Müller über Büskens: "Ein neuer Reiz wird guttun"

Riskant: Müller setzt auf Büskens, um Titel zu gewinnen
Rapid-Sportdirektor Andreas Müller über den Trainerwechsel von Barisic zu Büskens.

Andreas Müller ist der Mann, der das Schicksal von Ex-Trainer Zoran Barisic bei Rapid besiegelt hat.

Das darf er auch. Müller ist als Geschäftsführer Sport laut Vereinsstatuten die oberste Instanz für sportliche Belange. Der Deutsche wird dafür bezahlt, Entscheidungen zu treffen, und er ist für diese auch verantwortlich.

Als klar war, dass sein "absoluter Wunschkandidat" Mike Büskens bereit ist, Rapid zu trainieren, wurde Barisic das Ende der Zusammenarbeit nahegelegt.

KURIER: Zoran Barisic war Montagnachmittag in der KURIER-Redaktion, um seine erste EM-Kolumne zu besprechen. Beim Abschied war er voller Vorfreude auf den Trainingsstart bei Rapid. Wenige Stunden später war Barisic Ex-Trainer. Warum gibt der Verein bekannt, dass der Wunsch zur Vertragsauflösung vom Chefcoach ausging?

Andreas Müller: Wir haben schon zum Saisonende ausgemacht, dass wir die abgelaufene Saison, die Entwicklungen und die Schlüsse daraus nach dem Urlaub noch einmal besprechen werden. Man muss solche Prozesse über einen längeren Zeitraum betrachten: Wir haben uns immer ausgetauscht, da gab es auch sehr kontroverse Meinungen. Das haben wir immer intern ausdiskutiert, es war eine positive, respektvolle Diskussionskultur. Am Montag sind wir dann gemeinsam zum Schluss gekommen, es besser zu beenden.

Barisic wurde drei Mal Vizemeister, sorgte für den größten Europacup-Erfolg seit 20 Jahren und bescherte Rapid das finanziell erfolgreichste Jahr der Vereinsgeschichte. Diese Bilanz muss trotz der Rückschläge im Frühjahr nicht unbedingt zum Abschied führen. Gab es einen bestimmten Punkt, der Sie bestärkte, auf Trainersuche zu gehen?

Zoki hat Großartiges geleistet, das will ihm niemand wegnehmen! Er ist sicher ein Trainer, der immer vollste Unterstützung spüren will. Zuletzt haben sich unsere Analysen in einigen Punkten aber nicht mehr gedeckt. Auch bei den Schlüssen daraus waren wir teils unterschiedlicher Meinung. Ich bin zur Erkenntnis gekommen, dass ein neuer Reiz guttun wird. Und am Ende kann im Rückblick dieser saubere Schnitt für alle Beteiligten die beste Lösung sein. Auch wenn’s für Zoki noch schmerzvoll ist.

Barisic war schon der Cheftrainer beim Verein, als Sie gekommen sind. Jetzt übernimmt mit Mike Büskens Ihr Mann. Wenn er scheitert, werden auch Sie als gescheitert gelten. Spüren Sie diesen Druck?

Druck gibt es bei Rapid immer. Aber um das klarzustellen: Büskens ist nicht mein Freund, oder Haberer, wie das hier heißt. Wir hatten in den letzten Jahren keinen privaten Kontakt. Ich schätze einfach seine Arbeit sehr. Und ich kenne ihn sehr lange und genau – das ist jetzt auch wichtig.

Warum?

Weil es mit unseren großen Zielen keine Zeit zu verlieren gilt. Ich weiß, wie er tickt und umgekehrt. Wir müssen sofort loslegen, und das ist bei uns möglich.

Gab es andere Kandidaten?

Ich habe bei dem einen oder anderen telefonisch vorgefühlt. Aber Büskens war immer die Nr. 1. Er war mein absoluter Wunschkandidat, und es war wirklich nicht leicht, ihn zu bekommen.

Wofür steht er?

Für Werte, die heute im Fußball nicht mehr selbstverständlich sind: Disziplin, vollen Einsatz, Zusammenhalt. Büskens lebt mit viel Leidenschaft und Herz jeden Tag vor, was er erwartet. Er war damals schon als junger Trainer bei Schalke sehr gut. Mit Fürth so aufzusteigen, war eine außergewöhnliche Leistung. Und Düsseldorf – okay, da war er nicht der Erste, der dort Probleme hatte.

Büskens wird – gemessen an der Barisic-Bilanz – Titel liefern müssen.

Er weiß, worauf er sich einlässt. Er war bei Schalke, kennt kritische Fans, die sich nach Titeln sehnen. Wir gehen diese Ziele offensiv an, das betrifft die Meisterschaft genauso wie den Cup.

Was nicht zu Rapid passt, ist sein bevorzugtes 4-4-2-System. Ihr Vorgänger Schulte und Barisic haben erstmals eine Spielphilosophie für Rapid niedergeschrieben, die bis in den Nachwuchs umgesetzt wird. Sie ist ausgerichtet auf zwei Flügel und einen Mittelstürmer.

Man sollte Mike nicht auf dieses 4-4-2 festlegen. Im modernen Fußball sollen die Systeme verschwimmen, das muss variabel sein. Wir werden wieder gegen Menschenmauern anrennen, da müssen wir mehrere Varianten in petto haben. Das haben wir übrigens im Frühjahr auch schon mit Barisic besprochen. Damit wir wirklich diese Siege einfahren, die wir vergangene Saison noch leichtfertig vergeben haben.

Trotzdem, wenn Büskens länger bleiben sollte, werden währenddessen im Nachwuchs Spieler für ein System ausgebildet, das bei den Profis nicht gespielt wird. Muss die Spielphilosophie umgeschrieben werden?

Nein, das wäre Wahnsinn. Wir stehen zu unseren Grundsätzen: Büskens wird offensiv spielen lassen. Es wird weiterhin viel Ballbesitz geben. Aber der muss erfolgreicher genutzt werden.

Es fehlen der Petsos-Nachfolger und ein Stürmer. Haben Sie Abschlüsse wegen Büskens zurückgehalten?

Nein. Wir wollen diese Transfers abschließen, aber wegen der EURO lassen sich alle Zeit und spekulieren noch. Es ist ein schwieriges Transferfenster.

Bremen will Florian Kainz. Wird er Büskens überhaupt kennenlernen?

Wenn nach dem Interesse von Werder auch ein konkretes Angebot bei uns einlangt, werden wir verhandeln, aber auch fair damit umgehen. Das habe ich Florian schon im Jänner für den Sommer bei einem Angebot aus einer Top-Liga versprochen.

Kommentare