Die fetten Jahre sind vorbei

Die fetten Jahre sind vorbei
Die Liste der Profis beim AMS wächst. Stefan Maierhofer ist der prominenteste Fall.

Stefan Maierhofer steht wieder auf dem Rasen. Nur die Körperhaltung ist für den Zwei-Meter-Riesen ungewohnt. „Ich zupfe gerade das Unkraut und mache mit meinem Vater die Gartenarbeit“, erzählt der 31-jährige Stürmer.

Der Ex-Teamspieler führt die Liste der prominenten arbeitslosen Kicker an. Während frühere Mitspieler mit dem nötigen Gang zum AMS hadern, um versichert zu bleiben, versichert die Frohnatur Maierhofer, dass alles in Ordnung sei: „Es hat mir gutgetan, einmal etwas Distanz zum Fußball-Business zu bekommen. Es gibt jetzt für mich auch wieder andere Wertigkeiten.“

Der illustre Klub der Arbeitssuchenden

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Ein abruptes Karriereende wie bei Paul Scharner kommt für den gelernten Koch und Kellner trotz der zuletzt finanziell lukrativen Jahre in England (Wolverhampton, Bristol), Duisburg, bei Red Bull Salzburg und bis Juni in Köln aber nicht infrage: „Das Feuer brennt jetzt wieder. Ich kann es kaum erwarten, dass ich wieder in einer Mannschaft spiele.“

20 Prozent Arbeitslose

Das tun andere auch – und bekommen dennoch keine Chance. Noch nie gab es so viele arbeitslose Kicker. Rund 100 hat die Spielergewerkschaft allein in Österreich erfasst. Das ergibt bei ungefähr 400 Arbeitsplätzen bei den 20 Klubs der beiden Bundesligen eine Arbeitslosenrate von 20 Prozent. Von der Liga oder dem Fußball-Bund organisierte Trainings und Spiele für den FC AMS gibt es in Österreich nicht.

Alle vertragslosen Kicker könnten auch nach der am 2. September zu Ende gegangenen Transferzeit bei einem neuen Klub sofort eingesetzt werden. Nur gibt es kaum noch freie Arbeitsplätze – und dafür drei Gründe:

1. Die Nachwuchs-Akademien produzieren jedes Jahr über 100 gut ausgebildete Talente, die auf den Profi-Markt drängen und um wenig Geld zu haben sind.

2. Die Wirtschaftskrise ist mit Verzögerung auch im Fußball zu spüren. Die fetten Jahre sind vorbei, nur die Allerbesten freuen sich noch über Lohnzuwächse.

3. Durch die von der Spielergewerkschaft heftig kritisierte Regelung, dass Amateurvereine nur bis 15. Juli Spieler verpflichten dürfen, fällt ein Schlupfloch weg: Profis, die im Sommerschlussverkauf „übrig geblieben sind“, könnten erst wieder im Jänner zu potenteren Regionalligisten wechseln.

Pokerspieler

Maierhofer zählt zu jener Sorte Spieler, die noch Interessenten finden, aber pokern – am liebsten „all in“ wie es der „Major“ auf seinen T-Shirts in den glücklichen Zeiten bei Salzburg drucken ließ. Die bisherige Arbeit seines Managers Andreas Sadlo war umsonst. „Ich habe schon einige Angebote abgelehnt. Es muss für mich sportlich und finanziell passen“, erklärt der Ex-Rapidler.

Die Frage ist nur, wie gut die verbliebenen Karten sind. Aktuell soll es Interesse von Klubs aus der Wüste geben. „Ein konkretes Angebot von dort hab’ ich aber nicht.“ Mitte Mai hatte der 19-fache Teamspieler seinen letzten Einsatz. Jede weitere Woche ohne Unterschrift erschwert das Comeback und verringert den Marktwert.

Die Wartezeit verkürzt der zweifache österreichische Meister mit Fitnesstraining: „Ich mache täglich mein Programm und bin drei Mal die Woche beim Boxtraining. Mir fehlen nur die Übungen mit einer Mannschaft und dem Ball fürs richtige Timing.“ Dafür versucht Maierhofer selbst schon Teams zu trainieren: „Ich lenke meinen Blick auch auf die Zeit nach der Karriere und habe mit der Trainer-Ausbildung zur B-Lizenz begonnen.“ Vergangene Woche verbrachte der Gablitzer deshalb einen Tag als Coach mit der U-16 der Nachwuchs-Akademie in St. Pölten.

