Der Boom um Alaba und seine Mitstreiter

Das Nationalteam hat sich zu einem Publikumsmagnet entwickelt.
Ein Länderspiel-Jahr mit nur sieben Spielen beginnt am Freitag. Und soll im Herbst mit der EM-Quali gekrönt werden.

Die EM im eigenen Land ist längst Geschichte. Sieben Jahre sind mittlerweile in dieses Land gegangen. Was sich verändert hat? Österreichs Nationalteam ist drauf und dran, sich erstmals nicht als Veranstalter, sondern aus eigener fußballerischer Kraft für eine EM zu qualifizieren. Das ist sicherlich der Hauptgrund für ausverkaufte Stadien, ein Millionenpublikum vor den Fernsehern und den Hype für ein wiederentdecktes Heldentum.

Seit etwas mehr als drei Jahren ist Marcel Koller Teamchef. Die österreichische Fußball-Auswahl liegt den Fans am Herzen unter dem zurückhaltenden Schweizer. Unaufhaltsam heftig wurde die Liebesbeziehung. David Alaba, noch keine 23 Jahre alt, hat sich bei Bayern München zum Star und zum Liebkind der Massen entwickelt. Auch wenn er zuletzt verletzt gefehlt hat, haben sich seine Kollegen mit dem Sieg gegen Russland und dem tapferen Auftreten gegen Brasilien gut geschlagen. Trotzdem, der Wiener ist Gesicht und Hoffnungsträger einer neuen Generation.

Am Freitag steht das erste Länderspiel des Jahres auf dem Programm: Österreich tritt in der EM-Qualifikation in Liechtenstein an. Der ÖFB bekam vom Liechtensteiner Verband für das Spiel in Vaduz 1712 Karten – die waren im Oktober binnen kürzester Zeit verkauft.

Den Hype bemerken auch die Spieler. Teamkapitän Christian Fuchs: "Als Nationalspieler habe ich so etwas noch nie gespürt. Und das, obwohl der letzte Erfolg noch fehlt: Wir müssen noch die EM-Qualifikation fixieren."

Der Club der Freunde der Nationalmannschaft ist für 2015 schon lange ausverkauft. Wer Mitglied werden will, muss auf eine Warteliste, damit er 3000 Euro für die Jahresmitgliedschaft zahlen darf. Die Freunde der Nationalmannschaft beschränken sich dabei nicht nur auf einen exklusiven Zirkel, sondern sind bundesweiter Trend.

Pluspunkte

Zuschauer im Stadion: Binnen eines Jahres kamen fast 5000 Zuschauer mehr zu jedem Heimspiel. 37.417 Zuschauer waren im Schnitt 2014 bei den Heimspielen gegen Uruguay, Island, Russland, Schweden, Montenegro und Brasilien im Stadion. Zum Vergleich: 2010 waren es lediglich 19.450. Das beste Jahr war 2008 mit drei EM-Spielen im Wiener Prater samt Zusatztribünen – durchschnittlich 39.187 pro Partie.

Zuschauer im Wohnzimmer: Auch die durchschnittlichen TV-Quoten zeigen, dass das Team auf dem besten Weg ist, die Zeiten der Heim-EM 2008 zu überbieten (973.265). Im letzten Jahr sahen im Schnitt 920.000 Menschen jedes Spiel im TV, drei Mal wurde die Million überboten (gegen Schweden, Russland und Brasilien).

Klicks im Internet: Auf Facebook hat "Das Nationalteam" 127.455 Likes, das sind fast doppelt so viele wie vor einem Jahr.

Steigender Werbewert: Mehr Menschen im Stadion, mehr Menschen vor den TV-Schirmen, mehr Geschichten in den Zeitungen, mehr Bilder im Internet: Für das Jahr 2014 wurde ein Werbewert von 64,1 Millionen Euro errechnet.

Sponsoren alt und neu: Der neue Team-Boom bringt auch Geld in die Kassa des ÖFB, der im Jahr mit einer Summe von 27 Millionen Euro wirtschaftet. Generaldirektor Alfred Ludwig: "Wir haben in 26 Sponsorengesprächen nur eine Absage erhalten." Unter den 25 ÖFB-Partnern sind mit den ÖBB, der AUA, Sports Direct, Eat the Ball und T-Mobile fünf neue Sponsoren. Und Treue hat bei den Geldgebern Tradition: 40 Jahre ist Puma Partner, seit 1997 das Burgenland, seit mehr als zehn Jahren Raiffeisen.

