ÖFB-Team schreibt weiter Geschichte

ÖFB-Team schreibt weiter Geschichte
Marcel Sabitzer schießt die Österreicher nach zweimaligem Rückstand kurz vor Schluss zum Sieg in Montenegro.

Das war kein fußballerisches Ruhmesblatt des österreichischen Nationalteams im Spiel eins nach der erfolgreichen Qualifikation für die EM. Aber zumindest waren es drei Punkte für die Moral. Nach solidem Beginn schlichen sich immer mehr Fehler ein. Bälle wurden verloren oder schlecht gepasst. Als hätten sie nach dem Sieg in Schweden gestritten und nicht gemeinsam gefeiert – so viele Missverständnisse im Zusammenspiel gab es schon lange nicht.

„Franzi“ musste warten

Für die Fans gab es vorerst nicht viel zu feiern. „Franzi mia kumma“, hatten Kärntner Fans den Menschen in Podgorica schon den ganzen Tag auf ihren Leiberln mitgeteilt. Besagten Franzi wollen die Montenegriner auch besuchen. Sie mussten die letzte Chance auf die EM-Qualifikation nutzen.

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ABD0153_20151009 - PODGORICA - MONTENEGRO: Marko Arnautovic während des EM-Qualifikationsspieles Montenegro gegen Österreich am Freitag, 9. Oktober 2015, im Gradski-Stadion in Podgorica. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Die österreichischen Teamspieler hingegen sind schon in Frankreich beim beschriebenen Franzi. Vielleicht auch schon im Kopf. Das war es auch, was Teamchef Marcel Koller Sorgen bereitete. Es sollte kein Schlendrian einkehren, nur weil man sicher bei der EM ist. Auch wenn es sich schon um den ersten Test für die EM handelte, gab es bei Koller keinen Testkandidaten. Der Schweizer bot jene Elf auf, die so etwas wie engste Vertraute sind.

Montenegro begann mit viel Elan, erzielte ein klares Abseitstor (5.). Der Lärmpegel der Fans zeigte aber den Rückhalt für die Spieler. Die versuchten danach mit Mätzchen Schiedsrichter und Österreicher zu verunsichern. Und mit Fortdauer des Spiels verloren die Österreicher die Kontrolle im Mittelfeld. Viele Fehlpässe und Ballverluste erlaubten es den Montenegrinern daheim gefährliche Konter zu lancieren. Es lag ein Tor in der Luft. Nach weitem Pass wollte Dragovic im Strafraum vor Vucinic klären, schoss den Routinier aber an. Der 32-jährige ehemalige Italien-Legionär schob den Ball lässig ins Tor (32.). Österreich lag damit erstmals in der EM-Qualifikation in Rückstand. Dass der nicht höher wurde, war Robert Almer zu verdanken, der sich von Beciraj nicht mit einem Schuss ins kurze Eck überraschen ließ (35.).

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ABD0160_20151009 - PODGORICA - MONTENEGRO: Jubel von Marcel Sabitzer nach dem 1:3 während des EM-Qualifikationsspieles Montenegro gegen Österreich am Freitag, 9. Oktober 2015, im Gradski-Stadion in Podgorica. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Die Österreicher wurden nur durch zwei Eckbälle von Alaba hintereinander gefährlich (14.). In der Pause dürften sie sich aber an ihr Ziel erinnert haben: Die Qualifikation ungeschlagen zu überstehen. Sie gingen aggressiver ans Werk, kamen auch in die Zweikämpfe. Und Harnik verlud die Gegner auf der rechten Seite, seinen perfekten Pass schob Janko am zweiten Stangl stehend zum Ausgleich ins Tor. (55.). Österreich hatte die beste Phase: Montenegros Tormann fischte einen Schuss von Arnautovic aus dem Kreuzeck (61.), der Schiedsrichter gab ein Tor von Junuzovic nicht, weil Janko zuvor gefoult haben soll (65.).

Aber eine Nachlässigkeit brachte Österreich wieder in Bedrängnis. Erst hatte Almer einen Schuss von Zverotic toll gehalten. Nach der Ecke brachte man den Ball nicht weg, Beciraj konnte einschießen (68.). Harnik hatte den Ausgleich auf dem Fuß, traf aber allein vor dem Goalie nur dessen Fuß (78.). Nur eine Minute später verhinderte Almer mit toller Parade das 1:3. Schließlich war es Arnautovic, der mit einem sehenswerten Kraftakt, doch noch die Niederlage verhinderte (81.). Im Finish verlor Vucinic die Nerven, beschimpfte den Schiedsrichter, sah Rot.

In der zweiten Minute der fünfminütigen Nachspielzeit erzielte Sabitzer sogar den Siegestreffer.

Montenegro - Österreich zum Nachlesen

Montenegro - Österreich 2:3 (1:0)

Podgorica, Gradski Stadion, 11.000, SR Orsato (ITA).


