Machtkampf im Machtverband

Machtkampf im Machtverband
Der Bericht über die Vergabe der WM-Endrunden sorgt auch innerhalb der FIFA für böses Blut.

Reinwaschen wollte sich der Fußball-Weltverband FIFA. Die weiße Weste behalten. Mit dem (für sich selbst positiven) Urteil zu den WM-Vergaben an Russland und Katar stellte sich die FIFA zu demonstrativ ins rechte Licht.

Kritiken aus aller Welt, Misstrauenskundgebungen von hohen Funktionären und ehemaligen FIFA-Granden bezeugen dies. "Sogar ein Kind würde verstehen, dass da etwas nicht stimmt", schrieb die Gazzetta dello Sport. Die Weltpresse schreibt wieder einmal von "dunklen Machenschaften" und jetzt sogar von "Bürgerkrieg" im Weltverband. Daily Mail wiederum: "Die FIFA ist krank und korrupt."

Und vor allem innerhalb ihres Verbandes nicht mehr einig, ein interner Machtkampf beginnt.

Vorgeschichte

Der am Donnerstag veröffentlichte Bericht der unabhängigen Ethikkommission hatte der FIFA attestiert, dass es keine gravierenden Verstöße im Zuge der WM-Vergaben 2018 an Russland und 2022 an Katar gegeben hatte. Das behauptet zumindest der Deutsche Joachim Eckert, der Vorsitzende der rechtsprechenden Kammer der unabhängigen FIFA-Ethikkommission, in seinem 42 Seiten umfassenden Bericht . Jedoch: Grundlage dieser ist ein 350-seitiger (!) Untersuchungsbericht des ehemaligen US-Staatsanwalts Michael Garcia, der Einspruch erhebt. "Der veröffentlichte Bericht enthält zahlreiche unvollständige und fehlerhafte Darstellungen der Tatsachen und Schlussfolgerungen", sagt der FIFA-Chefermittler, dessen Aufgabe es war, zwei Jahre zu recherchieren, ob Katar oder andere Bewerber beim Rennen um die WM-Endrunde geschmiert hatten.

Selbst FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke ist enttäuscht über den Disput. "Es ist traurig, dass die beiden Vorsitzenden unserer Ethikkommission unterschiedliche Meinungen haben, wenn wir über solch wichtige Dinge im Fußball reden."

Die Hauptdarsteller

Zwei Meinungen, zwei völlig unterschiedliche Typen. Der eine ein typischer Paragrafenreiter, der bisher den dunkle Machenschaften in der FIFA hilflos gegenüberstand, der andere ein Amerikaner, der gerne Michele Placido ("Allein gegen die Mafia") spielt und gnadenlos die Wahrheit aufdecken will.

Der ehemalige FIFA-Reformbeauftragte Mark Pieth fordert nun erneut die komplette Veröffentlichung des Untersuchungsberichts. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bringt er die Sachlage auf den Punkt: "Genau der Konflikt zwischen Herrn Eckert und Michael Garcia zeigt doch jetzt, dass der Untersuchungsbericht mit den Ermittlungsergebnissen zu den verdächtigen WM-Vergaben längst hätte veröffentlicht werden müssen oder jetzt schnellstens veröffentlicht gehört, damit man sich selbst von außen eine Meinung bilden kann."

Die Folgen

Wie geht der Machtkampf weiter? Garcia muss sich an das sogenannte Berufungskomitee der FIFA wenden, das Gremium ist eines der juristischen Organe der FIFA.

Das Komitee wird geleitet von Larry Mussenden, dem Verbandspräsidenten der Bermudas. Einzige europäische Vertreter sind der Präsident des österreichischen Verbandes, Leo Windtner, und Christian Andreasen von den Färöer Inseln. Kein Mitglied kommt aus einem der Länder, die sich für die Turniere 2018 und 2022 beworben hatten.

Die Erfahrung zeigt, dass die FIFA-Funktionäre selten Entscheidungen von großer Bedeutung kippen. Die Erfolgsaussichten der Garcia-Berufung sind also sehr überschaubar. Vorbehalten bleibt ihm aber die Berufung beim Internationalen Sportgerichtshof CAS, die allerletzte Chance auf Klarstellung des Sachverhaltes.

Nachgeschmack

Was aber vor allem bleiben wird: ein äußerst schaler Nachgeschmack. Der naturgemäß auch an FIFA-Präsident Joseph Blatter hängen bleibt. Oder, wie Englands Ex-Stürmer und heutiger TV-Mann Gary Lineker twitterte: "Die FIFA ist eine Lachnummer. Sepp Blatter ist der Anführer dieses heillosen Durcheinanders."

Die Hoffnung der Kritiker? Dass der Selbstzerfleischungsprozess zum Selbstreinigungsprozess wird.

Der Amerikaner Michael Garcia ist ehemaliger Staatsanwalt und war auch FBI-Direktor, der einst Mafia-Bosse und Terroristen jagte. In New York nannten sie ihn sogar den „Sheriff der Wall Street“. Er gilt als schonungsloser Aufdecker, der die auch kriminelle Seite des Fußballs längst kennengelernt hat.

Der Deutsche Joachim Eckert war in den frühen 90er-Jahren zuerst als Staatsanwalt u.a. mit dem Zuständigkeitsbereich Steuer-
delikte sowie organisierte Kriminalität verantwortlich, danach als Richter. Er gilt als Paragrafenreiter, der aber schon kriminelle Vorgänge innerhalb der FIFA vertuscht haben soll.

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