Rapid erkämpft sich ein Remis gegen Ajax

Hoffnungsträger: Schaub ist wieder in Europacup-Form, Beric (re.) trifft ohnehin in Serie
Die unterlegenen Hütteldorfer kommen nach einem 0:2-Rückstand trotz Unterzahl zu einem 2:2.

Die Euphorie war ohnehin schon grenzenlos. Und dann jubelte knapp vor Anpfiff auch noch der extra angereiste Jozef Valachovic den Rapid-Fans zu. Jener Slowake, der als Siegtorschütze in Moskau 2005 den letzten Einzug in die Champions League für die Hütteldorfer sichergestellt hatte. Weitere Erklärungen unnötig.

Träumen wird ja noch erlaubt sein. 43.200 kamen, der Bestwert seit dem 0:4 gegen Leverkusen 2012, als das Prater-Oval genauso voll war. Und sie sahen beim 2:2 zwei völlig konträre Halbzeiten.

Ajax war mit viel Ballbesitz, aber ohne Offensivgefahr gestartet. Rapid spielte fehlerhafter als zuletzt, aber kam zu Chancen. Steffen Hofmann schoss mit dem schwächeren linken Fuß drüber (19.), bei Stangl ist der linke der bessere – Teamtormann Cillessen hielt in Minute 20.

Chancenlos ...

Es war nur bis dahin ein Duell auf Augenhöhe. Die Qualität von Ajax wurde mit einem Schlag augenscheinlich und war dann nicht mehr zu übersehen: Nach einem weiten Pass auf Sinkgraven rutschte Auer aus. Mit Übersicht wurde Klaassen freigespielt und der Spielmacher vollendete zum 0:1 (25.).

Die Hausherren reagierten geschockt, ließen beim nächsten Angriff El Ghazi laufen, der verzog (27.). Auer, in seinem erst dritten Bewerbsspiel für die Grünen ohnehin noch ein Fremdkörper, wurde noch nervöser, zu oft allein gelassen und von Sinkgraven immer wieder ausgetanzt. Der linke Flügel – eigentlich ein zentraler Mittelfeldspieler – vergab ebenso eine riesige Chance (37.) wie Gudelj (34.).

Während Schrammel-Ersatz Stangl links mutig dagegen hielt, war rechts Konfusion angesagt. In Minute 43 war Mittelstürmer Milik auf diese Seite ausgewichen, durfte flanken und fand Klaassen, der sich gegen Stangl im Luftkampf durchsetzte. Per Kopf traf der Kopf des Ajax-Spiels in Minute 43.

Die Pausenansprache von Trainer Zoran Barisic dürfte wie schon einmal im Europacup nach einem 0:2 zur Pause den richtigen Ton gefunden haben. Wie beim 2:2 gegen Kiew kamen die Rapidler mit mehr Mut und noch mehr Kampfgeist aus der Kabine. Beric setzt sich durch und flankte perfekt auf Kainz – direkt vollendete der Steirer zum 1:2 (48.)

Aus dem neuen Mut wurde in Minute 58 Übermut: Schwab sprang mit beiden Beinen in Riedewald. Schiedsrichter Collum zeigte völlig zurecht Rot.

... aber erfolgreich

Aber auch in Überzahl konnten die Holländer nicht mehr zulegen. Rapid kam im Regen endlich in die Zweikämpfe – auch weil Joker Grahovac aufwischte. Gegen Stangl hielt Cillessen noch (72.).

Pünktlich zu Beginn der Rapid-Viertelstunde war er machtlos. Ein schneller Ballgewinn landete über Kainz und den ebenfalls starken Joker Schaub bei Robert Beric – eine Chance für den Goalgetter, ein Tor. 2:2 und im Prater flog fast das Dach weg.

Erst im Finish kam Ajax wieder auf. Novota hielt gleich zwei Mal das Unentschieden fest. Mit dem 2:2 bleibt Ajax Favorit. Trainer De Boer musste sich am Ort des größten Triumphes (1995 in der Champions League gegen Milan) aber ärgern, dass es in Amsterdam noch spannend werden könnte.

