Ex-FIFA-Vize stellt sich und zahlt Millionen-Kaution

Jack Austin Warner
Greg Dyke, Präsident des englischen Fußballverbands: "Sepp Blatter muss als FIFA-Präsident gehen."

Nach Korruptionsvorwürfen aus den USA hat sich der frühere FIFA-Vizepräsident Jack Warner der Polizei gestellt. Gegen die Zahlung einer Kaution in Höhe von 2,5 Millionen Dollar sei er nach einem Gerichtstermin am Mittwoch wieder auf freien Fuß gesetzt worden, berichtete die Zeitung "Trinidad Express". Zudem müsse er seinen Pass abgeben und sich zweimal pro Woche bei der Polizei melden. Der nächste Gerichtstermin findet im Juli statt.

Zuvor hatte das US-Justizministerium die Auslieferung Warners beantragt. Die Ermittler werfen ihm organisierte Kriminalität, Korruption und Geldwäsche vor. In den Vereinigten Staaten laufen seit längerer Zeit Untersuchungen des FBI gegen ehemalige Offizielle des Weltfußballverbandes FIFA. Am Mittwoch wurden in der Schweiz sieben Fußball-Funktionäre wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen.

Die Hintegründe zum FIFA-Korruptionsskandal lesen Sie hier.

England fordert Rücktritt Blatters

Der Präsident des englischen Fußballverbands, Greg Dyke, hat den Rücktritt von Verbandschef Joseph Blatter gefordert. Dyke sagte der britischen Nachrichtenagentur Press Association in der Nacht zum Donnerstag in Zürich: "Sepp Blatter muss als FIFA-Präsident gehen."

Blatter habe eine Erklärung veröffentlicht, in der es heiße, es sei Zeit, das Vertrauen in die FIFA wiederherzustellen. Solange Blatter da sei, gebe es keinen Weg, das Vertrauen in die FIFA wiederherzustellen, betonte Dyke.

"Diebe müssen ins Gefängnis. ... Glückwunsch ans FBI und die Schweizer Polizei"

Brasiliens Fußball-Weltmeister und heutige Senator Romário hat die festgenommenen FIFA-Funktionäre als "Ratten" bezeichnet. Der WM-Star von 1994 attackierte vor allem Brasiliens Ex-Fußballboss José Maria Marin (83). Er sei eine der "Ratten", die er schon oft beschuldigt habe. "Das ist die Person, die mit (Brasiliens) Präsidentin Dilma (Rousseff) während der Fußball-WM Staatschefs empfangen hat", kritisierte der 49-Jährige via Facebook.

Unglücklicherweise sei es nicht die brasilianische Polizei gewesen, die die Festnahmen umgesetzt habe, aber irgendjemand hätte es eines Tages tun müssen. "Diebe müssen ins Gefängnis. ... Glückwunsch ans FBI und die Schweizer Polizei", so Romário. Er hoffe, dass mit der Aktion eine Säuberung im Fußball beginne.

"Die Festnahme José Maria Marin ist, glaube ich, schon der Beginn einer großen Zukunft für unseren Fußball und besonders für die größte und korrupteste Instanz im Fußball (FIFA)", erklärte er in einem Video aus einer Senatssitzung. Marin war von 2012 bis April 2015 Präsident des brasilianischen Fußballverbandes - er wurde wiederholt mit Korruptions- und Veruntreuungsvorwürfen in Verbindung gebracht.

Seit 1998 steht Joseph Blatter an der Spitze des Weltfußballverbandes FIFA. Genauso lange sieht sich der mittlerweile 79-jährige Schweizer Funktionär, der als mächtigster Mann der Sportwelt gilt, mit Schlagzeilen über Korruption und Schmiergeldzahlungen konfrontiert. Die Festnahme von sieben Funktionären am Mittwoch in Zürich reiht sich in die Chronologie der Skandale, die Blatters Regentschaft begleiten.

- Präsidentschaftswahl 1998

Kurz vor dem Anpfiff der WM in Frankreich gewinnt der damalige FIFA-Generalsekretär Joseph Blatter die Präsidentschaftswahl gegen den schwedischen UEFA-Präsidenten Lennart Johansson. Bis heute stehen Vorwürfe über angebliche Zahlungen von je 50.000 Dollar an afrikanische Delegierte in einem Pariser Hotel im Raum. Blatter weist diese beharrlich zurück.

- ISL-Skandal

Blatters Präsidentschaftsvorgänger João Havelange und dessen ehemaliger Schwiegersohn Ricardo Teixera kassierten mehr als zehn Millionen Euro an Schmiergeld für WM-Marketing-Deals mit dem später pleitegegangenen Vermarkter ISL. Blatter wurde von allen Verdächtigungen freigesprochen, obwohl er 1997 als Generalsekretär eine Zahlung an Havelange von 1,5 Millionen Schweizer Franken persönlich zurücküberwiesen und somit Kenntnis vom System hatte. "Damals konnte man solche Zahlungen als Geschäftsaufwand sogar von den Steuern abziehen. Heute wäre dies strafbar", sagte Blatter nach der Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Zug 2012.

- WM-Vergabe 2018 und 2022

Schon vor der Doppel-Vergabe an Russland und Katar wurden zwei FIFA-Exekutivmitglieder wegen nachgewiesener Bestechlichkeit suspendiert. Die Vorwürfe gegen die beiden künftigen Gastgeber wurden schließlich aufwendig von der FIFA untersucht, aber von den Ethikhütern ohne maßgebliche Ergebnisse eingestellt. Der Generalverdacht wurde aber nie entkräftet.

- Präsidentschaftswahl 2011

Lange schien es, als könne der Katarer Mohamed bin Hammam Blatter bei der Wahl 2011 tatsächlich gefährlich werden. Dann stolperte der Funktionär kurz vor der Abstimmung über konkrete Bestechungsvorwürfe aus der Karibik. Die 35 Stimmen aus der CONCACAF-Zone galten als entscheidend. Blatter hatte den Verbänden eine Million Dollar als offizielle FIFA-Zuwendung versprochen. Bin Hammam versuchte es inoffiziell mit 40.000 Dollar pro Verband – und flog auf, weil ihn andere mittlerweile der Korruption überführte Funktionäre anschwärzten.

- WM-Tickets

Der Umgang mit von Millionen Fans begehrten WM-Tickets im Exekutivkomitee war schon häufig fragwürdig. Der damalige FIFA-Vizepräsident Jack Warner trieb es 2006 auf die Spitze, als er die Vermarktung in seinem für das Turnier in Deutschland qualifizierten Heimatland Trinidad und Tobago übernahm. 900.000 Dollar Provisionen soll dies seinem Familienunternehmen eingebracht haben. Die FIFA-Untersuchung stellte keine Verdachtsmomente gegen Warner, sondern nur gegen dessen Sohn fest. Warner senior kam mit einer Verwarnung davon. Warners Exekutivkomitee-Kollege Ismail Bhamjee aus Botswana wurde 2006 überführt, zwölf WM-Karten auf dem Schwarzmarkt verkauft zu haben. 2014 in Brasilien gab es Berichte über illegal veräußerte WM-Karten aus dem Besitz des argentinischen Topfunktionärs Julio Grondona.

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