Der Entwicklungshelfer in der Krisenregion

Der Entwicklungshelfer in der Krisenregion
Stanislaw Tschertschessow hat aus Terek Grosny einen Spitzenklub geformt

Wenn ein Heimspiel ansteht, dann steigt Stanislaw Tschertschessow in den Bus und begibt sich auf Reisen. Vier Stunden ist er dann mit seinen Spielern von Terek unterwegs, von Kislowodsk im Nordkaukasus nach Grosny, der Hauptstadt von Tschetschenien. Die Fahrt führt vorbei an zerstörten Häusern und verlassenen Dörfern, Andenken eines Krieges, der 15 Jahre lang die Krisenregion im Bann gehalten hatte.

Auch deshalb ist für Stanislaw Tschertschessow und Terek Grosny nun jede Heimpartie ein Auswärtsspiel. Aus Sicherheitsgründen hat der Klub aus der tschetschenischen Hauptstadt seit Jahren schon in Kislowodsk Quartier bezogen. "Aber wenn unser neues Trainingszentrum fertig wird, werden wir nach Grosny übersiedeln", erklärt der ehemalige FC-Tirol-Tormann.

Seit September 2011 ist der Russe nun schon Chefcoach von Terek Grosny und in diesen 14 Monaten hat sich einiges getan. In der Stadt, die gerade dabei ist sich neu zu erfinden ("alle zwei Wochen, wenn wir nach Grosny kommen, stehen neue Gebäude da"), aber auch rund um den Verein, der seit Wochen die Mannschaft der Stunde ist. Tschertschessow hat aus dem Abstiegskandidaten einen Europacup-Anwärter geformt, die No-Name-Truppe Terek liegt auf Platz vier, noch vor den Moskauer Traditionsklubs Lokomotive oder Spartak.

Paradebeispiel

Ja, mehr noch: Tschertschessow ist es gelungen, die Menschen in der Krisenregion im Kaukasus für den Fußball zu begeistern. "Normal ist Ringen hier die Sportart Nummer eins. Jetzt kommen im Schnitt 26.000 Zuschauer, so viele wie bei keinem anderen Verein in der Liga", strahlt Tschertschessow.

Terek Grosny gilt heute als Paradebeispiel der Völkerverständigung. Im Team von Tschertschessow kicken Russen und Tschetschenen nebeneinander, "wir haben Christen, Orthodoxe und Moslems im Kader", erzählt der Coach, der auch schon mit Ramsan Kadyrow Bekanntschaft gemacht hat, dem exzentrischen und fußballnarrischen Präsidenten von Tschetschenien. Kadyrow persönlich hat im Vorjahr Tschertschessows prominenten aber erfolglosen Vorgänger hochkant rausgeworfen. Sein Name: Ruud Gullit.
 

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