Megaflop Boghossian: Zwei Tore für 6,9 Millionen €

Huub Stevens klärt auf: Warum der teuerste Spieler der Bundesliga der teuerste Fehlgriff der Bundesliga geworden ist.

Eigentlich müsste sich Joaquin Boghossian in Salzburg auf die neue Saison vorbereiten. Doch das tut er trotz eines laufenden Vertrages bis Sommer 2014 nicht: Der teuerste Spieler der Bundesliga-Geschichte wird nie mehr für Red Bull spielen. Der Stürmer hält sich laut Salzburg derzeit in Uruguay fit. Die Zukunft des teuersten Flops der Bundesliga-Geschichte liegt wohl in Argentinien, von wo er 2010 nach Salzburg gekommen ist. Ein Wechsel zu Quilmes, einem Erstliga-Klub aus der Provinz Buenos Aires, steht im Raum. „Wir sind in Gesprächen mit Salzburg, um seinen Vertrag aufzulösen. Wenn das gelingt, dann spielt Joaquin in Argentinien nur in Quilmes “, erklärte am Mittwoch einer seiner Berater einem argentinischen Radiosender. Boghossian war zuletzt auch mit anderen argentinischen Erstligisten wie Godoy Cruz und seinem Ex-Klub Newell's Old Boys in Verbindung gebracht worden.

Janko-Nachfolger

Im Juli 2010 war Boghossian von Red Bull verpflichtet worden. Gelockt wurde er mit einem Vierjahresvertrag und einem Jahresfixgehalt von rund einer Million Euro. Er sollte Marc Janko ersetzen, der um sieben Millionen Euro an Twente Enschede verkauft worden war. Dieses Geld wurde fast komplett investiert: Von Red-Bull-Mitarbeitern bestätigte 6,9 Millionen Euro kostete der damals 23-Jährige inklusive aller Transfer-Nebenkosten vor nun drei Jahren.

Für Huub Stevens, damals Salzburgs Trainer, war der Uruguayer aber nicht erste Wahl gewesen: „Ich habe davor ein Gespräch mit Stefan Maierhofer geführt. Ich habe gesagt, nehmt den. Der kostet nicht viel, und der kann uns auch 20 Minuten helfen, wenn etwas getan werden muss“, erzählt der Niederländer in einem Gespräch mit dem KURIER: „Nicht, dass du mit ihm einen großen Spieler holst, aber du holst einen, der alles tut für die Mannschaft und möglicherweise auch mal ein Tor macht, wie er später auch bewiesen hat. Aber ihn wollten bestimmte Leute nicht.“

Für die Transfers waren im Sommer 2010 Sportchef Dietmar Beiersdorfer und sein Assistent Thomas Linke verantwortlich. „Sie kamen mit Boghossian. Ich wollte nach Argentinien fliegen und ihn mir anschauen. Aber das ging nicht, weil die Saison schon lange zu Ende war. Dann haben sie mir eine DVD gezeigt, und da habe ich gesagt: ,Puh! Ich weiß nicht.‘ Dann habe ich gehört, was er kostet. Ich habe ihnen gesagt: ,Puh! Das ist ziemlich viel.‘ Aber das Geld war vorhanden. Wir haben ja kurz zuvor Marc Janko verkauft“, erzählt Stevens weiter.

Maradona-Lob

Obwohl er laut Stevens nicht live beobachtet worden war, wurde Boghossian verpflichtet. Seine Referenzen waren allerdings durchaus bestechend: 17 Tore hatte er in der Topliga Argentiniens für den damaligen Torneo-Apertura-Vizemeister Newell’s Old Boys 2009/’10 erzielt. Er zählte zum erweiterten Teamkader Uruguays, dem mit Sebastian Abreu, Edinson Cavani, Diego Forlán und Luis Suárez vier Stürmer von Format angehörten, die dann auch bei der WM 2010 für Furore sorgten und Uruguay auf Platz 4 schossen. Dazu wurde ihm von Experten wie etwa Old-Boys-Trainer Roberto Sensini und sogar von Argentiniens Fußball-Gott Diego Maradona Klasse bescheinigt. „Ich war mir trotzdem nicht sicher. Ich habe ihn ja nur auf einer DVD gesehen“, hatte Salzburgs damaliger Trainer Bedenken gegen seine Verpflichtung.

Aber der Transfer wurde durchgezogen. Alles musste ziemlich schnell gehen. Denn die Salzburger Verantwortlichen waren unter Zeitdruck. Der Spieler-Anmeldeschluss für die dritte Runde der Champions-League-Qualifikation stand nämlich kurz bevor. Aber nicht nur dies machte Boghossian teuer, sondern auch die Tatsache, dass er keinem Verein, sondern einer Investorengruppe gehörte. Er war an die Newell's Old Boys nur verliehen gewesen. Das ist bei südamerikanischen Spielern durchaus nichts Ungewöhnliches. Dazu war Lazio Rom an einer Verpflichtung interessiert gewesen. Auch das machte ihn natürlich nicht billiger.

Schon im ersten Training wich aber die Vorfreude der Ernüchterung - auch bei den Salzburgern Verantwortlichen. „Der kann nicht laufen!“ „Der kann nicht springen!“ „Da müssen sie seinen Bruder geschickt haben!“ So lauteten die Kommentare der wenigen Kiebitze im Red-Bull-Trainingszentrum Taxham an Boghossians erstem Arbeitstag.

Der erste Eindruck sollte nicht täuschen: Nur zwei Tore in 25 Spielen schoss Boghossian. Beide erzielte er noch dazu in seinem ersten Monat in Salzburg. Schon bald wurde er nach jeder verstolperten Chance von vielen Zuschauern in der Red-Bull-Arena verhöhnt. Seine Einsätze wurden immer seltener. Zuletzt spielte er im Mai 2011 für Red Bull, zwei Minuten in einem Heimspiel gegen Ried, in denen er eine tolle Chance auf den 3:2-Siegestreffer vergab. Danach wurde er eine Saison an Nacional Montevideo und zuletzt im Frühjahr 2013 an Cercle Brügge verliehen. Weder in seiner Heimat Uruguay noch in Belgien konnte er sich durchsetzen.

Immer wieder wurde Boghossian mit Klubs in Südamerika in Verbindung gebracht. Aber die Salzburger Ablöseforderungen und das hohe Gehalt Boghossians bei Red Bull schreckten alle Interessenten ab. Im Gegensatz zu vielen anderen Salzburger Ex-Spielern wurde sein Vertrag noch immer nicht vorzeitig aufgelöst. Das versucht sein Management offensichtlich nun erneut zu erreichen.

In Salzburg wurde er für eine Intrige missbraucht: 2011 wurde ein Gerücht gestreut, dass der Boghossian-Transfer über eine niederländische Agentur gelaufen sei, die auch Stevens seit Jahren vertritt. „Das hat jemand in Umlauf gebracht, der seinen Vorteil daraus ziehen und mich in einem schlechten Licht darstellen wollte. Ich habe nichts, aber auch gar nichts mit Agenten zu tun. Ich verweise sie immer an den Verein. Ich mache keine Geschäfte“, ärgert sich der neue Trainer von PAOK Saloniki noch heute.

Schon kurz nachdem diese Gerüchte aufgetaucht waren, war dem KURIER von den damaligen Red-Bull-Verantwortlichen übrigens glaubhaft versichert worden, dass der Transfer über eine südamerikanische Agentur abgewickelt wurde. Das wurde dann auch bei Recherchen in der Managerszene mehrfach bestätigt.

Kommentare