Vorarlberg verbietet Beschneidungen

Vorarlberg verbietet Beschneidungen
An den Spitälern im Ländle dürfen vorerst keine Beschneidungen aus religiösen Gründen mehr durchgeführt werden. Auch Graz zieht nach.

Die Debatte um religiöse Beschneidungen an Buben sorgt auch in Vorarlberg für Verunsicherung. FPÖ-Obmann Dieter Egger fordert nach dem Kölner Urteil, an den Vorarlberger Landesspitälern solche Eingriffe an Kindern zu untersagen. Unterstützung erhält er dabei von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP): Er rät den Ärzten ebenfalls, von Beschneidungen aus religiösen Gründen abzusehen, bis die rechtliche Lage eindeutig geklärt sei. Kritik kommt von der Landes-SPÖ.

Vorarlbergs FPÖ-Klubobmann Egger verlangt einen Stopp von Beschneidungen an Kindern, da es sich um einen "massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte" und einen unnötigen medizinischen Eingriff handle. Als Erwachsene könnten diese selbst entscheiden, ob sie eine Beschneidung wollten. Vertreter des Justizministeriums hatten kürzlich eingeräumt, dass es keine klare Regelung diesbezüglich in Österreich gebe, dass aber "von einer Straflosigkeit ausgegangen wird". An den Spitälern im Ländle wurden bisher allerdings kaum solche Operationen durchgeführt, berichtet der ORF Vorarlberg.

FPÖ fordert "klare Aussagen"

Vorarlberg verbietet Beschneidungen
"Ich lasse mir ungern von einem Minister ins Handwerk pfuschen, der nicht weiß, wie er die nächsten Wochen überleben soll." Und mit der Feuerwehr kennt er sich auch nicht aus, tadelt Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP).

Laut Wallner handelt es sich um ein "wegweisendes Urteil" aus Deutschland. Aus heutiger Sicht sei der Ärzteschaft durchaus anzuraten, auf Beschneidungen aus religiösen Gründen zu verzichten, solange die Rechtslage nicht eindeutig geklärt sei, so der Landeshauptmann. In Österreich gebe es bisher keine Regelung, es gebe aber Beratungen im Justiz- und im Gesundheitsministerium, eine solche zu schaffen. Egger war das zu wenig: "Er soll als Arbeitgeber klare Aussagen treffen, um Sicherheit für die Ärzte zu schaffen", so der FPÖ-Chef in Richtung Wallner.

SPÖ: "Kein Änderungsbedarf"

SPÖ-Gesundheitssprecherin Sprickler-Falschlunger fordert Wallner dagegen auf, "seine Aktion rückgängig zu machen". Die Rechtslage in Österreich dazu sei laut Justizministerium klar. "Es gibt deshalb auch keinen Änderungsbedarf", hielt sie fest. Sie glaube, Wallner hätte größere Hemmungen gehabt, gäbe es in Vorarlberg eine größere jüdische Gemeinde. Die bis dato gehandhabte Praxis habe gut funktioniert, ein Verbot bedeute eine schlechtere medizinische Behandlung für die betroffenen Kinder. Das Kölner Urteil habe keinen Einfluss auf den Rest Deutschlands. "Warum nun ein derartiger Aufschrei stattfindet, ist mir schleierhaft. Denn CDU, FDP und SPD haben sich bereits klar dafür ausgesprochen, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig sein müsse", so Sprickler-Falschlunger.

Der Leiter des Jüdischen Museums in Hohenems, Hanno Loewy, wünscht sich mehr Gelassenheit in die Debatte. Es sei ein archaisches, aber harmloses Ritual, das ein Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Gruppe sei, wird er vom ORF zitiert.

LKH Graz vergibt vorerst keine neuen Termine

Auch in Graz hat die dortige Kinderchirurgie Beschneidungen von Buben aus religiösen Gründen bis auf weiteres eingestellt. Wie die Kleine Zeitung Digital berichtet, sollen bereits fixierte Termine eingehalten, aber vorerst keine neuen Beschneidungen vereinbart werden. Das LKH Graz will sich erst am Mittwoch zu dem Bericht äußern. Vergangenen Donnerstag hatte die Züricher Kinderklinik einen ähnlichen Schritt gesetzt.

"Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie prüft die rechtliche und die ethische Lage und arbeitet an einer Stellungnahme zum Thema", wird der Kinderchirurg Amulya Saxena von der Grazer Kinderchirurgie zitiert. In den kommenden Wochen soll die Entscheidung für das weitere Vorgehen im Zusammenhang mit religiösen Beschneidungen fallen. Bis dahin wolle das LKH Graz keine neuen Beschneidungstermine mehr fixieren.

Hintergrund

Das Kölner Landgericht hatte in einem Urteil vom Mai die Auffassung vertreten, die Beschneidung von Buben aus religiösen Gründen sei als Körperverletzung strafbar. Das für andere Gerichte nicht bindende Urteil stößt vor allem bei islamischen und jüdischen Verbänden im In- und Ausland auf scharfe Kritik.

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