"Die Jungen erwarten Respekt"

Nach dem Aufstieg mit Aalen legt Trainer Ralph Hasenhüttl mit Ingolstadt nach.
Wie ein Österreicher als Gute-Laune-Coach in Deutschlands zweiter Liga Erster wurde.

Trainermuffel und Feldwebel sind out. In Deutschland verschafft sich neben Peter Stöger mit Ralph Hasenhüttl ein zweiter österreichischer Fußballcoach Anerkennung. Mit Außenseiter Ingolstadt lacht er in der zweiten Bundesliga-Liga vom ersten Platz.

KURIER: Haben Sie Ihre Trainerausbildung in Österreich oder in Deutschland absolviert?
An der Sporthochschule in Köln. Ich muss Uli Hoeneß noch heute dankbar dafür sein. Ohne seine Fürsprache – ich spielte damals bei den Bayern Amateuren – hätte ich nicht so schnell einen Kursplatz bekommen.

Sie machten Aalen vom Drittliga-Abstiegskandidaten zum Zweitliga-Klub. Sie haben Ingolstadt im Oktober 2013 als Tabellenschlusslicht übernommen und lachen jetzt in der zweiten deutschen Liga von der Spitze. Gibt es ein Erfolgsgeheimnis?
Ich bevorzuge eine Mischung aus Disziplin und Lockerheit. Die heutige Spielergeneration will respektvoll behandelt werden. Die Fußballer hinterfragen auch mehr als früher.

Die Besucherzahlen in der deutschen zweiten Liga sind wesentlich höher als in Österreichs erster. Nur Ingolstadt ist diesbezüglich konträr zum Tabellenplatz keineswegs Spitze.
Das kommt schon noch. Auch beim jetzigen Erstligaklub Paderborn sind im Vorjahr nur 7000 gekommen. Mir ist wichtig, dass wir jene, die uns jetzt schon die Treue halten, nie enttäuschen. Und das ist gelungen. Selbst wenn das Endresultat nicht passt, soll jedes unserer Spiele Erlebnis sein. Es spricht sich herum, dass wir schnell nach vorne – und wie ich meine – den attraktivsten Fußball der zweiten Liga spielen.

Leidet Lukas Hinterseer noch an der Gehirnerschütterung, die er beim Länderspiel kurz nach der Einwechslung erlitt?
Er hatte tatsächlich einen Filmriss. Er konnte sich nicht an seine vergebenen Chance erinnern. Inzwischen trainiert er aber wieder.

Sind Sie mit ihm zufrieden?
Sehr. Wenn ich ehrlich bin, war er eher als Back-Up-Stürmer gedacht. Hinterseer hat die Erwartungen übertroffen. Auch hat er die besten Sprintwerte der gesamten deutschen Bundesliga.

In Anspielung auf seinen singenden Onkel wurde er in Innsbruck "Hansi" gerufen ...
Das war in Ingolstadt anfänglich auch ein Thema. Aber für mich ist er der Lukas. Sein Papa, der ehemalige Rennläufer Guido, kommt immer wieder nach Ingolstadt. Wir haben im VIP-Klub geplaudert. Lukas kommt aus einem wunderbar sympathischen Umfeld. Die Familie ist zu Recht stolz auf ihn.

Haben Sie vom zweiten österreichischen Teamspieler, Ihrem Tormann Ramazan Özcan, auch so eine hohe Meinung?
Özcan ist ein kompletter Tormann. Nicht nur auf der Linie. Er ist auch fußballerisch sehr stark, was im heutigen Fußball immer wichtiger für einen Tormann wird.

Ihr Sohn Patrick erzielte kürzlich in der U-18 ein Länderspieltor. Ist er ein ähnlicher Spielertyp wie früher Sie?
Er hatte einige Angebote und er hat sich für Stuttgart entschieden. Et wollte unbedingt dort hin und ist im Internat. Patrick spielt auch Mittelstürmer, so wie einst ich. Er ist auch über 1,90 m, nur nicht ganz nicht ganz so kräftig , aber dafür wendiger und technisch besser. Und das ist heute ohnehin wichtiger.

Sterben die klassischen Mittelstürmer aus?
Vorne tut’s halt mehr weh. Auch glaub ich, dass sich der Fußball verändert hat. Es ist wichtig, dass eine Mannschaft über mehrere Spieler mit Torjäger-Qualitäten verfügt. Dass auch Leute, die aus der Etappe kommen, erfolgreich abschließen.

Wurde in der deutschen Fußball-Öffentlichkeit überhaupt registriert, dass Österreichs Unter-19 in der EM-Qualifikation die deutschen Alterskollegen mit 5:1 besiegt hat?
Die Mannschaft saß gerade im Kaffeeraum. Wir haben am Abend dort vor dem Fernseher über Sky News vom 5:1 erfahren. Es wurde mit Staunen zur Kenntnis genommen. Mich freut auch, dass in Österreich um das Nationalteam ein kleine Euphorie ausgebrochen ist.

In Österreich wird diskutiert, ob es für Talente besser ist, möglichst früh ins Ausland zu wechseln. Oder ob es vernünftiger ist, sich in einer heimischen Akademie ausbilden zu lassen?
Zunächst: Talent allein genügt nicht mehr. Dazu ist die Dichte viel zu groß. Wichtiger als die Frage, ob Ausland oder nicht, ist der Wille, sein Ding konsequent durchzuziehen. Und nicht zu resignieren, wenn der schnelle Erfolg ausbleibt. Rückschläge gehören dazu.

Stichwort Rückschläge – sind die Folgen Ihrer schweren Krankheit restlos überwunden? Gibt es mittlerweile eine Erklärung, wie Sie sich im Sommer 2012 den heimtückischen Hanta-Virus einhandeln konnten?
Vermutlich, als ich die Terrasse in Deutschland gesäubert habe und es so gestaubt hat. Ausgebrochen ist die Krankheit während des Trainingslagers in Leogang. Ich hatte wochenlang hohes Fieber. Glücklicherweise bin ich völlig gesund geworden. Doch die Erinnerung an diese schwere Zeit und dass ich sie so überstanden habe, hat mich demütiger gemacht.

Ralph Hasenhüttl stürmte acht Mal im Nationalteam. Gleich bei seinem Länderspieldebüt gelang ihm 1988 in Budapest (4:0 gegen Ungarn unter Teamchef Josef Hickersberger) ein Tor. Der Steirer wurde mit Austria Wien drei Mal (1991,1992, 1993) und mit Salzburg (1995) Meister. Danach spielte er in Belgien (Mechelen, Lierse), beim FC Köln und in Fürth, ehe er seine Karriere bei den FC Bayern-Amateuren als Leithammel für Talente wie Philipp Lahm ausklingen ließ.

In Unterhaching , wo er heute noch wohnt, diente sich Hasenhüttl vom Jugend-Trainer zum Chefcoach hoch. 2011 führte er den VfR Aalen vom Drittliga-Abstiegsplatz in die zweite Liga. Im Oktober 2013 übernahm er den am letzten Tabellenplatz liegenden FC Ingolstadt. Am Sonntag tritt Ingolstadt als Tabellenführer beim FSV Frankfurt an. Hasenhüttl ist verheiratet, zweifacher Vater und 47 Jahre alt.

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