Österreich kämpft Russland nieder

Rubin Okotie schoss erneut das Goldtor.
Joker Rubin Okotie schießt das ÖFB-Team zum knappen 1:0-Heimerfolg und der EM einen Schritt näher.

Gut möglich, dass sich manch Belegschaft freut, sollte der Chef nicht im Haus sein. Fehlt der Chef allerdings auf dem Rasen, so wie David Alaba in den Reihen der österreichischen Fußballnationalmannschaft, dann verlangt dies nach Improvisation , Konzentration und intensivem Teamwork.

Marcel Koller, der Schweizer Chef auf der österreichischen Trainerbank, wusste jedenfalls zirka 47.000 von Euphorie gepackte Zuschauer hinter seinem Rücken. Die Frage nach dem Alaba-Ersatz im zentralen Mittelfeld beantwortete er mit dem Namen Christoph Leitgeb. Der Mann aus München war da. Aber nur , um die Auszeichnung für den "Sportler des Jahres" in Empfang zu nehmen. "Ich bin zuversichtlich, habe keine Schmerzen", sollte er sagen.

Julian Baumgartlinger hatte diese sehr wohl. Kurz vor Spielbeginn gegen Russland – erhoben zum Favoriten in der EM-Qualifikationsgruppe G – musste auch Alabas zuletzt kongenialer Partner in der Zentrale des Mittelfelds den Rückzieher machen. Sehnenentzündung im Knie, Einsatz unmöglich. Koller reagierte, brachte das Salzburger Duett. Neben Leitgeb also auch Stefan Ilsanker. Es sollte ein unterhaltsames, kurios entschiedenes Spiel werden.

Denn Österreichs Team schien die Personalrochade zunächst nicht vom Aufwärtstrend abzubringen. Überfallsartig wurde gestartet. 15 Minuten Pressing, viel Laufarbeit, Versuche mit schnellen Kombinationen zum schnellen Tor zu kommen. Harniks Weitschuss blieb dennoch einzige Ausbeute.

Danach erinnerten sich die Russen des klaren Auftrags, nämlich in Wien die Tabellenführung übernehmen zu müssen. Sonst drohte eisige Stimmung in der Heimat. Das Spiel gestaltete sich als offener Schlagabtausch. Kokorins Warnung klatschte an die Stange (16.).

KURIER-Noten für die Teamspieler

Österreich kämpft Russland nieder

FUSSBALL EM QUALIFIKATION: ÖSTERREICH-RUSSLAND
Österreich kämpft Russland nieder

FUSSBALL EM-QUALIFIKATION: ÖSTERREICH - RUSSLAND
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AUSTRIA SOCCER UEFA EURO 2016 QUALIFICATION
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Austria's Hinteregger challenges Russia's Glushako
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Fussball, Oesterreich - Russland
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Fussball, Oesterreich - Russland
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FUSSBALL EM QUALIFIKATION: ÖSTERREICH - RUSSLAND
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Russia's Kombarov fights for the ball with Austria
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FUSSBALL EM QUALIFIKATION: ÖSTERREICH-RUSSLAND
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FUSSBALL EM-QUALIFIKATION: ÖSTERREICH - RUSSLAND
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Fussball, Oesterreich - Russland
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FUSSBALL EM QUALIFIKATION: ÖSTERREICH-RUSSLAND
Österreich kämpft Russland nieder

Fussball , Oesterreich - Russland

Brasiliens Spione

Harnik, der sonst auch durch Ballverluste auffällig war, hielt nach Vorarbeit von Ilsanker Torhüter Akinfejew (25.) warm und kurz vor dem Pausenpfiff tat Ignaschwetisch mit Almer Selbiges. Gesehen hat dies alles Carlos Dunga und sein brasilianisches Trainergefolge, Gegner der Österreicher am kommenden Dienstag.

Russland entpuppte sich tatsächlich als wohl stärkster Widersacher in der Gruppe. Doch entgegen gehalten wurde mit Begeisterung und unaufhörlichem Einsatz. Spielerische Sternschnuppen platzten in einen intensiven Arbeitsabend.

Es sollte einer mit echten Höhepunkten werden. Und eine zweite Halbzeit, in der die Österreicher das Führungstor erzwingen wollten.

In der 73. wähnte sich der nach einer Stunde für Marc Janko eingetauschte Okotie nach einem Schuss aus drei Metern schon als sicherer Torschütze. Der englische Schiedsrichter Atkinson glaubt an die regelkonforme Abwehr des russischen Torhüters vor der Linie. Kurzes Rätselraten, dann Empörung und Pfiffe von den Rängen.

Umjubelter Joker

Zwei Minuten später bedient Harnik erneut Okotie. Und schon wie Montenegro befindet sich der Mann vom Zweitligisten 1860 München am rechten Fleck – 1:0.

