Reise in die Extremadura: Schwein gehabt

Glückliches Leben im Eichenwald.
Warum die Schweine hier schwarze Pfoten haben, mangelnder Reichtum kein Nachteil sein muss und wo man dem Leben der alten Römer besonders nahe kommt.

Ein Leben ohne jeglichen körperlichen Genuss ist schwer auszuhalten. Das fanden auch die Nonnen im Convent von Zafra – und begannen zu backen. Üppige, süße Köstlichkeiten, in denen sie extrem viele Eidotter verarbeiteten. Das bereitete nicht nur beim Essen Vergnügen, sondern war auch wirtschaftlich sinnvoll: Die Klosterfrauen brauchten jede Menge Eiweiß, um damit die Krägen ihrer Nonnentracht zu stärken. Die Dotter blieben übrig. In den Süßigkeiten fanden sie einen sinnvollen Verwendungszweck. Die Rezepte werden bis heute verwendet und die Nonnen der Extremadura, vor allem in Zafra und Trujillo, verkaufen ihr Backwerk an Einheimische und Touristen.

Mürber Schinken von glücklichen Schweinen

Genuss ist überhaupt eine wichtige Sache in der spanischen Region Extremadura. Deshalb sind die berühmtesten Einwohner dieses Landesteils im Herzen Spaniens – Schweine. Und das hat wieder mit der Vegetation in diesem Landstrich zu tun, den riesigen Eichenwäldern. Die Schweine liefern den Jamón Ibérico, den hervorragenden luftgetrockneten und unvergleichlich mürben Schinken, der auf der Zunge zergeht. Und dabei geht es den Tieren saugut. Die Ferkel mit der dunklen Haut bleiben bis sie etwa 100 Kilo schwer sind bei der Muttersau, später dürfen sie sich auf Wiesen den Bauch mit Kräutern und Korn vollschlagen. Und sobald im Herbst die Eicheln reif sind, verputzt so ein mittlerweile erwachsenes Schwein an die 10 Kilo Eicheln pro Tag. Um genügend Nahrung zu finden, laufen die Tiere im Schweinsgalopp durch die Wälder und bilden dabei Muskelmasse. Daher rührt auch die frühere Bezeichnung des Schinkens „pata negra“: Er stammt von den Schweinen, die schwarze Pfoten haben, weil sie stets im Eichenwald unterwegs sind.

Reise in die Extremadura: Schwein gehabt
Eva Gogala

Ein Platz zum Durchatmen: Autos haben auf der arkadengesäumten Plaza Chica in Zafra keine Chance

Großen Reichtum konnte die Extremadura mit ihren kulinarischen Köstlichkeiten – im Guadiana-Tal wird auch hervorragender Wein gekeltert – freilich nicht erwerben. Sie zählt vielmehr zu den ärmsten Provinzen Spaniens. Das hat zweierlei Folgen, die gar nicht so schlecht sind: Die Region blieb von der Immobilienblase verschont und damit auch vor ihren üblen Begleiterscheinungen. Die Landschaft ist im Gegensatz zu anderen Gebieten nicht mit Fincas und endlosen, hässlichen Reihenhaussiedlungen in unübersichtlichen Urbanisationen zugepflastert. Und als die große Krise kam, traf sie die Extremadura weniger hart als die boomenden Regionen an den Küste. Der Schönheit tut das keinen Abbruch. Die früheren Herren der Extremadura haben im Lauf der Geschichte Spuren hinterlassen, die mehr als eindrucksvoll sind. Bestes Beispiel ist Mérida, die Hauptstadt der Region. Hier sind es vor allem Römer und Araber, deren Werk überall sichtbar ist. Schon bei der Annäherung zu Fuß überquert man die mächtige Puente Romana.

Reise in die Extremadura: Schwein gehabt
Eva Gogala

Sie überspannt den Guadiana-Fluss und ist mit 792 Metern die weltweit längste römische Brücke. Gleich daneben die Alcazaba, die von einer 550 Meter langen Mauer umgebene erste arabische Wehranlage auf der iberischen Halbinsel. Und natürlich das römische Theater und das Amphitheater, wo Menschen gegen Tiere kämpften, Gladiatoren sich Heldenstatus erwarben und das sensationslüsterne Publikum die Ränge bevölkerte, während in unterirdischen Käfigen die wilden Tiere auf ihren Einsatz warteten. Und auf dem Weg zum quirligen Mittelpunkt der Stadt, der Plaza España, marschiert man unter dem Arco Trajano durch, dem 15 Meter hohen, imposanten Trajansbogen, der die Straße überspannt. Hier spielen Kinder, promenieren alte Ehepaare, tratschen Männer- und Frauenrunden, ehe sie in einem der vielen Cafés zum Aperitif einkehren. Der Platz ist gesäumt von prächtigen Häusern. Renaissance-Fassaden finden sich neben maurischen Bogenfenstern, umrahmt von bunten Kacheln.

Maurische Handwekskunst

Was maurische Handwerker leisteten, lässt sich auch im 16.000-Einwohner-Städtchen Zafra erleben. Die ehemalige Trutzburg der Grafen von Feria beherbergt heute eines der prunkvollen staatlichen Hotels, den Parador von Zafra. Diese Paradores sind stets an besonders reizvollen Orten zu finden. Um im Innenhof ein Glas zu trinken, muss man aber nicht unbedingt gutbetuchter Hotelgast sein. Arkaden sind auch das große Thema der beiden schönsten Plätze des Ortes: Die Plaza Grande und die Plaza Chica. Während der große Platz einst Schauplatz für Feste und Stierkämpfe war, siedelten sich in den Häusern des kleinen Platzes Handwerker an.

