Facharbeiter Marcel Koller

Facharbeiter Marcel Koller
Nüchtern, sachlich und sympathisch. So präsentierte sich der Schweizer Marcel Koller bei seiner Vorstellung.

In Massen angetretene Medienvertreter, helle Aufregung, Diskussionen - eine gescheiter als die andere. Kurz vor 13 Uhr, Messehalle Oberwart. Der ORF schaltet seine Kameras ein. Weil er soeben das Podium betreten hat, der neue österreichische Teamchef aus der Schweiz.

Marcel Koller, 50, flankiert von ÖFB-Präsident Leo Windtner und ÖFB-Sportdirektor Willibald Ruttensteiner sitzt im Rampenlicht, nimmt einen Schluck vom Mineral und blickt dem Spektakel gelassen entgegen. Das wirkt sympathisch beruhigend in der ganzen Hysterie um diesen Mann, der so plötzlich in die Position des Heilbringers gehoben wurde. Warum er dort überhaupt sitzt? "Koller erfüllte von allen Kandidaten das Anforderungsprofil am besten", erklärt der ÖFB-Präsident.

Typenschein

"Ein herzliches Grüß Gott", bringt Koller seine eigene Präsentation ins Rollen. Unaufgeregt kommt er rüber, verzichtet auf großartige Versprechen, überfordert nicht mit einer alles zerfetzenden Fußball-Philosophie und vermittelt dennoch einen Ansatz von Aufbruchsstimmung.

Auf "viel Offensive, in die sich jeder einschalten muss", lege er Wert, ähnliches gelte auch für die Defensive. Keine Offenbarung und grundlegend sind derartige Erkenntnisse. Auf dem selbst ausgestellten Typenschein steht: "Ich bin einer, der seine Ideen umsetzen will, scheuche aber niemanden mit der Peitsche vor mir her und kann durchaus auch ein Kumpeltyp sein."

Sein Wissen über Österreichs Fußball hält sich noch in Grenzen. Die Teamspieler aus der Deutschen Bundesliga sind ihm ein Begriff und unmittelbar nach dem ersten Kontakt mit dem ÖFB vor 14 Tagen hat er sich DVDs gekauft, Spiele angeschaut und Potenzial erkannt.

Pause

Facharbeiter Marcel Koller

In den letzten beiden Jahren hat Koller keinen Klub betreut. Nach den Jobs in Köln - er gilt als Entdecker von Lukas Podolski - und Bochum galt seine Aufmerksamkeit der Betreuung von Schweizer Spielern und der Beobachtung von internationalen Partien.

Neu soll im ÖFB jedenfalls die Struktur werden. Personell und in den sportlichen Anschauungen sind Veränderungen angekündigt, der Einfluss von Sportdirektor Ruttensteiner wird ab jetzt ein größerer werden. Oder doch mehr Macht? Alles, was im Team vor sich geht, muss ihm der Trainer regelmäßig berichten.

Durchgehend soll die Spielphilosophie in allen Nachwuchs-Nationalmannschaften werden. Flexibel aber die jeweilige taktische Auslegung. Was immer das in der Praxis bedeuten mag. Aber auch darauf muss ab jetzt der Chef des A-Teams sein Augenmerk legen.

Mit welchem Trainerteam Koller sein erstes Länderspiel in der Ukraine (15. November) bestreitet, ist offen. Die Reise nach Aserbaidschan und Kasachstan macht er noch nicht mit. "Weil ich meine Übersiedlung nach Wien vorbereite." Auch das ist schließlich eine Bedingung im Anforderungsprofil.

Kommentare