FIFA-Kongress: Entwarnung nach Bombendrohung

Sepp Blatter bei seiner Rede.
"Alles ist geklärt", sagt Generalsekretär Valcke nach einer anonymen Drohung.

Nach einer Bombendrohung ist der Kongress des Fußball-Weltverbands FIFA in Zürich fortgesetzt worden. Wie geplant, arbeiteten die Delegierten am Freitag im Hallenstadion nach ihrer Mittagspause die Agenda weiter ab. „Alles ist geklärt“, sagte FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke vor der Fortsetzung der Tagesordnung.

Zuvor hatte die Stadtpolizei Zürich den Eingang einer Bombendrohung gegen den FIFA-Kongress bestätigt und auf eine weitere Stellungnahme zu einem späteren Zeitpunkt verwiesen. „Eine anonyme Drohung ist eingegangen. Wir haben uns entschieden, die Räume zu evakuieren“, erklärte Valcke dazu.

Die Drohung ging demnach zur Mittagszeit ein, als ohnehin Mittagspause bei dem Kongress war. Valcke hatte die Delegierten zum sogenannten Lunch-Break bis 13.30 Uhr gebeten. Anschließend mussten entgegen sonstiger Gewohnheiten bei einem FIFA-Kongress auch alle Medienvertreter ihren Arbeitsbereich in der Halle verlassen.

Der Kongress der FIFA wird von einem Korruptionsskandal überschattet. Mehrere Fußball-Spitzenfunktionäre waren in Zürich festgenommen worden. Dennoch hielt die FIFA am Kongresstermin fest. Für den späten Freitagnachmittag ist die Wahl des FIFA-Präsidenten geplant.

Der umstrittene Amtsinhaber Joseph Blatter gilt im Duell mit Herausforderer Prinz Ali bin al-Hussein als klarer Favorit.

Schon unmittelbar nach der Eröffnung war es in der Züricher Stadthalle zu einer Protestaktion gekommen. Eine Frau mit Palästina-Flagge lief Richtung Podium, wurde aber von Sicherheitskräften gestoppt und abgeführt.

Joseph Blatter hat vor der Wahl des FIFA-Präsidenten nach altbekanntem Muster die Verantwortung für den Korruptionsskandal um den Fußball-Weltverband auf einzelne Schuldige abgewälzt. Der Schweizer forderte im Hallenstadion von Zürich angesichts des größten Bebens in der Geschichte der FIFA ein aktives Mitarbeiten der 209 Mitglieder.

"Heute rufe ich Sie zum Teamgeist auf, damit wir gemeinsam fortschreiten können. Wir sind zusammengekommen, um die Probleme anzupacken", sagte der Schweizer in seiner Begrüßungsansprache am Freitag.

Die Wahl des künftigen FIFA-Chefs wurde für den späten Nachmittag erwartet, Blatter strebt dabei seine fünfte Amtszeit an. Den jüngsten Skandal mit Festnahmen von sieben Funktionären stellte er nicht als Vergehen der FIFA dar. "Die Schuldigen, wenn sie denn als schuldig verurteilt werden, das sind Einzelpersonen, das ist nicht die gesamte Organisation", erklärte der Schweizer. Er sei bereit zu akzeptieren, dass der FIFA-Präsident für alles verantwortlich gemacht werde, diese Verantwortung müsse aber geteilt werden.

"Ich spreche da nicht von einem Zufall"

Stattdessen witterte er einen Zusammenhang des Zeitpunkts der Festnahmen mit dem Kongress. "Ich spreche da nicht von einem Zufall, ich stelle zumindest die Frage, ob es Zufall war", sagte der 79-Jährige in seiner 20-minütigen Ansprache.

Kongress-Höhepunkt ist die Wahl des Präsidenten, bei der Blatter gegen Prinz Ali bin al-Hussein weiterhin als Favorit gilt. Allerdings zeichnet sich die wohl knappste Entscheidung bei einer FIFA-Wahl ab, seitdem Blatter 1998 die Regentschaft übernahm. Offenbar wird es erstmals keine FIFA-Konföderation geben, die en bloc für einen Kandidaten stimmt. Neuseeland, Australien und die USA hatten kurzfristig bekanntgegeben, dass sie für Al-Hussein votieren wollen. Auch Tunesien scheint in diese Richtung zu tendieren.

ÖFB gegen Blatter

Zumindest die 54 Stimmen Afrikas gelten als sicher für Blatter. UEFA-Chef Michel Platini, der Blatter noch am Donnerstag in einem persönlichen Gespräch zum Rücktritt aufgefordert hatte, rechnet mit 45 oder 46 der 53 europäischen Stimmen für Al-Hussein, darunter auch jene des ÖFB.

