Kühbauer: "Sind noch nicht am Gipfel"

Kühbauer: "Sind noch nicht am Gipfel"
Dietmar Kühbauer vor der neuen Saison über neue Ziele, fehlende Kreativität und kluge Taktik.

Dietmar Kühbauer bleibt am Ball. Still und heimlich wurde der 41-Jährige wieder als Spieler angemeldet. In den Untiefen des burgenländischen Fußballs, beim SV Rohrbrunn (1. Klasse), wo sein Freund und Ex-Kollege Thomas Wagner Sturmspitze und Obmann in Personalunion gibt.

"Das kommt davon, wenn zwei Spaßvögel am Telefon scherzen", sagt Kühbauer. Als Trainer hat er Aufsteiger Admira in der vergangenen Saison erstmals nach 18 Jahren wieder in den Europacup geführt. Nach dem 1:1 am Donnerstag im Hinspiel in Wilna könnte der europäische Traum eine Fortsetzung finden.

KURIER: Herr Kühbauer, ist der Europacup ein Traum?
Dietmar Kühbauer: Sicherlich, aber es muss kein einmaliger sein. Wenn die Mannschaft einige Jahre zusammenbleibt, glaube ich, dass es machbar ist, langfristig oben in der Tabelle zu bleiben. Aber das ist mit der Admira nicht so leicht.

Wie lange kann man diese junge Mannschaft halten?
Richie Windbichler hat mit seiner Vertragsverlängerung ein super Zeichen gesetzt. Die Spieler merken, dass man sich auch von hier aus ins Blickfeld spielen kann. Sie schaffen es auch mittlerweile wieder von der Admira ins Nationalteam.

Warum haben Sie bei der Admira verlängert?
Das lag einzig und allein an der Mannschaft und an ihrer Entwicklung. Ich erkenne, dass wir noch nicht am Gipfel sind.

Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial?
Ein Drittel unserer Gegentore haben wir aus Standardsituationen bekommen. Das ist zu viel. Wir haben viele Treffer kassiert, aber so richtig auseinandernehmen konnte uns kein Gegner. An unserer Philosophie wird sich nichts ändern. Mir wird auch in Zukunft der Pass in die Tiefe lieber sein als der in die Breite.

Unter Ihrer Führung haben es drei junge Spieler zum Nationalteam geschafft. Zählt das für Sie vielleicht manchmal mehr als ein Platz auf oder ab in der Tabelle?
Als Siebenter in der Tabelle wirst du nicht besonders viele Teamspieler stellen. Als Trainer ist es vor allem schön, wenn es Spieler sind wie Marcel Sabitzer, mit dem ich bereits seit den Amateuren arbeite.

Wie sehen Sie seine Entwicklung?
Seine menschliche Entwicklung war wichtiger als seine sportliche. Er ist zugänglicher geworden und hat gelernt, mit Kritik umzugehen. Man darf nicht vergessen, dass er erst 18 Jahre alt ist. Deswegen wird er bei mir auch weiterhin das eine oder andere schlechtere Spiel machen dürfen.

Bei der Admira treten Sie als Jugend-Förderer auf, im Nationalteam sehen Sie den Jugendwahn eher skeptisch.
Ich glaube einfach, dass einer, der vier gute Bundesliga-Spiele gemacht hat, dem Nationalteam noch nicht entscheidend weiterhelfen kann. Bei Marcel ging es ja eher darum, dass er zwei Wochen lang das Umfeld beim Team kennenlernt. Das ist vernünftig.

Woran erkennen Sie, dass ein junger Spieler bereit ist?
Wenn er es im Training nicht bringt, wird er nicht spielen. Berücksichtigen muss man, dass ein Teenager großen Formschwankungen ausgesetzt ist. Er muss mental damit fertig werden, dass er letzte Woche noch bei den Amateuren war und nun gegen sogenannte Stars der Bundesliga antritt.

Die Wissenschaft wird im Fußball immer wichtiger. Wie ist Ihr Zugang dazu?
Den Spielern eine Niederlage 90 Minuten noch einmal vorzuführen, halte ich für wenig sinnvoll. Die Spieler sind keine Deppen, sie wissen, wann sie Fehler gemacht haben. Es geht darum, sie mit ihnen aufzuarbeiten. Dafür brauche ich kein Video.

Aber komplett darauf verzichten werden Sie nicht.
Natürlich nicht. Manche Leute glauben das aber. Die meinen, ich geh’ auf den Platz und lass’ die Spieler gegen die Latte schießen. Klar mach’ ich auch einfache Übungen. Weil sie wichtig sind. Ich mag den einfachen Fußball. Wir haben letzte Saison 59 Tore erzielt. Die schießt man nicht ohne Plan.

Was kann ein Trainer von der EM mitnehmen?
Dass die Top-Spieler nicht nur begabt sind, sondern auch intelligent. Die Auffassungsgabe der Spanier ist phänomenal. Das kann man ein bisschen antrainieren. Aber man erlebt immer wieder Spieler, die unabhängig vom Trainingsaufwand in ihr altes Muster fallen.

Das Kollektiv wird immer wichtiger, und doch sind es Ausnahmeerscheinungen, die den Unterschied machen. Wie passt das zusammen?
Eine funktionierende Mannschaft ist wichtig. Aber keine Taktik dieser Welt kann einen fehlenden kreativen Geist wettmachen. Die Probleme beginnen bei uns in der Jugend.

Inwiefern?
Die Kinder müssen defensiv verschieben, anstatt ein Dribbling zu üben. Wenn aber einer mit 15 Jahren kein Dribbling kann, kann er es auch mit 25 nicht.

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