Stadtrivale Atlético lehrt Champion Real das Fürchten

Im Viertelfinale kommt es zur Neuauflage des spanischen Vorjahrsfinales.

Manchmal würden sie sich bei Real Madrid wünschen, dass Carlo Ancelotti seinen Emotionen einmal freien Lauf lässt. Er müsse ja nicht gleich so auszucken wie Diego Simeone, der impulsive und hyperaktive Coach des Stadtrivalen Atlético, aber ein wenig mehr Temperament, so meinen sie beim spanischen Rekordmeister, könne der besonnene Italiener ab und an schon zeigen.

Ancelotti verfolgt die Partien die meiste Zeit regungslos in seiner Coaching Zone, und würde er nicht ständig Kaugummi kauen, könnte man fast glauben, Real habe sich da eine Wachsfigur auf die Trainerbank gesetzt. Selbst als im letzten Jahr im Champions League-Endspiel gegen Atlético Madrid die Uhr bedrohlich tickte, und nur mehr wenige Minuten blieben, um den 0:1-Rückstand wettzumachen, blieb Ancelotti die Ruhe in Person, während in der Coaching Zone nebenan mit Diego Simeone die Emotionen durchgingen. Den späten Ausgleich durch Ramos nahm er genauso cool hin, wie den späteren 4:1-Triumph in der Verlängerung. Aber Champions-League-Siege sind für den fünffachen Gewinner Ancelotti (drei Mal als Trainer, zwei Mal als Spieler) ja fast schon Routine.

Und vielleicht braucht es auch genau so einen Ruhepol wie Ancelotti, Spitzname Buddha, bei einem so schrillen und grellen Verein wie Real mit seinen Ronaldos, Bales und Benzemas.

Die Batterie

Genauso wie Atlético Madrid ein Energiebündel wie Diego Simeone so gut zu Gesicht steht. Der aufgeweckte Argentinier hat mit seiner überdrehten Art den Stadtrivalen zum Leben erweckt und mit einer vergleichsweisen No-Name-Truppe die größten Erfolge seit Jahrzehnten eingefahren. Simeone sei die "Batterie" von Atlético Madrid, schrieb die Sporttageszeitung AS.

"Er macht einen großartigen Job", lobt auch Ancelotti seinen Kollegen. Wer könnte das besser beurteilen als der Italiener, der allzu oft im 44-jährigen Südamerikaner seinen taktischen Meister gefunden hat. Das Champions League-Endspiel war so ziemlich das einzige Match, das Real gegen den Stadtrivalen gewinnen konnte.

Seither erlebte Real in den Prestigeduellen mit Atlético eine Demütigung nach der anderen. 1:2 und 0:4 verlor der Rekordmeister in der Liga, im Cup setzte es ein 0:2. Insofern hat Real im Viertelfinale der Champions League ein Horrorlos gezogen.

Aber auch das Duell mit dem Angstgegner bringt Ancelotti nicht aus der Ruhe. "Die letzten Ergebnisse gegen Atlético sind für uns eine Motivation."

Es gibt sie dann freilich doch noch, die Momente, in denen Carlo Ancelotti aus der Haut fährt. Als ihm einmal ein Fan ein "Hau ab und friss dich mit Tortellini voll" um die Ohren warf, wurde selbst der besonnene Italiener einmal ausfällig. Aber nicht etwa, weil er persönlich kritisiert worden wäre. Sondern weil er es niemals zulassen würde, "dass jemand einen ordentlichen Teller Tortellini beleidigt."

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