Es sollte reichen. Marcel Koller und sein Team haben einen weiteren Riesenschritt in Richtung Europameisterschaft 2016 getan. Die Österreicher haben aus den ersten vier Spielen in dieser Gruppe G zehn Punkte geholt und führen überlegen. Seit neun Spielen kennt man nun das Wort "Niederlage" nur mehr vom Hörensagen.

Wien, Ernst-Happel-Stadion 47.500 Zuschauer, SR Atkinson (England)

Tor: 1:0 (73.) Okotie

Österreich: Almer - Klein, Dragovic (86. Prödl), Hinteregger, Fuchs - Ilsanker, Leitgeb - Harnik, Junuzovic, Arnautovic (92. Sabitzer) - Janko (59. Okotie)

Russland: Akinfejew - Parschiwljuk, Beresuzki, Ignaschewitsch, Kombarow - Tscherischew (56. Jonow), Schirokow, Gluschakow, Fajsulin (75. Dsjuba), Schatow (81. Dsagojew) - Kokorin

Gelbe Karten: Hinteregger bzw. Gluschakow, Parschiwljuk

Tabelle der Gruppe G

Marcel Koller (ÖFB-Teamchef): "Die Stimmung war unglaublich. Ich bin die ganze Runde gegangen, und das Stadion war noch immer voll. Die Unterstützung war sehr wichtig, weil die Russen sehr stark waren. Es waren Kleinigkeiten, die wir in der Pause verändert haben, zum Glück hat es geklappt. Wir haben zehn Punkte, aber erst vier Spiele. Die Tabelle sieht sehr schön aus, aber das kann auch trügerisch sein. Die absolute Freude soll dann sein, wenn man sich qualifiziert."

Zu Brasilien: "Man kann es genießen, aber da muss man schon sehr bewusst dagegenhalten. Wenn du ein paar Tore zu viel bekommst, tut das auch nicht gut."

Rubin Okotie (ÖFB-Torschütze, eingewechselt): "Ich war mir sicher, dass der erste Ball drinnen war. Wenn das Tor dann Abseits war, dann war das ausgleichende Gerechtigkeit. Jeder Spieler möchte spielen, aber ich akzeptiere die Entscheidung des Teamchefs natürlich."

Zlatko Junuzovic (ÖFB-Mittelfeld): "Das Ergebnis spricht für uns, es war aber ein zähes, schwieriges Spiel, in das wir uns wirklich reinarbeiten mussten. Unsere Leistung war aber trotz alledem sehr, sehr gut. Die Russen sind schon um einen Haufen größer, wir haben auch Ausfälle zu kompensieren gehabt, und das haben wir geschafft. Jeder kann einspringen, das hat man heute gesehen, und das ist schön zu wissen."

Christian Fuchs (ÖFB-Kapitän): "Es war ein sehr kräfteraubendes Spiel und das angekündigte Geduldspiel. Aber man kann sehr stolz sein, wir haben immer an den Sieg geglaubt, unser Spiel gespielt und verdiente drei Punkte geholt. Russland hat sehr viel Qualität, ist für mich noch immer Favorit." Zur Tabellensituation: "Das bedeutet, dass wir bis jetzt gut gespielt haben, mehr auch nicht. Es sind noch viele Spiele ausständig. Wir halten den Ball flach, Frankreich ist noch ein paar Schritte entfernt."

Marko Arnautovic (ÖFB-Mittelfeld): "Die Mannschaft war überragend, es ist unglaublich, was wir geleistet haben. Wir haben alles abgerufen, was der Trainer verlangt hat. Wir haben gewusst, dass es ein schwieriges Spiel wird, es war ein ganz großes Stück Arbeit, aber wir haben immer an uns geglaubt, dann ist es passiert und jeder ist ausgerastet. Ich muss auch ein Lob an den zwölften Mann geben, die Fans waren 90 Minuten hinter uns. Wir können extrem stolz auf uns sein. Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Wir haben bisher Gutes getan, sind aber noch nicht fertig. Wir haben noch die ganzen Rückspiele und auch Liechtenstein auswärts, die darf man auch nicht unterschätzen. Wir schauen von Spiel zu Spiel."

David Alaba (ÖFB-Mittelfeld, verletzt): "Das ist nicht zu beschreiben, das ganze Stadion hat gekocht. Das war ein Wahnsinn. Die Mannschaft hat das supertoll gemacht, ich bin stolz auf sie. Wir dürfen uns keine Gedanken darüber (zu den Quali-Chancen, Anm.) machen, müssen unseren Weg weiter gehen und am Boden bleiben. Wir haben sehr gut begonnen, vielleicht in bischen nachgelassen, aber immer versucht, das Spiel zu machen und verdient gewonnen."