Zuletzt arbeitete die Anti-Blatter-Fraktion aber an einem Stimmungsumschwung. UEFA-Präsident Michel Platini war unter anderem mit dem designierten FIFA-Exekutivmitglied Ahmad al Fahad al Sabah zu sehen. Der Kuwaiti hatte seinen Ruf als einflussreicher Beschaffer von Mehrheiten schon bei der Wahl von Thomas Bach zum IOC-Präsidenten unter Beweis gestellt. Schon ein zweiter Wahlgang, der nötig wäre, wenn Blatter im ersten Anlauf keine Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht, wäre zumindest ein symbolischer Erfolg für die Blatter-Gegner.

Auf Antrag der USA wurde beschlossen, dass die Wahl nicht mit dem elektronischen Wahlsystem, sondern per Stimmzettel erfolgen soll. Die FIFA rechnet mit einem ungewöhnlich langen Kongress. Die traditionelle Pressekonferenz mit dem Präsidenten wurde schon im Voraus auf Samstag (11.30 Uhr) verlegt, im Anschluss an die anberaumte Sondersitzung des FIFA-Exekutivkomitees, bei der über die künftigen WM-Startplatzquoten entschieden werden soll.

Blatter will Lösungssuche

"Die Ereignisse von Mittwoch haben einen echten Sturm ausgelöst", sagte Blatter zur Festnahme von sieben Funktionären, darunter seine Stellvertreter Jeffrey Webb und Eugenio Figueredo. "Machen wir uns an die Arbeit, bleiben wir konzentriert, keine langwierigen Diskussionen, gehen wir nach vorne, suchen wir die Lösung", sagte Blatter zu den Zukunftsaufgaben der FIFA.

Als Ursache der FIFA-Krise wertete der Schweizer die WM-Vergabe 2018 an Russland und 2022 an Katar, die auch von Schweizer Behörden untersucht wird. "Wenn zwei andere Länder aus dem Umschlag gezogen worden wären, hätten wir diese Probleme nicht", meinte Blatter.

Kurz vor dem Beginn des FIFA-Kongresses hatten vor dem Hallenstadion mehrere Dutzend Menschen lautstark für einen Ausschluss Israels aus dem Fußball-Weltverband demonstriert. Der palästinensische Verband hat für die Vollversammlung der 209 FIFA-Mitgliedsländer einen entsprechenden Antrag gestellt. Im Kongresssaal wurden zwei Frauen rasch abgeführt, die Parolen riefen und eine Palästina-Fahne schwenkten. Zudem hatten Demonstranten vor der Halle Kreuze aufgestellt, die an gestorbene Wanderarbeiter in Katar erinnern sollten.

FIFA-Kongress: Entwarnung nach Bombendrohung

Schadenfreude ist ja prinzipiell ein unsympathischer Wesenszug. Aber jeder Fußballfreund, der seit Jahrzehnten die Korruption im Weltverband FIFA verfolgte, mochte zu Recht ein wenig schmunzeln, als die Verhaftung von sieben führenden Funktionären bekannt wurde. Enges Gefängnisbett statt der gewohnten Luxussuite. Dass Sepp Blatter auf freiem Fuß blieb, war logisch. Er war stets noch schlauer als geldgierig, sollen doch die anderen die Hand aufhalten, das hat er doch nicht nötig, er hat die ganze FIFA, die ihn zum reichen Mann machte.

Ebenso unehrlich wie die Spitze des Fußballverbandes sind jetzt die Absetzbewegungen. Seit 1986, also seit fast 30 Jahren, müssen wir regelmäßig von dicken Briefkuverts lesen, die so machen Delegierten dazu bewog, für bestimmte Austragungsorte von großen Turnieren zu stimmen. Welchen Grund hätte es sonst gegeben, ein Fußballturnier im Hochsommer in einem arabischen Land auszutragen? Ja, ja, es gilt die Unschuldsvermutung, jedenfalls für alle, die an das Christkind glauben.

Und die Sponsoren – die wollen erst jetzt erfahren haben, dass sie inmitten eines korrupten Systems stecken? Wer soll das denn glauben? Sie haben doch selbst vom System Blatter profitiert, in dem es eben nur am Rande um Sport, vor allem aber ums Geschäft ging. Und der europäische Verband UEFA hat auch nicht immer nach den Regeln von Transparency International gelebt, ist also auch nur bedingt glaubwürdig. Warum haben sich die Europäer nicht längst von der FIFA verabschiedet?

Blatter muss bleiben. Denn wenn er sein Büro verlässt und seine Vergangenheit aufgearbeitet wird, dann ist der König endgültig nackt, aber nicht nur er.

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