Alfred Ludwig: Eine Ära geht zu Ende
Als Talent des Nussdorfer AC war er einst zu dünn und schmächtig für die Wiener Liga gewesen. Als erfahrenstes Funktionärsschwergewicht im österreichischen Sport nimmt Generaldirektor Alfred Ludwig, 65, Ende Juli beim Fußballverband (ÖFB) seinen Hut.
KURIER: Niemand glaubt, dass Sie beim ÖFB abtreten.
Alfred Ludwig: Den Zweiflern kann ich versichern: Am 31. Juli geb’ ich die Schlüssel ab. Nach 32 Jahren ÖFB will ich mir ersparen, dass die Leute fragen: Wann hört der Alte endlich auf?
Wie hoch war das Budget des Fußballbundes, als der einstige Bautenminister und Fußball-Präsident Karl Sekanina, einen Rat des Sportjournalisten Michael Kuhn befolgend, den Turn- und Englisch-Lehrer Ludwig 1981 zum ÖFB holte?
Ich begann als Pressechef, war als solcher nicht in finanzielle Dinge involviert. 1986, als ich Generalsekretär wurde, werden es rund 15 Millionen Schilling gewesen sein.
Und wie hoch ist das ÖFB-Budget heute?
26 Millionen. Aber Euro.
Was hat sich sonst am meisten im Fußball geändert? Gagen, Medien, Trainingsintensität, Benehmen der Spieler?
Erinnert Sie das soeben erfolgte EM-Out nicht an 1998, 1990 oder gar an 1982, als es ebenfalls Unstimmigkeiten gab?
1982 ist mit heute überhaupt nicht vergleichbar. Damals sind wir mit ein paar Journalisten nach Spanien gefahren. Jetzt war in Frankreich für unser Team ein eigenes Medienzentrum notwendig. Und was dort in Mallemort passiert ist, kann ich nicht beurteilen. Ich war in Paris. Dort haben wir unsere ÖFB-Botschaft am 23. Juni geschlossen.
Worauf sind Sie als scheidender Generaldirektor des größten österreichischen Sportverbandes am meisten stolz?
Der ÖFB hat in allen Jahren nie Schulden gehabt. Obwohl ich zuletzt gelesen habe, dass wir uns bezüglich der Vorbereitung auf die EM Dinge geleistet haben, die wir uns nicht leisten können. Aber wenn es ums Nationalteam geht, sind wir immer an unsere Grenzen gegangen.
Die Vorgänger von Koller stellen fest, dass das Betreuerteam nun fast doppelt so groß ist.
Mit welchem Teamchef war’s am schwierigsten?
Ich kam mit allen gut aus. Am schwierigsten und doch zugleich auch besonders harmonisch war es mit Ernst Happel, weil der oft spontan Dinge gefordert hat, die organisatorisch nur schwer erfüllbar waren. So hat er einmal in der Stadt Salzburg gesagt: Nach dem Training mach’ ma einen Waldspaziergang und gehen in einer Hütte Kaffeetrinken. Wo gibt’s in der Stadt a Alm?
Und Hans Krankl?
Er gehört zu den wenigen Ikonen. Er war zu seiner Zeit sicher ein guter Trainer. Und hätte er sich an moderne Gegebenheiten angepasst, wäre er das auch heute.
Was war in 32 Jahren beim ÖFB Ihr größter Fehler?
Dass ich dem damaligen FIFA-Präsident Blatter geglaubt habe, als der uns beim FIFA-Kongress in Marrakesch vor vielen Gästen am Tisch garantierte, dass Steffen Hofmann für Österreich spielen darf. Ein paar Monate später hat er uns in Budapest gesagt, dass dem nicht so ist. Das Perverse war, dass von der FIFA danach Passagen in die Statuten genommen wurden, die wir als Argument gebracht hatten, dass der gebürtige Deutsche Hofmann für uns spielen kann. Mich schmerzt die Sache auch zehn Jahre später noch. Denn der Steffen hat in allen Gesprächen nie eine einzige Forderung gestellt. Der Rapid-Kapitän, den ich heute noch über alles schätze, wollte nur schlicht und einfach für Österreich spielen.
Welche Teamspieler sind Ihnen besonders ans Herz gewachsen?
Vielleicht der letzte Spielerrat mit Janko, Prödl, Fuchs, Harnik und Alaba. Die Prämien-Verhandlungen mit ihnen verliefen besonders korrekt und freundschaftlich. Die Spieler waren sofort für leistungsbezogene Verträge und haben immer akzeptiert, dass bei Misserfolgen keine Lebensversicherung gezahlt werden kann.
Stimmt es, dass sogar schon die Prämien-Frage für die WM-Qualifikation 2018 geklärt ist?
Auch 2018 war innerhalb von fünf Minuten erledigt. Ich war fast gerührt, als ich noch in der Nacht, nachdem ich vom Trainingscamp aus Stegersbach heimgefahren war, ein SMS von Marc Janko auf meinem Handy fand. Mit dem Wortlaut: "Hart, aber fair. Vielen Dank für das Gespräch."
Der Herr Lehrer
Alfred „Gigi“ Ludwig wurde am 26. Juli 1950 in Wien geboren. Der Amateurfußballer arbeitete zunächst als Hauptschullehrer und nebenbei als Sportjournalist. Im Jahr 1981 kam er zum Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB), zunächst als Pressesprecher. Fünf Jahre später stieg er zum Generalsekretär auf. Österreichs größten Sportverband
führte der zweifache Familienvater somit 30 Jahre lang, in dieser Zeit sah er 13 Teamchefs und vier Präsidenten kommen und gehen. Höhepunkt war die EURO 2008 im eigenen Land.
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