Der Kapitän des Wunder-Teams

Robert Gucher (re.) steht als Kapitän von Frosinone vor dem Aufstieg
Der Steirer Robert Gucher steht mit dem Überraschungsteam Frosinone Calcio vor dem Aufstieg in die italienische Serie A.

Wenn Robert Gucher dieser Tage durch Frosinone spaziert, dann kann es passieren, dass ihm wildfremde Menschen um den Hals fallen und er mit Komplimenten überhäuft wird. „Die Leute bedanken sich, dass sie das erleben dürfen“, erzählt der steirische Mittelfeldspieler. „Die ganze Stadt lebt gerade einen großen Traum.“

Es ist der Traum vom ersten Aufstieg von Frosinone Calcio in die italienische Serie A. Ein großer Traum und ein noch größerer Schritt, den niemand für möglich gehalten hätte.

Nicht die Fußball-Experten im Land des vierfachen Weltmeisters, die den unbekannten Liganeuling vor der Saison als Abstiegskandidaten Numero Uno ausgemacht hatten.

Auch nicht die fußballbegeisterten Menschen in Frosinone, dieser Kleinstadt im Latium, die in ihrer Geschichte zwei Päpste (Hormisdas, Silverius) und einen Eisheiligen (Vienna-Capitals-Meistermacher Jim Boni) hervorgebracht hat.

Ja, selbst die Spieler von Frosinone wurden von ihrem Erfolgslauf auf dem falschen Fuß erwischt. „Wir haben in den letzten Wochen mit dem Präsidenten schnell noch eine Aufstiegsprämie ausverhandelt“, sagt Robert Gucher.

Große Euphorie

Der 24-Jährige ist der Anführer und Wortführer beim Sensationsteam aus Latium. Bereits mit 17 Jahren war der zentrale Mittelfeldmann vom GAK zu Frosinone gewechselt, mittlerweile hat sich Gucher beim Zweitligisten sogar zum Kapitän hochgedient. „Ich bin damals von vielen in Österreich belächelt worden, weil niemand etwas mit Frosinone anfangen konnte“, erinnert sich der Steirer, „aber es war die richtige Entscheidung.“

Jetzt erntet er die Früchte, nun erlebt er hautnah die Euphorie in der 50.000-Einwohner-Stadt, in der sich seit Wochen alles nur noch um den Fußball dreht. Die vergangenen Heimspiele waren immer schon Tage vorher ausverkauft, zum gestrigen Match im 600 Kilometer entfernten Cittadella wurde das Team von 1500 Anhängern begleitet. „Die Leute hier sind stolz auf die Mannschaft, sie empfinden es als riesige Ehre, dass man in Frosinone über die Serie A reden darf.“

Zumal es nicht nur leeres Geschwätz ist: Nach dem 1:1 in Cittadella geht Frosinone als Zweiter mit vier Punkten Vorsprung in die letzten beiden Runden. Der zweite Rang würde zum direkten Aufstieg berechtigen. „Wir wollen aus unserem Traum nicht mehr aufgeweckt werden“, sagt Gucher.

Hohes Ansehen

In Italien sprechen sie bereits vom „Wunder von Frosinone“. Dabei ist der Aufstieg des Aufsteigers für Gucher durchaus plausibel: Das junge Team (Altersschnitt 23 Jahre) ist eingespielt und erfolgshungrig, dazu kommt die Heimstärke im engen Matusa-Stadion (9000 Plätze), in dem Frosinone in drei Jahren nur eine Partie verloren hat. „Dort verstehst du dein eigenes Wort nicht.“

Gucher genießt im italienischen Fußball ein hohes Ansehen, sein Weg wird im Sommer in die Serie A führen – so oder so. Denn Klubs wie Lazio, Sampdoria Genua und Hellas Verona haben Interesse am Österreicher. „Ich hab’ hier ein super Standing, in Italien kennt man mich.“

Den Steirer stört es manchmal, dass der italienische Fußball in Österreich nicht so verfolgt und geschätzt wird. „Es ist ein anderer Fußball hier, sehr taktisch geprägt, aber das Niveau ist enorm. Und hier musst du dich als Ausländer erst einmal durchsetzen. Da musst du ein zäher Hund sein und viel einstecken können. Diese Mentalität hat nicht jeder.“

Wenn der Traum vom Aufstieg Wirklichkeit geworden ist, dann wird Robert Gucher weiter träumen. Davon, dass ihn irgendwann einmal Teamchef Marcel Koller in Frosinone besuchen kommt und ihm live auf die Beine schaut. „Wenn ich Kapitän in der Serie A bin, dann sollte das ja eigentlich Aufmerksamkeit erregen. Es ist jedenfalls mein Ziel, ins A-Team zu kommen. “

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