Italien, wie Sie es noch nicht kennen

Unermüdlich rattert die Nähmaschine in einem Souvenirshop in Assisi. Der Mann dahinter ruft mir zu: "Wie heißen Sie?" Trrrrrrrrrr – und schon rattert die Nähmaschine wieder, in Windeseile überreicht er mir meinen Vornamen in Himmelblau auf weißes Papier gestickt. Mein persönliches Assisi-Souvenir. Danke, Signore.

Ein Souvenir aus Assisi bringt wohl jeder Pilger mit. Assisi ist der einzige Ort im stillen, grünen, industriefreien Umbrien, der von Touristen gestürmt wird. Viele Toskana-Urlauber machen einen Tagesausflug zur doppelstöckigen Basilika San Francesco, einem Mekka der Freskenkunst, bestaunen die spätromanische Unterkirche, in der 1230 der Leichnam des hl. Franziskus beigesetzt wurde, ergötzen sich an den Bilderzyklen der großen Malerschulen Italiens in der Oberkirche. Sie zeigen u. a. 28 Szenen des Franziskuslebens der Giotto-Schule.

Rolltreppen

Zur Assisi-Basilika gehen wir zu Fuß, andere Orte in Umbrien liegen so hoch, dass wir sie mechanisch erklimmen. Autos haben etwa in die mittelalterliche Altstadt von Perugia, die von den Etruskern auf einem 493 Meter hohen Hügel errichtet wurde, nur beschränkt Zufahrt. Auf Rolltreppen landen wir im dunklen Erdgeschoß der Burg.

Perugia hat architektonische Perlen und auch für Naschkatzen was zu bieten – die mit Nougat und Haselnüssen gefüllten Baci Perugina (Küsse von Perugia) sind beliebtes Mitbringsel. Schokofest im Oktober und Jazzfestival im Juli sind Top-Events. Dazu passend wird im Hotel Gio zum exzellenten Frühstück ganzjährig "Take Five" von Dave Brubeck serviert.

Hoch über dem Tibertal thront der verschlafene Ort Todi. Ein Aufzug bringt uns ins Zentrum, wir flanieren zur Piazza del Popolo, um die sich mittelalterliche Baudenkmäler reihen. Genießen fantastische Panoramablicke von der Piazza Garibaldi. In der Kleinstadt scheint die Zeit stillzustehen.

Orvieto erobern wir wieder zu Fuß. Die autofreie Altstadt liegt auf einem Tuffsteinplateau, das von Kellern, Gängen und Zisternen durchsiebt ist. Führungen durch das unterirdische Labyrinth sind nicht ganz einfach zu meistern. Die oberirdische Tour führt durch Fußgängerzonen zum mächtigen Dom.

Das gotische Meisterwerk zeigt an der südlichen Außenseite eine markante, waagerechte Schwarz-Weiß-Schichtung. Wir stärken uns bei trockenem Orvieto Classico, 1480 Winzer bearbeiten 2853 Hektar Rebfläche.

Über den Gebirgszug Apennin, der Italien 1500 km in Nordwest-Südost-Richtung durchzieht, rollen wir der Region Marken entgegen. Der Landstrich zwischen Adria und Apennin präsentiert sich sanfthügelig, weit und offen, mit Wiesen und Wäldern, Feldern und Stränden.

In Städten wie Fano und Pesaro, die direkt am Meer liegen, liegt nach umbrischer Schwermut endlich italienische Leichtigkeit in der Luft. Mit Gelati und Aperol Sprizz.

In Pesaro dreht sich alles um Gioachino Rossini, vom Theater- bis zum Hotelnamen. Das Geburtshaus des berühmten "Der Barbier von Sevilla"-Komponisten ist nun ein Museum. Seit 1980 finden Festspiele zu Ehren Rossinis statt.

Oper in der Sportstätte

Auch in der Provinzhauptstadt Macerata, die mit sehenswertem Palazzo-Museum und astronomischer Uhr auf dem Glockenturm überrascht, wird im Sommer ein Opernfestival veranstaltet. Schauplatz ist das Sferisterio, das im 19. Jahrhundert als Sportstätte für das Pallone-Ballspiel erbaut wurde. Es hat eine gute Akustik und Logenplätze in den Arkadengängen.

Der Besuch der Basilika vom Heiligen Haus im Wallfahrtsort Loreto, um das sich eine Legende rankt, gerät zum unerwarteten Highlight. Zwei Millionen Besucher kommen jährlich, um das marmorverkleidete Santa Casa, die Schatzkammer und die Caravaggio-Deckenmalerei aus dem 16. Jahrhundert, zu sehen.

Das Gesamtkunstwerk Urbino ist den Umweg wert. Die Universitätsstadt ist Weltkulturerbe, Geburtsstadt des Hochrenaissance-Künstlers Raffael (1483–1520).

Der gigantische Palazzo Ducale beherbergt die Nationalgalerie und neuerdings auch das Büro von Direttore Peter Aufreiter, der dem Wiener Belvedere den Rücken gekehrt hat und nun in der Heimatstadt seiner Frau die Leitung der neun Landesmuseen in den Marken übernommen hat. Auf ihn kommt viel Arbeit zu: Urbino kandidiert als Europäische Kulturhauptstadt 2019. Womit? Mit Recht!

Info

Anreise Ab Wien z. B. mit Austrian nach Florenz, Bologna oder Rom.www.austrian.com
Prima Reisen legt zu zwei September-Terminen die Austrian-Charterflüge Wien–Ancona–Wien auf.

Beste Reisezeit für Umbrien ist Frühling und Herbst. Regenschutz mitnehmen. Im heißen Sommer Abkühlung im Trasimenischen See.
Marken: Bis Anfang Juni und ab Mitte September kann es kühler sein, also ideal für Besichtigungen. Strandbäder und einige Hotels nur bis Mitte September offen.

Highlights Assisi, Urbino, San Marino.

Termine Umbria Jazz im Perugia, 8. bis 17. Juli 2016: Das Festival wurde 1973 gegründet, ist weit über die Grenzen bekannt, zieht Musiker und Fans aus aller Welt an. B.B.King, Eric Clapton, Phil Collins, Dizzie Gillespie, Al Jarreau, Miriam Makeba, Carlos Santana – sie alle traten hier schon auf. Highlight heuer ist Diana Krall.
http://www.umbriajazz.it/

Einkehrtipps Urbino, Antica Osteria da la Stella: Mund auf, Augen zu – jeder Bissen ein Genuss. Ein Muss. 3-Gänge-Menü mit Wein 35 €/P. www.anticaosteriadalastella.com
–Todi, Ristorante Le Palme im Hotel Fonte Cesia, www.fontecesia.it