Fink: "Wollte nicht nach einem halben Jahr einfach so gehen"

Thorsten Fink stellt die Austria in der Türkei taktisch variantenreicher ein.
Austria-Trainer spricht über ein abgelehntes Angebot aus seiner deutschen Heimat.

Die Wiener Austria bereitet sich seit gestern im türkischen Belek auf das Frühjahr vor, heute steht gegen Werder Bremen der erste ernst zu nehmende Test auf dem Programm. Und ein Wiedersehen mit Zlatko Junuzovic, der im Jänner 2012 aus dem Austria-Trainingslager in Lara vorzeitig abgereist war, um bei den Bremern zu unterschreiben. Der Kreis schließt sich, wobei Junuzovic nach seiner Schulterverletzung noch nicht fit genug für einen Einsatz heute ist.

Austria-Trainer Thorsten Fink ist mit der bisherigen Saison zufrieden, weiß aber genau, an welchen Schrauben er noch zu drehen hat, damit sich die Austria für den Europacup qualifiziert.

KURIER: Sie sind mehr als ein halbes Jahr Austria-Trainer. Fällt die Bilanz positiv aus?
Thorsten Fink: Schon. Es war bisher genauso, wie ich mir das vorgestellt habe. Wir stehen, wo wir derzeit hingehören. Wir waren letztlich die zweitbeste Mannschaft.

Was genau hat Sie denn positiv überrascht?
Vielleicht, dass wir fast bis zum Schluss noch Erster waren. Dass die Mannschaft so schnell zusammengefunden hat. Das war so nicht anzunehmen. Die Mannschaft hat die Philosophie angenommen und in einigen Spielen Charakter bewiesen.

Wie viel Wiener steckt in Ihnen?
Nicht viel. Das wächst doch, je länger man in einer Stadt ist. Ich fühle mich wohl in Wien. Ich bin aber in erster Linie hier, um zu arbeiten. Ich identifiziere mich mit dem Verein.

Wenn man Ihnen jetzt einen Vertrag vorlegen würde, wo die Austria am Saisonende Dritter ist. Würden Sie das blind unterschreiben oder wollen Sie doch noch verhandeln?
Schwierig. Wir sind Zweiter. Platz drei wäre am Saisonende Mitte Mai somit ein Rückschritt, wobei es immer darauf ankommt, wie wir spielen. Sagen wir so: Platz drei ist das Mindestziel. Dann hätten wir auch etwas Gutes erreicht.

Wie viel von dem, was Sie nach außen kommunizieren, glauben Sie auch in dieser Form?
(lacht) Ich bin einfach ein ehrgeiziger Junge und lasse das einmal so stehen. Werden wir Dritter, haben wir eine gute Saison gespielt. Werden wir Zweiter, war es sehr gut. Und noch ein Schritt weiter wäre überragend. Es heißt ja nicht, dass wir wirklich nur Dritter werden wollen.

Sind Salzburg und Rapid wirklich besser als die Austria, wie Sie immer wieder meinen?
Ja. Bei Rapid kommt es darauf an, was ihnen in der Europa League noch gelingt. Kommen sie weiter, haben wir eine Chance, weil sie dann einen Qualitätsverlust haben werden. Das ist ganz normal. Wir können auch nicht drei, vier Spieler ersetzen. Wenn Rapid keine Doppelbelastung hat, dann sind sie uns noch einen kleinen Schritt voraus.

Worin?
Sie sind eingespielter als wir. Sie haben mehr dieses Selbstverständnis, Spiele noch zu drehen. Man merkt, dass sie schon länger zusammenarbeiten. Das Gute ist, dass wir noch einiges verbessern können. Personell hat sich bei uns schon etwas getan. Jetzt hoffe ich, dass Alex Gorgon bleibt. In diesem Fall gibt es eine Schmerzgrenze. Ich verstehe seine Situation, aber ich will kein Verschenken eines wichtigen Spielers. Wir haben Ziele, die wir erreichen wollen. Da kann nicht einer einfach so leicht weggehen. Das gilt auch für mich.

Gutes Stichwort: Sie hatten ein Angebot von Hannover aus der Deutschen Bundesliga. Warum sind Sie denn immer noch hier?
Nach einem halben Jahr wieder zu gehen, hätte einen komischen Beigeschmack. Ich wollte die Mannschaft nicht einfach so wieder verlassen. Anders wäre es, wenn der Verein zu mir kommt und meint: Thorsten, das wäre gutes Geld für uns. Aber so war es nicht.

Sie sind in einer guten Position, Sie sind erfolgreich. Angebote werden folgen.
Aber der Status quo ist, dass ich hier bin und einen gültigen Vertrag habe.

Ist Deutschland auf Sicht Ihr Ziel?
Natürlich. Wenn ein Top-Verein aus Europa kommt, dann muss man immer abwägen. Ich muss immer sehen, wofür ich etwas verlasse. Wenn alle Seiten davon profitieren, dann wird es so schlecht nicht sein.

Sie waren schon in Österreich bei Red Bull Salzburg tätig. Hat sich in der Liga seitdem etwas geändert?
Ja, es gibt mehrere Mannschaften, die guten und schönen Fußball spielen wollen und auch können. Früher wurde doch mehr geholzt und getreten. Da waren Physis und Härte wichtiger. Jetzt spielen einige richtig guten Fußball. Das ist auch wichtig, denn nur so kann guten Spielern der nächste Sprung gelingen.

Teamchef Koller hält in seinem Kader an vielen Legionären fest. Welchen Beitrag hat die Liga zum Erfolg geleistet?
Der Beitrag wurde früher geleistet. Das sind ja jetzt die Legionäre, die damals den Sprung geschafft haben.

Zurück zur Austria: Welcher Punkt fehlt Ihrer Mannschaft noch, um das Saison-Ziel problemlos zu erreichen?
Wir brauchen ganz einfach Transfer-Perioden, um den Kader punktuell zu verbessern. Wir können nicht den Sprung von Platz sieben auf eins machen. Wir haben eine gute Mannschaft, sonst wären wir nicht unter den Top 3. Wenn man sich personell schrittweise verstärkt, dann bringt das automatisch Stabilität mit sich. Das Ziel sollte dann sein, stets die Chance auf den Meistertitel zu haben. Darüber hinaus müssen wir versuchen, uns regelmäßig europäisch zu qualifizieren.

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