Leo Windtner: Begeisterung braucht eine Bühne

Freudentänzchen mit Koller: "Ganz Österreich wünscht innig, dass er auch nach der EM weitermacht".
Der ÖFB-Präsident über den EM-Hype und weniger Erfreuliches im heimischen Fußball.

Österreichs Nationalmannschaft ist wieder ein Begriff im internationalen Fußball. Das spürt auch Leo Windtner, der Präsident des Österreichischen Fußball-Bundes. In welcher Form und wie er das ausgebrochene Hoch nutzen, also gewinnbringend einfangen will, erzählt er im KURIER-Gespräch.

KURIER: Herr Windtner, wie haben Sie die letzten Tage erlebt?

Leo Windtner: Ich habe sehr viel positiven Zuspruch erhalten. Nach 18 Jahren hat sich Österreich wieder sportlich für eine Endrunde qualifiziert. Der Hype um das Nationalteam ist unvorstellbar, ein Begeisterungssturm, den es als Rückenwind zu nutzen gilt.

Und wie?

Österreichs Klubs werden ihn genauso spüren. Der Zulauf an der Basis wird intensiver werden. Die Stärken, die uns Spieler mit Migrationshintergrund bringen, müssen weiter ausgebaut werden. Denn es wird immer bewusster, wie viel der Fußball zur Integration beitragen kann. Darauf muss man vermehrt setzen.

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Allerdings hinken im österreichischen Fußball viele Rahmenbedingungen hinterher. Beispielsweise die Infrastruktur ...

Richtig, da gibt es einigen Verbesserungsbedarf. Es gibt Klubs in den Unterligen, die über schöne Anlagen verfügen. Aber ab der Regionalliga über die Erste Liga bis hinauf in die Bundesliga existieren Defizite und Optimierungsbedarf. Daran arbeitet die Bundesliga mit ihren Klubs intensiv. Derzeit haben wir ja auch kein adäquates Nationalstadion, das ein Champions-League-Finale erlauben würde.

Das heißt, der Klasse-Fußball soll eine Bühne in Form eines neuen Stadions bekommen?

Ein Nationalstadion trägt viel zur Identität bei und bindet die Fans und die Wirtschaft. Dieses Anliegen wurde schon mehrfach deponiert, und im Vergleich zu modernen Arenen in Europa haben wir hier klare Nachteile. Es herrscht wirklich dringender Bedarf. Das altehrwürdige Happel-Stadion ist bei Länderspielen zwar eine tosende Arena, aber in vielen Bereichen entspricht das Stadion den modernen Anforderungen nicht mehr.

Apropos Zukunft: Wie sieht jene von Teamchef Marcel Koller aus?

Sein Vertrag läuft noch bis einschließlich der Europameisterschaft in Frankreich, also bis Ende Juli 2016. Klar ist, den ÖFB und Marcel Koller verbindet jedenfalls ein sehr partnerschaftliches Verhältnis.

Das man vorzeitig verlängern sollte? Wir werden uns zeitgerecht zusammensetzen. Rechtzeitig vor der EM. Dass Koller Teamchef bleibt und auch nachher weitermacht, ist ein in ganz Österreich gehegter inniger Wunsch.

Die Spieler haben sich souverän qualifiziert. Wie wird sich der ÖFB erkenntlich zeigen?

Wir zahlen ordentliche Prämien, können aber erst darüber sprechen, wenn wir wissen, was wir letztendlich von der UEFA für die Teilnahme erhalten. Reich werden die Spieler bekanntlich durch den ÖFB allerdings nicht, weil sie ihr Geld mit ihrer Arbeit bei den Klubs verdienen. Andererseits muss man ja auch sehen, dass die Spieler im Nationalteam eine entsprechende Bühne bekommen, auf der sie sich ins internationale Rampenlicht schieben können.

Bei Teilnahme- und Punkteprämien wird sich die UEFA, der Europäische Fußballverband, wohl nicht lumpen lassen. Mit welcher Summe darf der ÖFB ungefähr rechnen?

Darüber ließe sich derzeit nur spekulieren. Aber wir werden hoffentlich von der UEFA demnächst mehr erfahren.

Jetzt kann man sich wenigstens schon auf ein geeignetes Team-Quartier in Frankreich festlegen. Gibt es dazu schon Konkreteres?

Wir haben bereits einige mögliche Quartiere besichtigt. Aber auch dabei wird die Kostenfrage nicht außer Acht bleiben können. Die Quartiergeber in Frankreich sind ja auch nicht gerade wegen ihrer übertriebenen sozialen Haltung bekannt. Konkrete Verhandlungen werden folgen.

Österreichs Nationalteam hat in der laufenden EM-Qualifikation noch zwei Spiele zu absolvieren: Am 9. Oktober in Podgorica gegen Montenegro, drei Tage später stehen der Abschluss und die Party zur gelungenen Qualifikation im Heimspiel gegen Liechtenstein auf dem Programm.

12. Dezember: Auslosung in Paris.

Ab 9. November: Lehrgang in Alicante, am 17. November ein Test (möglicherweise Schweiz).

21. bis 29. März: ein weiterer Lehrgang.

31: Mai 2016: Bekanntgabe des 23-Mann-Kaders.

10. Juni 2016: EM-Eröffnung.

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