Torfolge: 1:0 (32.) Vucinic
1:1 (55.) Janko
2:1 (68.) Beciraj
2:2 (81.) Arnautovic
2:3 (92.) Sabitzer

Montenegro: Poleksic - Rodic, Savic, Simic, Tomasevic (74. Balic) - Vukcevic, Boljevic (56. Zverotic) - Marusic, Mugosa (64. Mandic), Beciraj - Vucinic

Österreich: Almer - Klein, Prödl, Dragovic, Fuchs - Baumgartlinger, Alaba (82. Jantscher) - Harnik, Junuzovic (82. Sabitzer), Arnautovic - Janko (82. Okotie)

Gelbe Karte: Poleksic
Rote Karte: Vucinic (87./Schiedsrichterkritik)

Ergebnisse, Tabelle

Marcel Koller (Teamchef Österreich): "In der ersten Halbzeit waren wir einfach schlampig, unkonzentriert. Das Passspiel war nicht gut, wir haben viele Fehler gemacht, sind nicht ins Spiel gekommen. Das war in der zweiten Halbzeit viel besser. Es spricht wieder für die Mannschaft, dass sie nach zweimaligem Rückstand wieder zurück gekommen ist. Die Spannung ist nicht mehr gleich, wie wenn du hier Punkte benötigst. Das ist die Schwierigkeit, aber auch ein Prozess, den die Spieler durchmachen müssen."

Marko Arnautovic (Torschütze Österreich): "Die erste Halbzeit waren wir nicht so gut drinnen. Wir haben sie zu sehr spielen lassen. In der zweiten Halbzeit haben wir wieder Gas gegeben und gezeigt, was für eine Mannschaft wir sind. In Wien erwarten wir einen Hexenkessel. Ich kenne die Spieler von hier (Anm.: Montenegro), mein Vater ist auch Serbe. Aber ich spiele für Österreich und ich muss Gas geben. Darauf bin ich stolz und probiere, alles zu geben."

Marc Janko (Torschütze Österreich): "In Wahrheit war das 1:0 eine glückliche Aktion von Montenegro. Für mich war es eine klassische 0:0-Partie zur Halbzeit. Aber wir haben gezeigt, welcher Geist in der Mannschaft steckt. Für Montenegro ist es noch um einiges gegangen, man muss auch hier erst einmal gewinnen. Jetzt wollen wir noch gegen Liechtenstein nachlegen. Mit einem vollen Haus im Rücken wollen wir noch einmal alles hineinwerfen."

Robert Almer (Torhüter Österreich): "Bei uns haben heute die ein, zwei Prozente gefehlt. Da hat man gesehen, dass wir Probleme bekommen. Wir haben gesehen, dass es so nicht geht, dass wir Gas geben müssen. Sonst wird es schwierig. Es waren heute einige strittige Situationen, nehmen wir sie so hin. Wir haben die drei Punkte mitgenommen."

David Alaba (Spieler Österreich): "Wir haben in der ersten Halbzeit gut begonnen, haben dann das Spiel verloren, einfache Fehler gemacht und den Gegner stark gemacht. Wir haben uns in der zweiten Halbzeit dann vorgenommen, dass wir das Spiel drehen wollen, anders aus der Kabine kommen. Nach dem 1:2 haben wir gezeigt, dass wir eine tolle Mannschaft sind und haben Moral bewiesen."

In der Österreich-Gruppe G herrscht Spannung bis zum Schluss. Hinter Österreich, das schon als Gruppensieger und Fixstarter der EURO 2016 feststeht, kommt es in der letzten Runde am Montag zu einem Fernduell zwischen Russland und Schweden. Die Russen gehen dank eines 2:1-Siegs am Freitag in Moldau mit zwei Punkten Vorsprung in die Schlussrunde, Montenegro ist aus dem Rennen.

Der 36-jährige Routinier Sergej Ignaschewitsch (58.) und Artem Dsjuba (78.) erlösten in Chisinau die Russen. Damit holte die "Sbornaja" unter Trainer Leonid Sluzki, der Fabio Capello abgelöst hatte, den dritten Sieg in Folge, der sie ganz nahe Richtung Frankreich brachte. Den Russen genügt nun am Montag im Heimspiel gegen Montenegro schon ein Punkt, um sich Platz zwei zu sichern. Bei Punktegleichheit mit Schweden sprechen die direkten Duelle (1:1 und 1:0) für Russland.

Schweden muss dagegen auf Schützenhilfe hoffen. Die Skandinavier erledigten am Freitag ihre Pflichtaufgabe mit einem 2:0 in Liechtenstein. Marcus Berg (18.) und Superstar Zlatan Ibrahimovic mit seinem 58. Teamtreffer im 108. Länderspiel und seinem siebenten in der laufenden Qualifikation erzielten die Treffer. Doch selbst ein Sieg am Montag zu Hause gegen Moldau könnte zu wenig sein.

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