Urteil: Hahns Doktorarbeit kein Plagiat

Urteil: Hahns Doktorarbeit kein Plagiat
Johannes Hahn darf seinen Doktor-Titel behalten. Heute würde seine Arbeit jedoch nicht mehr anerkannt werden.

Mit Sicherheit sagen lässt sich nur eines: Heute würde EU-Kommissar Johannes Hahn für seine 1987 verfasste Abhandlung über "Die Perspektiven der Philosophie heute" keinen Doktorhut mehr bekommen. "Mittlerweile würde ein solche Dissertation nicht mehr angenommen werden", sagt Heinz Engl, Rektor der Universität Wien. "Damals waren die Standards offenbar lockerer als jetzt."

Hahn darf jedenfalls seinen Doktortitel behalten; das Verfahren gegen ihn ist eingestellt. Die Agentur für wissenschaftliche Integrität kommt - basierend auf drei externen Gutachten ausländischer Professoren - zu dem Schluss es handle sich "nicht um ein Plagiat. Entsprechend liegt auch kein wissenschaftliches Fehlverhalten vor."

Es ist sozusagen ein Freispruch im Zweifel. Denn die Kommission der Agentur hält auch fest: "In weiten Teilen der Dissertation entspricht das Zitieren von Texten anderer Autoren bei Zugrundelegung heutiger allgemein anerkannter Standards nicht den Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis." Es sei heute jedoch "nicht mehr zu verifizieren, ob die Arbeit zum Zeitpunkt der Approbation den damals an der Universität Wien geltenden Standards entsprochen hat."

Man könne also nicht zweifelsfrei sagen, ob Hahn auch nach den Maßstäben von 1987 ein schwarzes Schaf sei - oder ob das wissenschaftliche Niveau damals generell (oder zumindest am Wiener Philosophie-Institut bzw. bei Hahns Betreuer, dem heutigen Alt-Dekan Peter Kampits) niedriger gewesen sei.

Ob Hahns Arbeit gut oder schlecht geschrieben ist, wurde übrigens nicht geprüft; es ging, wie Rektor Engl sagt, lediglich darum, herauszufinden, "ob er sich seinen akademischen Titel durch Täuschung erschlichen hat oder nicht".

Vorgeschichte

Die Plagiats-Vorwürfe gegen Hahn tauchten erstmals 2007 auf, als Plagiatsjäger Stefan Weber dem damaligen Wissenschaftsminister vorwarf, er habe Teile seiner Arbeit "abgeschrieben". Ein Gutachten der Uni Zürich entlastete damals Hahn.

In einem vom Grün-Abgeordneten Peter Pilz im Zuge der Guttenberg-Affäre in Auftrag gegebenen Gutachten behauptete Weber im Mai sogar, Hahn habe ein Fünftel seiner Doktorarbeit abgeschrieben. Die Uni Wien veranlasste daraufhin die neuerliche Prüfung; Webers Gutachten wurde nun auch von der Kommission berücksichtigt.

Pilz meint nun, die Uni Wien habe "dem Herrn Doktor Hahn einen Persilschein ausgestellt". Hahn zeigte sich "zufrieden". Er sei überzeugt, "mit der eindeutigen
Feststellung, dass es sich um kein Plagiat handelt, ist dieses Kapitel nun endgültig abgeschlossen".

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