USA: Das Kreuz mit der Waffenlobby

Die Debatte über Waffen kommt in der Politik nicht an. Die Präsidentschaftskandidaten trauen sich nicht, das Thema anzusprechen, weil sie Verluste fürchten. Die Lobby ist zu mächtig.
Warum auch das "Batman"-Massaker in Aurora nicht zu einer Verschärfung der amerikanischen Waffengesetze führen wird.
USA: Das Kreuz mit der Waffenlobby

Der Bastard wäre der einzige Tote im Saal gewesen, wenn nur einer der Zuschauer eine Waffe getragen hätte. Weg mit den Restriktionen", schrieb ein amerikanischer User unter einen Online-Artikel über den Amoklauf in Aurora. Und er ist damit nicht allein.

Das Ritual in den USA scheint immer dasselbe zu sein: Ob nach dem Massaker an der Columbine High School 1999, nur eine halbe Autostunde von Aurora entfernt, nach dem Anschlag auf die Abgeordnete Gabrielle Giffords mit sechs Toten in Tucson im vergangenen Jahr oder nach dem Mord an dem schwarzen Jugendlichen Trayvon Martin – reflexartig werden Rufe nach einer Verschärfung, aber auch nach einer Lockerung der Waffengesetze laut.

Ladehemmung

Und wie durch Ladehemmung kommt dieser Ruf nach einem Diskurs in der Politik nicht an. Politiker zeigen sich zwar schockiert, aber das Fazit bleibt, dass man seine Kinder heute Nacht fester umarmt. Kein Wort über Waffengesetze. "Wissen Sie, besänftigende Worte sind nett. Aber vielleicht ist es Zeit, dass die zwei Menschen, die Präsident werden wollen, aufstehen und uns sagen, wie sie dieses Problem angehen wollen", sagte New Yorks Bürgermeister Bloomberg.

Weder Romney noch Obama haben das Thema angesprochen – geschweige denn, sich auf eine Positionierung eingelassen. Obama war als Präsident auch die letzten Male nach Tragödien leise geblieben. In keiner Ansprache zur Lage der Nation hat er das Wort Waffenkontrolle in den Mund genommen. Die Regierung hat das Recht auf eine Waffe in Teilen sogar ausgeweitet. Ab 18 Jahren kann in den USA ein Gewehr kaufen, wer keine Vorstrafen hat.

Obama hat offenbar nicht vor, die Gesetzgebung zu ändern – etwa das Verbot von Sturmgewehren wieder einzuführen, das zwischen 1994 und 2004 galt. Das Verbot war aufgehoben worden, weil es laut Studien keinen Einfluss auf die Verbrechensrate hatte. Außerdem reagierten die Waffenhersteller dreist: Noch bevor es in Kraft war, hatten sie die Produktion der verbotenen Güter hochgefahren. Denn das Gesetz verbot nur neu hergestellte Teile. Ähnliches passierte, als Obama Präsident wurde und das Gerücht umging, dass er die Gesetze verschärfen wolle. Amerikas Haushalte rüsteten auf.

Frustriert

Die Aktivisten für Waffenverbote sind frustriert. Schon 2008 wirkten Obamas Statements zu dem Thema wie eine Anbiederung an die Waffenlobby, vor allem in bestimmten Bundesstaaten.

Denn im Wahljahr die mächtige US-Waffenlobby gegen sich aufzubringen, wäre ein Schuss ins Knie. Die National Rifle Association mit ihren vier Millionen Mitgliedern weiß, wie sie die Politik unter Druck setzt. Sie unterstützt gezielt Wahlkampagnen von Abgeordneten und kann sich so auf ein Netzwerk in Washington verlassen. Das hat sie mehrmals bewiesen. Und als alles schlagendes Argument gilt, dass ein Waffenverbot die geliebte amerikanische Freiheit einschränkt.

"Es ist schlicht Kalkül, dieses Thema nicht anzufassen", sagt Dan Gross von der Brady Campaign gegen Waffengewalt, die sich für schärfere Gesetze einsetzt. Also bleibt Obama beim Thema Waffen zahnlos wie im letzten Wahlkampf: In Pennsylvania hatte er 2008 den Waffenbesitzern versichert: "Ich werde euch eure Waffen nicht wegnehmen!"

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