Peter Pilz. Aber wenn er nach seinen Eindrücken im Stadion vom Sonntag fordert, dass alle, die so etwas Unmögliches machen, wie Leuchtraketen auf Familien zu schießen, nie mehr ins Stadion dürfen, unterstütze ich das. Wo ich Probleme habe, sind stark gehobene Kartenpreise wie in England. Das widerspricht meinem sozialen Gedanken.

Das 311. Wiener Derby in Bildern

Für Großmütter (und nicht nur für sie) ist es unvorstellbar, weshalb sich Jugendliche heute nur wegen einer falschen Klubfarb’ die Köpfe einschlagen. Hatten doch die Omis und Uromas ganz andere Zeiten erlebt.

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als sich der Gegner noch Sowjetunion nannte;

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wolfgang.winheim@kurier.at

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