Giorgio Chiellini: Das Raubein mit Köpfchen

Der harte Verteidiger und angehende Doktor verkörpert den Erfolg der Italiener wie kein Zweiter.

Wenn im italienischen Fußball von Stars die Rede ist, dann fällt sein Name meist als letzter. Giorgio Chiellini hat nicht das Charisma eines Buffon, nicht die Emotion eines Gattuso, und schon gar nicht die Eleganz eines Pirlo. Er ist keiner, den die Tifosi anhimmeln, oder die Medien hochleben lassen, aber nach dem italienischen 2:0-Erfolg im EM-Achtelfinale gegen Spanien wurde der 31-Jährige in den Zeitungen mit Komplimenten nur so überhäuft.

"Giorgione for president" schrieb etwa die Gazzetta dello Sport und huldigte dem knochenharten Innenverteidiger nach dessen Führungstreffer gegen Spanien. La Stampa erhob Chiellini überhaupt in den Rang eines "Gladiators." Und für den Corriere dello Sport war die Leistung schlicht "majestätisch."

Konsequent

Es sagt viel über diesen Giorgio Chiellini aus, dass er seine herausragende Leistung gegen Spanien selbst nicht an die große Glocke hängen wollte. Er habe einfach seinen Job erledigt. Auf seine ganz typische Art, schnörkellos, diszipliniert, konsequent und gnadenlos, eine Art, die möglicherweise bei manchen Fans nicht so gut ankommt, bei Antonio Conte rennt der unbarmherzige Chiellini damit aber offene Türen ein.

Denn der aktuelle Teamchef war einst selbst ein Rackerer und Wadlbeißer, der sich immer in den Dienst der Stars und der Mannschaft gestellt hat. Insofern verkörpert Verteidiger Giorgio Chiellini wohl mit am Besten die neue Squadra Azzurra, die sich bisher in Frankreich so überzeugend schlägt.

Überzeugend

Italien 2016 – das ist ein Team gebildet aus Altstars, Arbeitern und Aussortierten, das mit seinem forschen, laufintensiven Spiel nach Geheimfavorit Belgien nun auch Titelverteidiger Spanien auf dem falschen Fuß erwischt hatte. "Wir sind nicht nur Catenaccio und Konter. Wir können Fußball spielen. Und das haben wir gegen die Spanier gezeigt," erklärt Chiellini.

Erfolgreich

Und wenn Italien schon nicht nur Catenaccio und Konter ist, dann ist Giorgio Chiellini nicht nur Raubein und Bissopfer. Seit der WM 2014 wird der Name des 31-Jährigen mit Luis Suarez in Verbindung gebracht, nachdem ihn der Stürmer aus Uruguay gebissen hatte. Von einem knochenharten Typen wie ihn hätte man eigentlich Revanchegelüste erwartet, doch Chiellini plädierte damals sogar dafür, die Sperre des Beißers zu reduzieren.

Auch das passt zum 82-fachen Teamspieler, der so gerne unterschätzt wird. Dabei ist er einer der klügsten Köpfe der Szene, nicht nur auf dem Rasen. Schon 2010 hatte Chiellini an der Universität in Turin sein Wirtschaftsstudium beendet. Mit Auszeichnung und 109 von 110 möglichen Punkten. Der Titel seiner Arbeit: Die Bilanzen von Fußballklubs am Beispiel von Juventus Turin.

Nach der EM möchte Giorgio Chiellini die letzten beiden Prüfungen ablegen, dann wäre er offiziell Doktor der Wirtschaftswissenschaften.

Gut möglich, dass er zuvor noch einen anderen Titel verliehen bekommt.

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