Champions League am Weg zur elitären Inzucht-Partie

Großklubs wie Real Madrid wollen noch mehr unter sich bleiben.
Die kleinen Fußball-Ligen machen mobil gegen die Pläne, die Eliteklasse zur (fast) geschlossenen Gesellschaft umzubauen.

Der Nachfolger des gesperrten Michel Platini und damit künftige Präsident der Europäischen Fußball-Union wird wahrscheinlich Aleksander Ceferin heißen. Nach osteuropäischen Verbänden hat nun auch der deutsche Fußballbund entschieden, für den 48-jährigen Slowenen zu votieren. Der Niederländer Michael van Praag und der Spanier Angel Maria Villar Llona dürften nur Außenseiterchancen haben. Wie auch immer – auf den neuen UEFA-Präsidenten kommen heikle Aufgaben zu. Denn:

Das Entsetzen unter Europas Vereinen, die nicht dem engen Zirkel der Superklubs angehören, ebbt nach der Reform der Champions League keineswegs ab. Inzwischen dämmert’s allen: Die Schere Reich-Arm wird noch größer werden. Bei nur einer Stimmenthaltung (die vermutlich vom Schweizer Fußballpräsidenten Peter Gilliéron stammt) wurden die (vom ehemaligen Inter-Mailand-Torjäger und nunmehrigen Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge mit seinen italienischen Freunden geschickt eingefädelten) Änderungen im UEFA-Exekutivkomitee handstreichartig durchgewinkt.

Ab 2018 wird Klubs aus kleineren Ligen – und somit auch den österreichischen – die Qualifikation für die Königsklasse erschwert. Dann werden Spanien, Deutschland, England und Italien automatisch je vier Fixplätze bekommen, was vor allem im Falle des schwächelnden italienischen Klubfußballs irritiert. Mehr noch: Kommt der Champions-League-Finalsieger aus einem der vier Länder, erhält dieses sogar fünf Startplätze.

Warnung

Schon werden unter Insidern Befürchtungen laut, wonach die Reform nur der Anfang vom Ende sei. Und dass die Milliardenklubs mit ihr nur die totale Abnabelung vorbereitet haben, die schon 2021 zu befürchten sei.

Der Generalsekretär des Verbandes der europäischen Profi-Ligen, Georg Pangl, kann die Sorgen nachvollziehen. Pangl ortet selbst unter Vertretern der Top-Ligen Unbehagen, zumal letztlich nur die üblichen Verdächtigen (= Bayern, Real, Barça, Chelsea, Manchester, Juventus) von der Reform finanziell wie sportlich profitieren werden und selbst tüchtige deutsche Mittelständler den Anschluss zu verlieren drohen.

Die Bosse der Superklubs versuchen die Bedenken zu zerstreuen, indem sie auf eine Solidaritätszahlung in Höhe von rund 115 Millionen Euro verweisen. Tatsächlich aber bleibt für die 37 Ligen davon nur ein Prozent. Und für die österreichische Liga bleiben – wie Georg Pangl basierend auf die letztjährigen Zahlungen vorrechnet – überhaupt nur 715.000 Euro vom Kuchen. Ist der aber schon endgültig gegessen?

In dieser Woche positioniert sich der Aufsichtsrat des Verbandes der europäischen Ligen in Amsterdam. Der neue UEFA-Präsident wird ebenfalls noch im September gewählt. Bleibt die Frage, ob die Herren dann ebenso mutig protestieren wie sie das in ihren Heimatländern gegenüber Medien tun. Europas Liga-Generalsekretär Pangl begrüßt jedenfalls, dass ÖFB-Präsident Leo Windtner und Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer bereits die Alarmglocken läuten lassen. Auch in den Niederlanden, Spanien und Deutschland, meint der fast täglich zwischen europäischen Fußball-Hauptstädten hin- und herdüsende Pangl, habe man den Ernst der Lage fünf nach zwölf erkannt. Denn momentan deute alles daraufhin, dass die Champions League zur elitären Inzucht-Partie verkommt.

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