Der Ober-Bayer betritt die Wies'n

epa03757640 Bayern Munich's new Spanish head coach Josep 'Pep' Guardiola attends a press conference for his presentation as new coach of the German Bundesliga side in Munich, Germany, 24 June 2013. EPA/PETER KNEFFEL
Pep Guardiola präsentierte sich in München sympathisch, bodenständig und wortgewandt.

Mit einem Schlag wird es ruhig im aufgewühlten Bauch der Allianz-Arena. Eben hatte es noch hektisch rumort und wild gepoltert im rappelvollen Mediensaal, aber jetzt, eine Minute vor zwölf, ist der kollektive Hype, der in den letzten Tagen vor der offiziellen Präsentation des neuen Bayern-Trainers zu einer regelrechten Hysterie angewachsen war, einer allgemeinen Neugier gewichen.

Wie wird er sich wohl präsentieren? Was wird er alles verkünden? Und vor allem: Wie wird er aussehen? Trägt Josep „Pep“ Guardiola an seinem ersten Arbeitstag beim FC Bayern gar Lederhose?

Der Ober-Bayer betritt die Wies'n
epa03757625 Bayern Munich's new Spanish head coach Josep 'Pep' Guardiola (back C) is flanked by Bayern Munich's (L-R) Media Director Markus Hoerwick, President Uli Hoeness, CEO Karl-Heinz Rummenigge and Sporting Director Matthias Sammer during a press conference for Guardiola's presentation as new coach of the German Bundesliga side in Munich, Germany, 24 June 2013. The slogan in background reads 'Welcome, Pep!'. EPA/PETER KNEFFEL
Das sind die Fragen, die den 250 Journalisten – der große FC Bayern feierte die größte Pressekonferenz der Klubgeschichte – in diesem kurzen Moment der Stille so durch den Kopf gehen, während sie die kleine weiße Tür neben dem Podium keine Hundertstelsekunde aus den Augen lassen. Hier muss er jetzt also durch: Der Hauptdarsteller kommt durch den Nebeneingang.
Ziemlich nervös

Trubel

Als dann kurz nach zwölf die Tür aufgeht, ist es vorbei mit der Beschaulichkeit. Für mehrere Sekunden ist der neue Trainer des FC Bayern gar nicht richtig auszumachen in diesem riesigen Haufen an Reportern, die Kameras und Objektive haben den 42-Jährigen schlichtweg verschluckt. Kein Wunder, dass angesichts dieses Tamtams selbst der Ekstase-erprobte Pep Guardiola später zugeben sollte: „Ich war richtig nervös.“

Vorher sollte der Katalane aber noch andere Worte an die neugierige Öffentlichkeit richten. „Guten Tag, grüß Gott, meine Damen und Herren. Verzeihen Sie mir mein Deutsch“, verkündete der Katalane, der das letzte Jahr in den USA verbracht hatte, verblüffend redegewandt und entschuldigte sich gleich vorweg für sprachliche Hoppalas: „New York ist leider kein optimaler Ort, um Deutsch zu lernen.“ Dabei spricht er bereits jetzt besser Deutsch als Giovanni Trapattoni zu seinen besten Zeiten.

Ziemlich spanisch

Der Ober-Bayer betritt die Wies'n
Pep Guardiola, the new soccer coach of Bayern Munich attends a news conference in Munich June 24, 2013. Guardiola, 42, agreed to a three-year deal with Bayern at the start of the year. He stepped down as Barcelona coach at the end of last term after leading Spain's La Liga club, where he began his career as a player, to 14 trophies in four years, including two Champions League crowns and three Spanish league titles in a row. REUTERS/Michaela Rehle (GERMANY - Tags: SPORT SOCCER)
Es war nur auf den ersten Blick ein kühler Empfang, der Pep Guardiola bei den Bayern bereitet wurde. Draußen präsentierte sich München wie im Spätherbst: elf Grad über null, Regen, Wind. Ein Sommerwetter, das der Katalane bisher wohl nur vom Hörensagen kannte, aber drinnen in der Allianz-Arena kam einem bei der Präsentation vieles ziemlich spanisch vor.