Wien, Ernst-Happel-Stadion, 43.200, SR William Collum (SCO)

Tore:
0:1 (25.) Klaassen
0:2 (43.) Klaassen
1:2 (48.) F. Kainz
2:2 (76.) Beric

Rapid: Novota - Auer, Sonnleitner, M. Hofmann, Stangl - Petsos, Schwab - Schobesberger (69. Schaub), S. Hofmann (60. Grahovac), F. Kainz (84. Huspek) - Beric

Ajax: Cillessen - Tete, Veltman, Riedewald, Dijks - Bazoer, Klaassen, Gudelj - El Ghazi (74. Fischer), Milik (84. Sanogo), Sinkgraven

Rote Karte: Schwab (58./Foul)

Gelbe Karten: Petsos bzw. Klaassen, Veltman

Rückspiel nächsten Dienstag (4. August, 20.15 Uhr) in Amsterdam - Aufsteiger im Play-off um den Einzug in die Gruppenphase der Champions League, Verlierer im Play-off um den Einzug in die Gruppenphase der Europa League.

Zoran Barisic (Trainer Rapid): "Die Freude darüber, dass wir noch 2:2 gespielt haben, überwiegt. Die Mannschaft hat wieder einmal Moral bewiesen. Wir haben nicht gegen irgendwen gespielt, Ajax ist eine spielstarke Mannschaft. Nach der Anfangsphase, die wir nicht so schlecht bestritten haben, sind wir inaktiv gewesen im Spiel gegen den Ball. (Nach dem Ausschluss) habe ich gedacht, dass es ganz, ganz schwer wird, weil sie ihre spielerische Klasse ausspielen wollen. Da muss man dann noch mehr Energie aufwenden. Er (Schwab) war übermotiviert, das ist blöd gelaufen. Wir sind zwar immer noch Außenseiter, aber dadurch, dass wir das 0:2 wettmachen konnten, ist auch in Amsterdam für uns was drin. Wir müssen den Respekt so schnell wie möglich ablegen, auch dort, dann haben wir möglicherweise noch Chancen."

Florian Kainz (Torschütze Rapid): "Wir haben in der Pause angesprochen, dass wir das noch drehen wollen, das ist uns fast gelungen. Das 2:2 ist aufgrund der zweiten Halbzeit gerecht. Wir können auf jeden Fall zufrieden sein. Ajax war in der ersten Halbzeit besser, direkt nach dem 0:1 hätten wir auch das 0:2 kriegen können. Diese Fehler müssen wir analysieren und in Zukunft abstellen. Ich bin froh, dass wir zumindest noch den Ausgleich geschafft haben. Wir können nun mit Selbstvertrauen nach Salzburg und dann nach Amsterdam fahren."

Das Schöne, aber oft auch das Gemeine am Fußball ist, dass er schnelllebig ist. Noch am Samstag wurde Meister Salzburg nach dem 1:2 bei Aufsteiger Mattersburg verspottet und Herausforderer Rapid (3:0 gegen Ried) gefeiert. Schon am Mittwoch war bereits vieles wieder anders: Salzburg wurde gelobt, Rapid eine Halbzeit lang vorgeführt.

Dieses aberwitzige Tempo erfordert vor allem eines: Ruhe. Weder ist Salzburg so abgeklärt auf dem internationalen Spielfeld, noch Rapid so heillos überfordert. Doch Vorsicht ist geboten. Erst recht in Hoch-Zeiten wie diesen mit prächtigen Europacup-Kulissen, prächtigeren Gästen (Ajax, Dortmund) und der prächtigsten Nationalmannschaft seit Einführung der Rückpassregel (1992).

Die halbe Liga suchte in dieser Woche in Europa den Kick. Die betroffenen fünf Klubs freut’s, die Liga müsste sich hingegen dringend fragen: Ist unser Format mit zwei Zehnerligen für die gestiegenen Ansprüche noch ideal? Der Frage wurde bislang wenig elegant ausgewichen, der damit verbundene und langwierige Reformprozess noch weiter verschleppt.

Der Fußball ist schnell, die verantwortlichen Funktionäre sind es nur selten.

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