Fabio Capello (Trainer Russland): "Das Ergebnis ist nicht gut, das Spiel war aber nicht schlecht. Eigentlich hätten wir ein Unentschieden verdient, aber so ist eben Fußball."

Eigentlich war der Dreikampf ja schon entschieden: Teamchef Marcel Koller hatte sich für Christoph Leitgeb in der Startformation gegen Russland entschieden. Damit hatte er die Frage beantwortet, die sich im Vorfeld des Spiels aufgedrängt hatte: Wer soll David Alaba ersetzen? Weil der Bayern-Legionär nach seiner Knieoperation nur auf Krücken ins Stadion humpeln konnte, war im zentralen Mittelfeld ein Platz freigeworden.

Christoph Leitgeb, Stefan Ilsanker und Veli Kavlak waren die Anwärter auf den freien Posten. Leitgeb, der als Favorit gegolten hatte, fand sich in der Startelf neben Julian Baumgartlinger. Der Mainzer Legionär ist im Zentrum Fixstarter neben Alaba.

Sein Einsatz galt als fix. Der Teamchef hatte nichts dagegen, das Knie des Salzburgers hingegen schon. Baumgartlinger musste wegen einer Sehnenreizung w.o. geben und brach das Aufwärmen ab. Das war die Stunde für Stefan Ilsanker.

"Ich habe mich in jedem Training voll reing’haut, 100 Prozent gegeben und alles dafür getan, dass ich spielen darf", sagt Ilsanker. Allerdings hatte er damit den Kampf um den Alaba-Platz gemeint. Der Kaltstart war für Ilsanker der fünfte Einsatz im Nationalteam. Schon in seinen ersten beiden (freundschaftlichen) Spielen war er in der Startelf gestanden, gegen Tschechien und Island. Am Samstag jedoch hörte er erstmals in einem Bewerbsspiel die Hymne auf dem Platz.

Ilsankers Vater stand bei Austria Salzburg im Tor und ist jetzt Tormanntrainer bei Red Bull. Den Sohn hatte man 2010 nach Mattersburg ziehen lassen, aber nach zwei Jahren zurückgeholt.

Nicht lange nach seiner Rückkehr wurde er – was ihm viele nicht zugetraut hatten – zum Stammspieler bei den Bullen. Und 2014 bekam er gegen Uruguay seine erste Einberufung ins Team, seinen ersten Einsatz gegen Island und am Samstag Kollers Vertrauen gegen Russland.

Österreich kämpft Russland nieder
Aufsteiger und Einspringer: Ilsanker ersetzte Baumgartlinger.

Nach dem Sieg gegen Russland ist Österreichs Auswahl schon neun Spiele in Folge ungeschlagen, die letzte Niederlage datiert vom 11. Oktober 2013 (1:2 in Schweden).

Eine längere Serie gab es zuletzt von 10. November 1976 bis 22. März 1978, als die legendäre "Cordoba-Generation" zwölf Partien ohne Niederlage überstand.

Spiele des ÖFB-Teams seit der Niederlage gegen Schweden:

Datum Spielort
15.10.2013 Torshavn (WM-Q) Färöer - Österreich 0:3
19.11.2013 Wien (FS) Österreich - USA 1:0
05.03.2014 Klagenfurt (FS) Österreich - Uruguay 1:1
30.05.2014 Innsbruck (FS) Österreich - Island 1:1
03.06.2014 Olmütz (FS) Tschechien - Österreich 1:2
08.09.2014 Wien (EM-Q) Österreich - Schweden 1:1
09.10.2014 Chisinau (EM-Q) Moldawien - Österreich 1:2
12.10.2014 Wien (EM-Q) Österreich - Montenegro 1:0
15.11.2014 Wien (EM-Q) Österreich - Russland 1:0
9 Spiele - 6 Siege, 3 Unentschieden, 13:5 Tore

Eine Sensation gab es in Chisinau: Wie Österreich gegen Russland siegte auch Liechtenstein in Moldawien mit 1:0. Interimskapitän Franz Burgmeier, der beim FC Vaduz sein täglich Brot verdient, sorgte in der 74. Minute für den entscheidenden Treffer für das Team des steirischen Trainers René Pauritsch. Dabei waren die Gastgeber voll auf das Qualifikationsspiel konzentriert: Vor dem Match durften sie kein Wort mit der Presse sprechen, nur der neue Trainer Alexandr Curteian sorgte für Wortspenden. Nach dem Spiel dürfte es aber auch Herrn Curteian die Sprache verschlagen haben.

In Moldawien hat Österreich schon gewonnen, die Liechtensteiner sind am 27. März auswärts nächster Gegner in der EM-Qualifikation. Liechtensteins Sieg in Moldawien war Warnung genug.

Österreich kämpft Russland nieder
Franz Burgmeier (li.) sorgte für Liechtensteins Überraschungssieg.

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