Maierhofer lebt nach dem Motto: Arbeitslos? Na, und! „Mir wird schon nicht fad. Nach der Gartenarbeit fahre ich mit dem Mountainbike aus und dann wartet das Essen meiner Mama.“

Stefan Maierhofer stürmte einst für die Amateure des FC Bayern München. Auf Jobsuche ist auch Daniel Sikorski, sein ehemaliger Sturm-Partner in München. Sikorski war 2005 mit 17 Jahren der erste Österreicher, der den Sprung in den Bayern-Nachwuchs gewagt hat, zwei Jahre später kam ein gewisser David Alaba. „Daniel war ganz wichtig für mich am Anfang“, erinnert sich Alaba, der Sikorski heute noch dankbar ist. „Weil er mir den Einstieg bei den Bayern immens erleichtert hat. Wenn du mit 16 von zu Hause weggehst, ist das am Anfang nicht so leicht. Aber Daniel hat mir geholfen, er ist ein überragender Typ.“

Fünf Jahre lang bekam Sikorski bayrische Tugenden eingeimpft. „Ich hatte jahrelang Hermann Gerland als Trainer. Wenn du da stehen bleibst, wenn du den Ball verlierst, wirst du sofort ausgetauscht“, erinnert sich der variable Stürmer, der Mats Hummels, Toni Kroos, Thomas Müller oder Holger Badstuber als Mannschaftskollegen hatte. Die Karriere des ehemaligen österreichischen Unter-21-Teamspielers geriet zuletzt in Polen, dem Mutterland seiner Eltern, etwas ins Stocken. Bei Wisla Krakau gab es zuletzt mehr Probleme als ihm lieb war. „Wenn man fünf Monate lang kein Geld bekommt, ist es nicht leicht, den Kopf frei zu bekommen“, sagt der 25-jährige Familienvater. In Polen will Sikorski nicht mehr spielen. Das Kapitel ist abgehakt, ein Neustart geplant. So wie Maierhofer ist er aktuell vereinslos und kann jederzeit bei einem Klub anheuern. Das Problem sei jedoch, dass ihn in Österreich nach fünf Jahren in München und drei in Polen niemand so richtig kennt. Derzeit hält sich Sikorski in St. Pölten fit.

Sich selbst in Schuss hält Thomas Prager, der nach Vertragsende bei Rapid im Sommer ebenso noch keinen neuen Klub hat. „Mit Slovan Bratislava war alles ausverhandelt, ehe der Vertrag zurückgezogen wurde. Wir waren wirklich überrascht, dass es so schwer wird und wir auf der Strecke bleiben“, sagt Pragers Berater Andre Seidl. Aber auch CSKA Sofia war ein Thema. „Dort war ich war zuletzt auf Probe. Zunächst hat man mir einen Zweijahresvertrag angeboten, dann hat sich der Klub nicht mehr gemeldet“, seufzt der Ex-Teamspieler, der heute 28 Jahre alt wird.

Gemeldet hat sich Viborg FF bei Andreas Dober. Das Angebot des Aufsteigers der dänischen Superliga war für den Ex-Rapidler aber nicht verlockend. „Mein Traumziel ist nach wie vor Amerika. Dort beginnt die Transferzeit aber erst im Jänner wieder. Ich muss mich also noch gedulden“, sagt Dober.

Mit Jürgen Säumel hängt ein weiterer Ex-Teamspieler in der Warteschleife. Der ehemalige Italien-Legionär hatte nach der vergangenen Saison bei Sturm einen stark leistungsbezogenen Vertrag abgelehnt. Vereinslos ist auch Andreas Ibertsberger, obwohl der Außenverteidiger mit 31 Jahren noch im guten Alter ist und erfolgreiche Jahre in Deutschland vorweisen kann.

Ohne Klub ist auch noch Emin Sulimani oder die beiden ehemaligen Teamkeeper Helge Payer und Jürgen Macho. Während Payer als ORF-Experte in die Kicker-Pension gleitet, ist bei Macho eine Rückkehr noch eher offen. Zuletzt stand er im Frühjahr bei der Admira im Tor, nach einem Kreuzbandriss kämpft er sich derzeit zurück.

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