Der Liga-Gipfel steigt in Salzburg

Der Liga-Gipfel steigt in Salzburg
Vor dem ersten Kräftemessen zwischen Salzburg und Rapid in dieser Saison stehen die Angreifer im Mittelpunkt.

Es ist eine oft verwendete Phrase im Fußball: "Lieber sieben Mal 1:0 als ein Mal 7:0 gewinnen!" Viele Rapidler denken aber trotzdem heute noch gerne an das 7:0 vom Ostersonntag 2008 zurück, obwohl man seitdem auf einen Sieg in Salzburg wartet.

Vor dem heutigen neunten Duell (16 Uhr, live ORFeins, Sky) seit jenem Rapid-Triumph spricht viel für die Salzburger, die in der Liga seit 17 Partien ungeschlagen sind und die letzten neun Spiele gewonnen haben.

Salzburg steht nach drei Runden wie am Ende der letzten Saison wieder an der Tabellenspitze. Rapid liegt nach der Derby-Pleite gegen Austria drei Punkte hinter dem Konkurrenten. Von einer richtungsweisenden Partie will Salzburg-Trainer Roger Schmidt nichts wissen: "Es wäre totaler Quatsch, von einer Vorentscheidung zu sprechen, wenn wir gewinnen sollten."

Schmidt hat zwar 31 Spieler im Kader, im Sturm trotzdem nicht die Qual der Wahl. Der Spanier Jonathan Soriano ist gesetzt, auch weil der Brasilianer Alan nach einem Kreuzbandriss vor einem Jahr noch immer nicht fit ist.

Bei Rapid gibt es mit Terrence Boyd und Deni Alar nur zwei Mittelstürmer, aber viele mögliche Varianten. Heute sollen beide spielen.

Die langen Leiden des jungen Alan

Der Liga-Gipfel steigt in Salzburg

Ein falscher Schritt kann ein Leben verändern. Genau das ist Salzburg-Stürmer Alan passiert. Fast ein Jahr nach einer schweren Knieverletzung kann der Brasilianer, der davor ein Tor nach dem anderen erzielt hatte, auch im heutigen Schlager gegen Rapid nicht mitspielen.

Gemacht hat er diesen falschen Schritt am 28. August 2011 – gegen Rapid. Bei den Salzburgern war an diesem Tag in den 90 Minuten davor nicht viel zusammengelaufen – auch bei Alan nicht.

In der Nachspielzeit hätte der Stürmer doch noch das Siegestor erzielen können, doch dann folgte jener falsche Schritt. Alan blieb mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Sofort war klar, dass er sich schwer am Knie verletzt hatte. Eine Untersuchung am Tag danach bestätigte die Befürchtungen: Alan hatte sich einen Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie zugezogen. Für einen Profifußballer ist dies eine der schwersten Verletzungen, bei einem normalen Heilungsverlauf verbunden mit einem Krankenstand von sechs bis acht Monaten.

Doch beim Brasilianer sollte nichts normal sein. Denn er traf eine Entscheidung, die sich im Nachhinein als fatal herausstellen sollte. Alan ließ sich von einem Spezialisten in seiner Heimat operieren – zu einem kritischen Zeitpunkt.

Lange Reha

Bei solchen Verletzungen kann sich nämlich nach drei bis vier Tagen das Knie für drei bis vier Wochen entzünden. Eine OP in diesem Zeitraum birgt die Gefahr in sich, dass sich die Reha-Zeit deutlich verlängert. Und genau das ist bei Alan offensichtlich passiert.

"Es war wohl ein Fehler des Arztes. Aber ich bin ihm nicht böse. Fehler können passieren", sagt der mittlerweile 23-Jährige.

Immer wieder versuchte er zu trainieren, immer wieder gab es Rückschläge, immer wieder musste er wieder in die Reha. Zuletzt war er im Juli in Deutschland.

Wann Alan wieder spielen kann, weiß niemand. "Ein Training mit der Mannschaft ist noch nicht möglich. Er ist aber schmerzfrei", sagt Trainer Roger Schmidt. Auch Alan möchte keine Prognosen abgeben. "Ich arbeite sehr intensiv an meinem Comeback – auch wenn ich nicht genau weiß, wann ich wieder spielen kann und wie es dann sein wird."

Heute wird also wieder Jonathan Soriano für Salzburg stürmen. Und der Spanier macht seine Arbeit momentan sehr ordentlich. Seine Torquote ist ähnlich jener Alans vor dessen Leidenszeit.

Die vielen Gesichter des jungen Alar

Nur zwei "echte" Stürmer stehen mit Deni Alar und Terrence Boyd im Kader von Rapid. Zu wenig? Was, wenn einer vom Schicksal Alans eingeholt wird? Wie können die Hütteldorfer noch reagieren, wenn Salzburg heute in Führung gehen sollte?

"Kein Problem", betont Rapid-Trainer Peter Schöttel immer wieder und zählt seine Alternativen auf: Burgstaller, der schon letzte Saison als "falscher Neuner" versucht hatte, was Spanien mit Fabregas bei der EURO perfekt vorzeigte. Drazan und Trimmel, die gelernte Stürmer sind. Grozurek, der bei den Amateuren ein Mittelstürmer war. Und der erst 17-jährige Schaub, der laut Schöttel "offensiv alles spielen kann". Deshalb wurden seit Schöttels Amtsantritt mit Vennegoor of Hesselink, Konrad, Salihi, Gartler und zuletzt Nuhiu auch fünf Mittelstürmer abgegeben.

Tatsächlich kommt der Cheftrainer sogar mit nur eineinhalb "echten" Stürmern aus, weil Alar meistens aus der zweiten Etappe kommt – auch heute als Unterstützung zu Boyd: "Nach seinem Tor gegen Novi Sad ist Deni im Training extrem auffällig. Er hat nochmal einen Schub bekommen."

Positionsfrage

"Ich bin ganz vorne am wertvollsten", glaubt der 22-jährige Steirer weiterhin – im Gegensatz zu seinem Trainer: "Deni hat eine feine Technik und ein gutes Auge. Er ist im direkten Duell nicht der Mutigste, aber der Schlauste. Für die Weiterentwicklung der Mannschaft ist es wichtig, ihn variabel einzusetzen. Er hat seinen Horizont auch schon erweitert."

Der Plan, aus dem Linksfuß einen zweiten Robben am rechten Flügel zu machen, ist zwar vertagt. Vom Selbstvertrauen des Holländers hat sich der Ex-Kapfenberger aber etwas abgeschaut. "Ich bin viel selbstsicherer als vor einem Jahr. Sich nix scheißen und trotzdem Verantwortung übernehmen – nur so kann ich wachsen", erklärt der abseits des Feldes schüchtern wirkende Alar seinen Plan.

In der Nachspielzeit gegen Novi Sad war es dann auch zu sehen, das zweite, noch nicht so bekannte Gesicht des jungen A. "Hofmann war sich nicht sicher, ich aber zu 100 Prozent. Ich war auch kaum nervös", erzählt der Matchwinner, der den Ball vor dem Elfmeter nicht mehr an Boyd abgeben wollte. Schöttel: "Terrence will am liebsten alles machen. Gut, dass sich Deni behauptet hat. Für dieses Tor gebührt ihm von uns der größte Respekt."

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