Blatter: "Hätte nach WM 2014 zurücktreten sollen"

„Ich habe gedacht, das ist ein Aprilscherz. Vielleicht hat sich da jemand einen Spaß erlaubt“, sagte Beckenbauer, als der Weltverband ihn während der WM 2014 wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen den Ethik-Code für 90 Tage aus demVerkehr zog. ZweiWochen später wurde die Sperre in der geliebten Fußball-Familie aufgehoben.
Fünf von sechs Kontinentalverbänden hätten ihn angefleht zu bleiben. Scharfe Attacken gegen Platini.

FIFA-Präsident Joseph Blatter hat im Wahlkampf um seine Nachfolge UEFA-Boss Michel Platini scharf attackiert. "Mindestens 140 Verbände können ohne die FIFA nicht überleben. Und diese Leute wollen jemanden, der mit der gleichen Idee vorangeht, dass der Weltfußball nicht nur die Champions League ist", sagte Blatter in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der russischen Staatsagentur Tass.

"Ich denke, die meisten Kandidaten wollen das auch so, mit Ausnahme von Platini", bezog Blatter klar Position gegen Platini, obwohl er derzeit 90 Tage lang für alle Tätigkeiten im Fußball gesperrt ist - pikanterweise wegen einer dubiosen Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken an den ebenfalls suspendierten UEFA-Präsidenten aus dem Jahr 2011. "Die Ethikkommission verfolgt grundsätzlich die Berichte in der Presse mit Interesse", teilte ein Sprecher der Untersuchungskammer auf Anfrage generell mit.

Tiefe Abneigung

Blatters vielleicht letztes Ziel in seiner am 26. Februar zu Ende gehenden Präsidentschaft ist offensichtlich, Platini als seinen Nachfolger zu verhindern. Das Verhältnis der beiden wichtigsten Fußball-Funktionäre basiert nur noch auf tiefer Abneigung. Der Franzose habe den FIFA-Skandal provoziert, behauptete Blatter. "Von Anfang an war ich das Ziel der Attacken. Und arrangiert hat das alles Michel Platini. Es ist etwas Persönliches." Er selbst sei beurlaubt worden, weil die Presse und "diejenigen, die meinen Platz einnehmen wollen", Druck ausgeübt hätten, sagte Blatter mit Blick auf Platini.

Der 79-jährige Schweizer betonte, es sei wichtig für sein Erbe, dass sein Nachfolger die Entwicklung des Fußballs vorantreibe. Das könne auch nicht der ebenfalls zur Wahl stehende UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino. "Falls Infantino zur Wahl antritt, hat Europa keine Chance. Die Mehrheit der Verbände mag ihn nicht."

Im Kampf um die Blatter-Nachfolge ist einer von acht Bewerbern bereits aus dem Rennen. Das Ad-hoc-Wahlkomitee des Weltverbandes verweigerte der Kandidatur des früheren Profis David Nakhid aus Trinidad und Tobago die Anerkennung, teilte die FIFA am Mittwoch mit.

Die Kandidaten mussten die Unterstützung von mindestens fünf FIFA-Mitgliedsverbänden nachweisen. Nakhid sei nicht zugelassen worden, weil er die Stimme eines Verbands eingebracht habe, der auch einen weiteren Bewerber unterstützt. Dies ist laut Regularien nicht erlaubt.

Die Bewerbungen - neben Platini und Infantino haben sich auch der jordanische Prinz Ali bin al-Hussein, Musa Bility aus Liberia, der Franzose Jerome Champagne, der asiatische Verbandschef Scheich bin Ibrahim Al Chalifa und Tokyo Sexwale aus Südafrika beworben - werden nun vom Ad-hoc-Wahlkomitee beurteilt. Das Gremium entscheidet, ob ein Kandidat zur Wahl am 26. Februar 2016 zugelassen wird.

"Wurde angefleht zu bleiben"

Blatters größter Wunsch ist es, nach seiner Suspendierung ins Amt zurückzukehren und den außerordentlichen Wahl-Kongress im Februar zu leiten. Er bedauerte, dass er nicht im Sommer 2014 zurückgetreten sei. "Ich hätte den Mut aufbringen und mich nach der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien zurückziehen sollen. Aber mich haben fünf der sechs Kontinentalverbände angefleht zu bleiben (...). Sie hatten Angst, dass jemand aus Europa an die Macht kommt und die UEFA dann den gesamten Weltfußball kontrolliert."

Zur umstrittenen FIFA-Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken (1,84 Mio. Euro) an Platini betonte Blatter erneut, der Franzose habe das Geld für seine Arbeit für den Weltverband zwischen 1999 und 2002 erhalten. Die von Platini geforderte Summe von einer Million Franken pro Jahr sei aber damals für die FIFA "unerschwinglich" gewesen. Deshalb habe man sich darauf geeinigt, das Geld zu zahlen, sobald die FIFA über die Mittel verfüge.

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