EM-Chance: Die EM wäre nicht nur sportlich ein Highlight. Ludwig: "Wenn wir uns qualifizieren, kalkulieren wir 2016 als normales Wirtschaftsjahr. Es gibt dann ein Sonderbudget auch aufgrund von Prämien aus den Verträgen." Die EM wird aber so teuer wie noch nie: Zwischen 20.000 und 70.000 Euro kosten die UEFA-Hotels pro Tag – aber wenigstens mit Frühstück. Ludwig: "Da wird einem schwindlig. Billig wird das nicht, auch die Inlandsflüge in Frankreich müssen die Verbände selbst bezahlen. Aber bis jetzt hat eine Endrunde immer etwas gebracht."

Minuspunkte

Das Länderspieljahr 2015: Österreich hat nur vier Heimspiele. In der EM-Qualifikation kommen Moldawien und Liechtenstein nach Wien – sogar dafür wurden schon 30.000 Doppel-Abos verkauft. Bosnien ist Testgegner – trotzdem sind schon 42.000 Tickets weg. Im November ist offen, ob man Relegation für ein EM-Ticket spielen muss/darf oder einen Testgegner einladen darf/muss. Ludwig: "Ich gehe davon aus, dass 2015 kein Rekordjahr wird. Einen Rekord erwarte ich mir 2016." Sollte sich das Team qualifizieren, würde das keinen Einfluss auf das Budget haben. Ludwig: "Die Prämien für die EM-Teilnahme sind zurückgelegt."

Fanartikel: Lediglich etwas mehr als ein Prozent des ÖFB-Budgets, 350.000 Euro, kommen derzeit durch Merchandising herein, was Ludwig nicht zufriedenstellt. 350.000 Euro investiert der ÖFB ins Internet, auf einer neuen Homepage soll es auch einen Webshop für Fanartikel geben. Ludwig: "Das sollte funktionieren, wenn wir bei der EM dabei sind."

Werbung: Die Möglichkeiten der nationalen Fußballverbände sind sehr eingeschränkt. Ludwig: "Wir dürfen nicht mit Werbung spielen, sondern nur trainieren. Unsere Termine für Sponsoren sind eng, da haben die Vereine mehr Zeit." Ab heuer muss mit dem EURO-Ball gespielt werden und nicht mehr mit dem Spielgerät von ÖFB-Sponsor Puma. Die Österreicher sind zusammen mit Ländern wie Belgien oder Dänemark Befürworter, auch auf den Teamdressen werben zu dürfen.

Seit dem 6. März ist der Wiener Aleksandar Dragovic 24 Jahre alt. 2009 gab der Verteidiger von Dynamo Kiew sein Debüt, er hat schon 35 Länderspiele absolviert.

KURIER: Spürt man, dass sich beim Zuspruch für das Nationalteam etwas geändert hat?
Aleksandar Dragovic:
Ja, definitiv. Wir werden auf der Straße viel häufiger angesprochen, jeder klopft dir auf die Schulter und wünscht dir, dass es so weitergeht. Die Stimmung ist extrem positiv, und was sich bei Heimspielen im Stadion abspielt, ist der Wahnsinn. Die Leute wünschen sich, dass wir es schaffen. Das spürt man, und das pusht gewaltig. Damit haben wir aber viel Verantwortung, wir wollen niemanden enttäuschen, am wenigsten uns selber. Wir wissen, dass wir eine gute Ausgangsposition haben, aber es ist klar, dass wir noch nichts erreicht haben.

Wie weit hat das mit dem Teamchef zu tun?
Sicherlich viel, er gibt schließlich die Linie vor. Der Erfolg spricht ganz klar für ihn und das Betreuerteam.

Wie weit hat das mit David Alaba zu tun?
David ist ein sehr wichtiger Spieler, keine Frage. Er übernimmt Verantwortung und kann Spiele entscheiden. Solche Typen sind für jede Mannschaft wichtig. Aber am Ende des Tages entscheidet das Kollektiv, du darfst nicht von Einzelnen abhängig sein.

Wie weit hat das damit zu tun, wie das Team auftritt?
Wir werden reifer, lernen dazu und halten zusammen – ich denke schon, dass man das merkt, und zwar auf dem Platz und abseits davon.

Was ist mit dem Teamgeist?
Wir kennen uns fast alle aus der Jugend, sind sicherlich noch enger zusammengerückt und haben uns zu einer eingeschworenen und sehr geilen Truppe entwickelt. Jeder freut sich, wenn er zum Team kommt, jeder kniet sich rein und jeder will diese Qualifikation unbedingt schaffen. Das spürt man ganz deutlich.

Hätte alles kippen können, wenn man gegen Moldawien verloren hätte?
Sicher wäre es schwieriger geworden, aber wir haben drei Punkte eingefahren – und nur das zählt.

Wird die Stimmung kippen, wenn man gegen Liechtenstein verliert?
Solche Gedanken mache ich mir nicht. Ich denke vor keinem Spiel an eine Niederlage, was nicht heißen soll, dass es mir an Respekt vor dem Gegner mangelt.

Der Boom um Alaba und seine Mitstreiter

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