Die Bayern servierten Schinken aus Serrano und Crema Catalana, und damit ja auch der letzte der 250 internationalen Reporter begreift, welcher Transfer-Coup dem Triple-Sieger da gelungen ist, wurde noch ein Video über das erfolgreiche Trainerleben von Guardiola eingespielt. „Er ist nicht nur dem FC Bayern eine Bereicherung, Pep Guardiola bereichert den ganzen deutschen Fußball“, sagt Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge.

So großes Lob und so viele Vorschusslorbeeren machten den neuen Star dann fast ein wenig verlegen: „Die Fans kommen immer wegen der Spieler, wegen der Mannschaft ins Stadion. Nicht wegen eines Trainers.“

Überhaupt präsentierte sich der erfolgreichste Fußball-Trainer der letzten Jahre voller Demut und ganz ohne Allüren. Bei seinen Statements war oft von Stolz und Glück die Rede. Der Stolz, bei diesem Verein arbeiten zu dürfen, wie Pep Guardiola mehrfach versicherte. Und das Glück, überhaupt die Chance erhalten zu haben, bei den Bayern Trainer zu sein: „Bei diesem berühmten Verein Trainer zu sein, das ist ein Geschenk.“ Damit unterscheidet er sich grundlegend von so manchem seiner Vorgänger. Der Niederländer Louis van Gaal hatte den Bayern-Bossen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge seinerzeit gar erklärt: „Die Bayern müssen froh sein, dass ich hier bin.“

Hype

Eine Stunde stand Pep Guardiola an seinem ersten Arbeitstag in München den internationalen Reportern, die sogar aus Katar, Japan und den USA eingeflogen waren, Rede und Antwort. Dann noch ein letztes Fotoshooting – und verschwunden war er wieder.

Bis zum nächsten offiziellen Termin, bis zur nächsten Massenhysterie: Für das erste Training am Mittwoch werden 25.000 Fans erwartet.

Übrigens: Pep Guardiola, der viel Wert auf Stil und Mode legt, verzichtete auf die traditionelle Lederhose. Das hat Zeit bis zum Oktoberfest.

Wenn er einmal nicht weiter wusste, dann blickte Pep Guardiola artig zu seinen Vorgesetzten Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, die neben ihm auf dem Podium Platz genommen hatten und den Moment sichtlich genossen. „Neue Spieler? Da müssen Sie bitte die anderen Herren fragen“, erklärte der neue Bayern-Coach. „Aber wenn ein Klub in einer Saison alle Titel gewinnt, muss man eigentlich nicht viel wechseln.“

Bevor er wirklich Spielerwünsche äußert, die ihm die Bayern-Bosse auch erfüllen werden, will sich Pep Guardiola erst ein genaues Bild von seiner Mannschaft machen. „Ich habe in den USA am Wochenende immer die Spiele der Bayern angesehen, aber mir ist wichtig, dass ich die Spieler im Training sehe, dass ich mich mit ihnen unterhalten kann.“

Sprach’s und bat die Reporter, Fans und die Öffentlichkeit gleich um ein wenig Geduld. „Ich brauche sicher noch ein bisschen Zeit, bis ich die Sprache und die Liga richtig beherrsche. Das Spielsystem ist im Fußball eigentlich egal. Ich muss mich an die Spieler anpassen, und nicht umgekehrt.“

Schweres Erbe

Deshalb will Guardiola in den nächsten Tagen auch den Kontakt zu Jupp Heynckes suchen, seinem erfolgreichen Vorgänger, der ihm eine hervorragende Mannschaft, aber auch ein schweres Erbe hinterlassen hat. „Mit diesem Druck kann und muss ich leben. Das gehört zu einem Verein wie den Bayern. Ich kann mich hier nicht beschweren.“

Seine Familie – Guardiola hat drei Kinder – bittet er jetzt schon einmal um Verständnis: Nach einem Jahr Auszeit will sich der Coach in die Arbeit stürzen. „Ich werde im nächsten halben Jahr wohl hauptsächlich an der Säbener Straße leben und wenig Freizeit haben. Aber das ist eine Herausforderung.

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