Leicester: Unwahrscheinlicher als Elvis-Wiederkehr

Wer auf Leicester gesetzt hatte, wurde reich.
"Darum lieben wir alle Fußball", twitterte Weltfußballer Lionel Messi.

ÖFB-Teamkapitän Christian Fuchs ist im Alter von 30 Jahren erstmals Meister geworden, und auf der Insel gibt es keine zwei Meinungen: Leicesters Triumph in der Premier League werten die Beobachter als größte Sensation im englischen Klub-Fußball. Zurück bleibt der ratlose britische "Fußball-Hochadel". "Darum lieben wir alle Fußball. Gratulation", twitterte Weltfußballer Lionel Messi.

Mattersburg anstelle von Red Bull Salzburg Meister? Eibar auf Kosten von Barcelona oder Real Madrid am Ende der Saison auf Platz eins? Carpi entthront Juventus Turin? Guingamp stoppt Paris Saint-Germain? Undenkbar, im Prinzip ausgeschlossen! Leicester wirtschaftet zwar grundsätzlich in einer anderen Preisklasse als die genannten Fußballzwerge, aber im Verhältnis zur englischen Konkurrenz ist der Vergleich mit solchen Leichtgewichten zulässig.

Eine Stadt im Ausnahmezustand:

Leicester: Unwahrscheinlicher als Elvis-Wiederkehr

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Leicester: Unwahrscheinlicher als Elvis-Wiederkehr

Britain Football Soccer - Leicester City fans watc
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Leicester supporters celebrate first-ever Premier
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Leicester City fans celebrate outside the King Pow
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Football: England, Premier League
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Britain Football Soccer - Leicester City fans wit
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Thai Buddhist monk credited behind Leicester City

Im Ballungsraum der global bekanntesten und finanzkräftigsten Klubs, im wohl schwierigsten und höchstdotierten Wettbewerbsfeld der internationalen Fußballbranche, in der Liga mit dem weltweit größten TV-Geldvolumen stellte ein 1:5000-Außenseiter Giganten wie Manchester City, Manchester United, Liverpool oder Chelsea vor unlösbare Probleme. Auf eine solche Story wäre kein irdischer Drehbuchautor je gekommen. "Ich bin so glücklich und stolz, dass wir die Premier League gewonnen haben. Ein Traum ist wahr geworden", schrieb Fuchs auf Facebook. FIFA-Präsident Gianni Infantino sprach von einem "Märchen", das Realität wurde.

Der dritte Schocker in Englands Geschichte

In den vergangenen 55 Saisonen schockten zwei englische Klubs die nationale Konkurrenz in ähnlichem Stil. Ipswich Town (1961) mit Sir Alf Ramsey auf der Trainerbank und Nottingham Forest (1978) unter dem legendären Coach Brian Clough. Im Jahr der Forest-Mania wurde Karol Wojtyla als Johannes Paul II. zum Papst gewählt, in Italien wüteten die Roten Brigaden, Großbritannien trat der Europäischen Gemeinschaft bei und in Österreich regierte die SPÖ unter Bundeskanzler Bruno Kreisky mit absoluter Mehrheit.

Kurzum: Nottingham siegte in einer anderen Zeitrechnung, TV-Sequenzen aus jener Epoche wirken in der aktuellen High-Speed-Gesellschaft wie Zeitlupenaufnahmen. Namenlose Sieger gab es schon immer, aber Gewinner aus dem Nichts, die in einem hochgerüsteten und restlos technologisierten Umfeld während 36 Runden bei ausnahmslos allen Favoriten Systemausfälle provozieren, sind einzigartig.

Wenn sich BBC und Sun einig seind

Die sportliche Relevanz Leicesters war laut Papierform vor Saisonbeginn so gering, dass kein einziger Experte das Team der Abgeschobenen, Aussortierten und Unterschätzten im vergangenen Sommer für gut genug hielt, auch nur ansatzweise eine wichtige Rolle zu spielen. Der BBC-Fußballchef Phil McNulty hielt wie viele seiner Berufskollegen den Abstieg für wahrscheinlicher als einen Top-Ten-Platz.

Um die Dimension der Überraschung zu erfassen, ist womöglich ein weiterer Vergleich hilfreich: Die von Claudio Ranieri bevorzugte Startelf kostet zwölfmal weniger als jene von Manchester City - 28 Millionen Euro vs. 358 Millionen. Das Portal Sporting Intelligence und die Wirtschafts-Agentur "Bloomberg" platzierten den Hinweis, Manchester United habe während der zweijährigen Amtszeit des niederländischen Starttrainers Louis van Gaal (geschätzte 250 Millionen Pfund/umgerechnet 319,5 Mio. Euro) mehr investiert als der neue Titelträger in den gesamten 132 Jahren seiner Klub-Geschichte.

In mehreren fundierten englischen Kommentaren wurde der grandiose Coup Leicester deshalb als "eine der größten Sportgeschichten aller Zeiten" gewürdigt. Sogar die in der Regel eher zurückhaltende BBC war sich diesmal ausnahmsweise mit den Schlagzeilenproduzenten der Boulevard-Zeitung Sun einig: "Leicesters Krönung ist die großartigste Fußballgeschichte aller Zeiten!"

Beim größten englischen Wettanbieter setzten exakt 47 scheinbar Ahnungslose auf den Außenseiter, der im Verlaufe seiner Geschichte 22-mal auf- oder abgestiegen ist und erst vor sechs Jahren für weniger als 40 Millionen Pfund (51,12 Mio. Euro) den Besitzer gewechselt hatte. Selbst die Entdeckung des Monsters von Loch Ness (1:500) oder die plötzliche Wiederkehr der 1977 verstorbenen Musiklegende Elvis (1:2000) hielten die Buchmacher für wahrscheinlicher als das "blaue Wunder" in der Premier League.

"Das Beste, was im Fußball passieren kann"

Der frühere Topstürmer Alan Shearer, 1995 mit Blackburn Meister, bevor sich bis zur Sensation von Leicester ausnahmslos Teams aus London und Manchester durchsetzten, ordnete den sagenhaften Triumph der "Foxes" ebenfalls als einzigartig ein: "Was ein Team wie Leicester schaffte, es nicht nur mit den reichen und erfahrenen Giganten aufzunehmen, sondern sie zu schlagen, ist das Beste, was im Fußball passieren kann."

Robbie Savage pflichtete der Three-Lions-Ikone bei. Der Ex-Leicester-Profi glaubt sogar, dass der Sensationserfolg des Vereins aus den East Midlands nicht mehr übertroffen werden kann. Und er ist sich sicher: "Das ist ein Wendepunkt in der Geschichte der Premier League."

Irlands Teamchef Martin O'Neill, der von 1995 bis 2000 Leicester betreut hatte, kam zu einem ähnlichen Schluss. Der Verein habe nicht nur etwas Historisches erreicht, sondern jedermann etwas Hoffnung gebracht, "dass die Romantik im Fußball nicht verschwunden ist".

Für den Guardian ist es auch ein Triumph des Widerstandes - in einer weitgehend hochtechnisierten und keimfreien Fußballwelt weniger extrem finanzkräftiger Spitzenklubs, die mit Hilfe Hunderter Spezialisten und professioneller Berater "Zufallsprodukte" wie Leicester im Prinzip auf ein Minimum reduzieren wollen. "Viva Leicester!"

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