Adi Hütter: "Ich wollte mich weiterentwickeln"

Auf Erfolgskurs mit den Young Boys Bern: Der Vorarlberger Trainer Adi Hütter.
Der Trainer der Young Boys Bern über seinen Werdegang und die Unterschiede zum Schweizer Fußball.

Auf den ersten Blick sieht die Sache eindeutig aus: Serienmeister FC Basel führt vor der letzten Runde souverän mit 83 Punkten, die Young Boys aus Bern haben als Zweiter 17 Punkten weniger. Eine einseitige Angelegenheit – so möchte man zumindest beim Studium der Tabelle meinen. Adi Hütter sieht die Sache anders. Der Cheftrainer der Young Boys kann Zahlen vorlegen, die ein enges Duell zwischen Basel und Bern zeichnen. In der Hütter-Tabelle sind die beiden Vereine nämlich praktisch gleichauf.

KURIER: Herr Hütter, sind Sie zufrieden mit Ihrer ersten Saison bei den Young Boys?

Adi Hütter: Als ich nach Bern gekommen bin, hatte YB einen enttäuschenden Start hinter sich. Insofern bin ich sehr zufrieden. Wir spielen in der neuen Saison international, und seit ich hier bin, sind wir praktisch auf Augenhöhe mit dem FC Basel.

Bedeutet das, die Young Boys gehen in der nächsten Saison auf den Titel los?

Moment: Den letzten Meistertitel hat YB vor 30 Jahren geholt, übrigens unter Alexandar Mandziara, der war später mein Coach beim LASK. Worauf ich hinaus will: Den FC Basel zu knacken ist eine enorme Herausforderung. Wenn man weiß, was für Möglichkeiten dieser Klub hat. Aber. .

.... aber?

Aber wichtig ist, dass wir den Abstand immer mehr verkürzen, die Lücke schließen. Wir müssen zur Stelle sein, sollte Basel einmal eine Schwäche zeigen. Die Berner sind extrem fußballbegeistert. Zu unseren Heimspielen kommen im Schnitt 17.000 Besucher, da ist viel Potenzial da.

Klingt danach, als wäre es die richtige Entscheidung gewesen, Salzburg nach dem Doublegewinn zu verlassen.

Ich habe mich damals so entschieden und möchte darüber eigentlich auch nicht mehr viele Worte verlieren. Salzburg war für mich eine ideale Station, ich bin dankbar, dass ich dort arbeiten durfte. Aber ich wollte den nächsten Schritt machen, mich als Trainer weiterentwickeln. Im Nachhinein habe ich alles richtig gemacht.

Was erwartet einen Trainer im Ausland?

Du musst dich vielleicht noch mehr behaupten, weil du zwangsläufig mehr im Fokus stehst. Es ist auch spannend, wenn du während der Saison als Trainer beginnst, die Spieler und die Liga nicht richtig gut kennst. Ich bin sehr stolz, wie schnell die Mannschaft verstanden und umgesetzt hat, wie wir spielen wollen. Wenn mir Anhänger sagen, dass sie gerne ins Stadion kommen, weil da immer etwas los ist, dann weiß ich, dass unser Weg stimmt. Das ist auf jeden Fall angenehmer, als wenn die Leute sagen würden: ,Den haben wir hier nicht gebraucht.‘

Was war dann die größte Umstellung für Sie? Die hohen Preise durch den Franken? Vielleicht die Sprache?

Stimmt schon, am Anfang ist es schon brutal, wenn du siehst, wie hier das Geld rausgeht. Sechs Franken für einen Kaffee, und, und, und. Was das Schwyzerdütsch betrifft: Als Vorarlberger ist das für mich kein Problem, da tut sich mein Co-Trainer Christian Peintinger schon schwerer. In der Mannschaft wird bei uns sowieso viel Englisch und Französisch gesprochen. Deshalb habe ich auch mit einem Französisch-Kurs begonnen.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den beiden Ligen?

Was irgendwie erstaunlich ist: Wir sind Nachbarn, aber wir wissen eigentlich kaum etwas über die andere Liga. Die Leute hier in der Schweiz kennen keine zwei Spieler aus der österreichischen Liga, umgekehrt ist es aber genauso.

Dann geben Sie uns einen Einblick. Was ist anders in der Schweiz, was läuft besser?

Die Infrastruktur ist auf jeden Fall besser als in Österreich. Wenn man sich die Stadien ansieht, auch die Zuschauerzahlen, dann ist die Schweiz uns da voraus. Und es sind etliche erfahrene Spieler hier: Solche Altstars und Persönlichkeiten wie Guillaume Hoarau bei YB, der früher bei Paris St-Germain gespielt hat, ein Walter Samuel, ein Theofanis Gekas, ein Kim Källström oder ein Alexander Kerschakow, die sieht man in Österreich nicht.

Stöger, Hasenhüttl und nun Sie – alle drei österreichischen Auslandstrainer sind erfolgreich. Sehen Sie Parallelen?

Ich denke, wir drei sind Trainer, die sehr viel investieren und immer dazulernen wollen. Wir sind auch zwischenmenschlich gute Typen, die sich nicht verschließen und auch bei der Öffentlichkeit und den Medien gut ankommen. Ich kann Trainer nicht verstehen, die sich mit Journalisten anlegen und ständig nur herumgranteln. Als Trainer bist du einer der wichtigsten Repräsentanten des Vereins und ein Vorbild.

Apropos Vorbild: Glauben Sie, dass Ihnen noch mehr österreichische Trainer ins Ausland folgen werden?

Das Nationalteam hat für viel positive Stimmung gesorgt, auch dank Teamchef Marcel Koller. Das tut dem ganzen österreichischen Fußball sehr gut. Wichtig ist, dass wir uns auch als Trainer nicht kleiner machen, als wir sind. Unsere Trainerausbildung ist sehr gut.

Privat

Adolf „Adi“ Hütter wurde am 11. Februar 1970 in Hohenems geboren. Er ist verheiratet und hat eine Tochter (17). Hütter ist gelernter Großhandelskaufmann.

Karriere

Als Spieler gehörte Hütter zur Mannschaft von Austria Salzburg, die 1994 bis ins UEFA-Cup-Finale vorstieß. Er spielte 14-mal im Nationalteam. Die Trainer-Karriere
begann 2007 als „Co“ der Red Bull Juniors, 2008 wurde er dort Chefcoach. Von 2009 bis 2012 coachte er Altach; danach übernahm er den SV Grödig, den er 2013 in die Bundesliga führte. 2014 wurde er Trainer von Red Bull Salzburg (Double 2015). Seit September coacht er YB Bern.

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