Angerschmid: Cheftrainer und keine Notlösung

APA12814102-2 - 19052013 - GRAZ - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT SI - Ried-Trainer Michael Angerschmid während der tipp3-Bundesliga-Begegnung zwischen SK Puntigamer Sturm Graz und SV Josko Ried am Sonntag, 19. Mai 2013, in Graz. APA-FOTO: ERWIN SCHERIAU
Der Ried-Coach über die Vor- und Nachteile, beim Verein als Urgestein zu gelten.

Wenn ein Mensch unbedingt als Inventar bezeichnet werden muss, dann sieht er aus wie Michael Angerschmid. Seine Vereinstreue in Zahlen: Der 39-Jährige spielte 14 Jahre für die SV Ried, war danach vier Jahre Co-Trainer und ist seit Weihnachten 2012 Chefcoach beim Klub.

KURIER:Sie sind bei diesem Verein aufgewachsen. Ein Vorteil, oder doch eine Belastung, weil Sie als Billiglösung gehandelt werden?
Michael Angerschmid:
Es stimmt, ich kenne die handelnden Personen seit Jahren, viele Spieler habe ich schon als Amateurtrainer betreut. Das ist ein Vorteil. Aber es gibt auch Leute, bei denen bist du die Notlösung. Die glauben, du bist zu weich und hast zu wenig Autorität, bist keiner, der die Mannschaft täglich betonieren kann. So wird halt oft der Trainerjob gesehen. Das ist nicht meine Philosophie.

Sondern?
Ja, ich bin ehrgeizig, aber zu den Spielern loyal und eher der Kumpeltyp. Ich will von den Spielern etwas erfahren und bin keiner, der hinter sich die Tür zumacht. Wenn etwas nicht passt, kann ich aber auch ziemlich grantig werden.

Wenn nämlich was passiert?
Mich bringt auf die Palme, wenn Spieler verweigern, was man permanent predigt. Aber das ist selten. Wir haben sehr viele junge Spieler, die noch gerne zuhören.

Angerschmid: Cheftrainer und keine Notlösung
In der ersten Runde der T-Mobile Bundesliga spielt heute, am 9. Juli 2002, in Wien Austria gegen Ried. UBZ den Austrianer Thomas Floegel (L) und den Riedspieler Michael Angerschmid im Kampf um den Ball. REUTERS/Robert Zolles REUTERS
Wieder vertraut Ried auf eine junge Mannschaft und viele neue Spieler. Kein Risiko?
Wir haben fünf U-21-Nationalspieler, acht Spieler stammen aus der eigenen Akademie. Dabei wollten wir die Mannschaft etwas reifer machen und haben uns beispielsweise um die Verpflichtung Petr Hlinkas bemüht. Das hat sich zerschlagen, und wir sind im Durchschnitt noch jünger geworden. Bei einem Testspiel hatten wir ein Durchschnitts- alter von 22,4 Jahren. Es ist vielleicht leichter, sich mit vielen jungen als mit vielen älteren Speilern ständig weiterzuentwickeln.

Wie hat es ein so kleiner Verein geschafft, in der Bundesliga als praktisch unabsteigbar zu gelten?
Spieler werden immer wieder von Managern angeboten. Aber Verstärkungen werden bei uns gezielt gesucht, genau beobachtet und bei den Entscheidungen reden nicht fünf, sechs Leute, mit, sondern sie geschehen im sehr engen Kreis. Eine Strategie, die seit Jahren funktioniert. Bei unseren bescheidenen finanziellen Mitteln kann man sich nicht viele Fehlgriffe erlauben.

Sie waren als Spieler ein Beißer, der eher für das Toreverhindern da war. Färbt das auf die Einstellung als Trainer ab?
Überhaupt nicht. Ich würde sagen, ich bevorzuge die offensive Spielweise. Da darf auch ein wenig Risiko dabei sein. In der letzten Saison haben wir in einer Phase viele Tore geschossen, aber viel zu viele gekriegt. Dieses Verhältnis muss sich natürlich auch ändern. Wir schießen halt drei und kriegen zwei. Das passt. Mit welchem System, werden wir noch genau herausfinden.

Sie rücken als Cheftrainer jetzt immer mehr ins Rampenlicht. Wie gehen Sie damit um?
Na ja, als Spieler Michael Angerschmid hab’ ich medial nicht unbedingt viel zu tun gehabt. Ich geb’ zu, die Umstellung war anfangs schon gewöhnungsbedürftig. Es ist schlagartig viel mehr geworden. Und mittlerweile hab’ ich mich darauf eingestellt. Ehrlich, es taugt mir jetzt sogar richtig, zu Interviews zu gehen. Das war auch so ein Lernprozess.

Den Verdacht, am Saisonbeginn grundsätzlich zum Kreis potenzieller Abstiegskandidaten zu zählen, hat die SV Ried längst abgelegt. In der ersten Tabellenhälfte bleibt die Luft aber dünn, immerhin wurden im Sommer neun Spieler abgegeben. Der Kader wurde runderneuert, ist jung und frei von Routine. Dennoch:

KURIER-Prognose: Platz 5

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