"Jedem war klar, was mit mir passieren würde"

Verzweiflung pur: Josef Hickersbergers Nerven wurden strapaziert.
2006 gewann Österreich in Vaduz 2:1, Josef Hickersberger blieb Teamchef.

7. Oktober 2006, ein Samstag, es ist nach Mitternacht im Hotel Montafoner Hof in Tschagguns. Die österreichischen Nationalteamspieler wagen an der Hotelbar einen tiefen Blick ins Glas. Sie trinken sich kollektiv bis in die Morgenstunden den Druck und die Anspannung von der Kickerseele.

Medienvertreter sind im Teamquartier unerwünscht. Als sich dennoch ein Journalist nicht ganz unabsichtlich in die Hotel-Lobby verirrt und mit den Spielern sprechen möchte, wird er von diesen nachdrücklich vor die Tür gesetzt. Das Team möchte unter sich bleiben, eine Einheit sein auf dem steinigen Weg bis zur Heim-EURO 2008.

Spätes Glück

"Jedem war klar, was mit mir passieren würde"
epa00835121 Austria's scorer Gyoergy Garics (R) and Thomas Prager celebrate during the friendly soccer match Austria vs Liechtenstein in the Rheinpark stadium in Vaduz, Liechtenstein on Friday 06 October 2006. EPA/EDDY RISCH KEYSTONE/EDDY RISCH
Wenige Stunden zuvor war man einer historischen Pleite entgangen. Durch Tore von Garics und Prager in der Schlussviertelstunde drehte Österreich ein grausames Testspiel in Vaduz gegen Liechtenstein und gewann doch noch 2:1. Damit retteten die Spieler Teamchef Josef Hickersberger den Job. Der hat Einzelheiten von damals aus seiner Erinnerung gestrichen. Zu seinem eigenen Wohlergehen.

"Jedem war klar, was mit mir passieren würde, wenn wir dieses Spiel nicht gewinnen." Liechtenstein ging durch den damaligen Siena-Legionär Mario Frick in Führung. "Der war gefährlich und mit Abstand der Beste seines Teams", erinnert sich Goalie Jürgen Macho, der das Spiel von der Bank aus sah (es spielte Helge Payer). "Es ist eine riesige Last von uns abgefallen. Hätten wir verloren, wären wir die Dodeln der Nation gewesen und hätten wohl privat von dort abreisen können", sagt Jürgen Macho. Heute kann er darüber lachen.

Die Österreicher waren motorisch lange Zeit nicht in der Lage, dem vermeintlichen Fußballzwerg Paroli zu bieten. Das hatte einen guten Grund: In der Woche vor dem Spiel hatte das Team erstmals mit Fitness-Guru Roger Spry trainiert – und war dessen Übungen nicht gewohnt. Die Folge: Die Spieler klagten über Muskelkater und konnten sich kaum bewegen.

Kritische Phase

"Die Situation war extrem angespannt. Es war keine besonders angenehme Zeit damals", sagt Hickersberger, der sich doch noch erinnern kann: "Wir haben uns damals in Vaduz sehr, sehr schwer getan." Historische Pleiten waren für Hickersberger schon damals nichts Neues. Schlag’ nach bei Färöer. "Aber es gab für mich doch einen Unterschied: Gegen die Färöer wusste ich 20 Minuten vor dem Ende, dass wir kein Tor erzielen würden. Selbst wenn wir noch Tage oder Wochen weiterspielen würden. In Liechtenstein war das anders. Da hatte ich das Gefühl, dass noch etwas passieren würde." Und so kam es auch.

Macho glaubt an einen Sieg am Freitag und an eine erfolgreiche Qualifikation für die EM 2016 in Frankreich. "In Liechtenstein müssen wir gewinnen, ganz egal, wie. Ich bin guter Dinge, dass es mit der Qualifikation klappt. Außerdem möchte ich nächstes Jahr nach Frankreich fahren und mir die Österreich-Spiele anschauen."

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