Jede Fahrt durch die Extremadura wird ohnehin zur Zeitreise. Ein Jahrtausend in die Vergangenheit und wieder zurück, mit Zwischenstationen. Etwa in Trujillo, dessen Gassen zum Glück so schmal sind, dass der Autoverkehr wenig Chancen hat. Oben abermals die arabische Festung, die Oberstadt mit ihren romanisch-gotischen Häusern und die Renaissance-Paläste rund um die Plaza Mayor. Auch der große Sohn der Stadt, Eroberer Francisco Pizzaro, wird auf der Plaza gewürdigt. Mit einem überlebensgroßen Reiterdenkmal. Bloß wurde er von einem US-Bildhauer ironisiert – der Conquistador und Entdecker Perus trägt eine Narrenkappe ...

Modernes Leben

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Eva Gogala

Dass es sich im Mittelalter auch recht modern leben lässt, zeigt sich in der Universitätsstadt Cáceres. Alte Gemäuer, junge Menschen, ein Lokal neben dem anderen. Ein Palast reiht sich an den anderen und wer sich mit dem Auto in die engen, verwinkelten Gässchen traut, weil sich das Gepäck halt nur schwer über das rumpelige Katzenkopfpflaster schleppen lässt, zweifelt, ob er jemals wieder einen Ausweg aus dem Gassengewirr findet. Doch irgendwann ist man draußen und kann sich noch einmal auf die Suche machen. Nach dem vermutlich schrägsten Museum Spaniens. Wer das Museo Vostell in Malpartida de Cáceres nach ein paar Runden über staubige Feldwege einmal gefunden hat, wird von einer Skulptur empfangen, in der Autos mit Raketenflügeln zu einer riesigen Installation aufgetürmt wurden. Und im Inneren einer ehemaligen Wollwäscherei symbolisiert ein schwarzer Cadillac, aus dessen Türen sechs Schrubber über Porzellanteller fegen, das Auto als neue Plage der Menschheit. „Autofieber“ nannte der deutsche Experimentalkünstler Wolf Vostell das Ding. Das Museum mit Werken von Yoko Ono und anderen Vertretern der Fluxus-Bewegung verwirklichte er nach einer Idee Salvador Dalis.

Reise in die Extremadura: Schwein gehabt
http://museovostell.gobex.es/

Zum Glück hat das Auto aber nicht alles erobert. Rund ums Museum nisten auf hohen Stangen Störche, weiden Pferde und im Monfragüe-Nationalpark nisten in Felswänden hunderte Paare der vom Aussterben bedrohten Gänsegeier und andere seltene Vogelarten. Dazwischen natürlich die Eichenwälder. Womit wir wieder bei den glücklichen Schweinen mit den schwarzen Pfoten wären.

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Durchatmen: Die kühlen Patios bieten Erholung.
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Gotik: Das Mittelalter ist überall präsent.
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Junge Bewohner, alte Gebäude: Plaza Mayor in der Universitätsstadt Caceres.
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Bildschön: Optikergeschäft in Zafra.
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Römisches Relikt: der Trajansbogen in Merida.
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Maurischer Einfluss: Bunte Fliesen über den Fensterbögen.
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Zentraler Treffpunkt: Die Plaza Espana in Merida.
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Schräges Museum Vostell: Skulptur aus Autos und Raketenflügeln.
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Kommunikation auf der Plaza.
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Wie im alten Rom: Die Spuren sind überall in Merida.
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Hier leben die glücklichen Schweine: Weitläufige Eichenwälder.
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Bis zu zehn Kilo Eicheln verdrückt ein Schwein pro Tag. Dafür muss es weit laufen.

Wohnen

Cáceres
Parador de Cáceres

Reise in die Extremadura: Schwein gehabt
Eva Gogala

Einer der schönsten Paradores, mitten in der Altstadt. Das Haus gotischen Ursprungs wurde aus mehreren Palästen zusammengefügt. Fein speisen im Innenhof-Garten (Bild) . DZ ab 150 €.
www.paradores.es


Mérida
Hotel Adealba
Altes Herrenhaus in der City, cool und modern gestylt. DZ ab 68 €.
www.hoteladealba.com
Zafra
Conde de la Corte
Englisch-viktorianisches Stadthaus, das sich einst ein Stierzüchter bauen ließ. DZ ab 80 €. www.condedelacorte.com

Ausprobieren

Das Beste vom Schwein
Montánchez

Reise in die Extremadura: Schwein gehabt
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Die edelste Variante des spanischen Schinkens, jamón ibérico de bellota, gibt es in vielen Spezialgeschäften. Entweder den ganzen Schinken (ab 300 €, hält gut ein Jahr) oder aufgeschnitten, 100g ab 7 €. Beispielsweise hier:

www.jamonescasabautista.com

Süßigkeiten
Dulces Santa Clara
Ein winziger Verkaufsraum im Konvent Santa Clara in Zafra. Durch ein kleines Fensterchen reicht man das Geld, die Nonnen geben die von ihnen produzierten köstlichen Süßigkeiten durch und bleiben dabei selbst verborgen. Täglich ab 9.15 Uhr.

Nicht verpassen

Malpartida de Cáceres
Museo Vostell
In einer ehemaligen Wollwäscherei schuf der deutsche Maler, Bildhauer und Happeningkünstler Wolf Vostell das Fluxus-Museum mit Werken von Yoko Ono bis Daniel Spoerri.
museovostell.gobex.es

Trujillo
Parque Nacional de Monfragüe
Das Paradies für Birdwatcher: Gänsegeier, Kaiseradler, Schwarzstörche und mehr als 300 weitere Vogelarten.
www.parquedemonfrague.com
Mérida
Alcazaba und Teatro Romano
Die erste arabische Wehranlage und das imposante römische Theater. Kombiticket 12 €.

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